Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
Vom Netzwerk:
Waschen,
    anziehen, essen, zur Arbeit gehen.
    Der Geruch von heißer Milch und Urin mischte sich mit dem süßen Duft der Palmenhaine und dem fauligen Gestank des Flusses. Ein paar Frauen wuschen im Wasser ihre Wäsche. Eine Gruppe von mehreren Knaben sammelte im Gras lose Strohhalme. Ochsen und Wildesel, Ziegen und Schafe, etwa alle zehn Schritte erhob sich ein winziger Wirtschaftshof.
    Und überall häufte sich der Müll. Neben den Zelten, dahinter. Blut befleckte den Boden, menschliche und tierische Hinterlassenschaften verwandelten das Gelände in ein Minenfeld. Chloe sah Rattenschwänze zucken und eilig krabbelnde Insekten, die in dieser chronologisch konfusen Welt ums Überleben kämpften.
    Cheftus Miene war vor Ekel beinahe zu einem Feixen verzerrt, so musste er gegen die immer heftiger werdenden Gerüche ankämpfen. Chloe gab auf und bedeckte ihren Mund mit einem Tuch. Den Ring der Zelte hatten sie inzwischen durchquert, hier lagerten die Menschen unter freiem Himmel - ohne jeden Schutz.
    »Sie schlafen in der prallen Sonne?«, fragte sie Cheftu.
    »Offensichtlich gibt es hier keinen Anführer«, antwortete er angewidert. »Dieser Ort ist verpestet.«
    Erst nach langem Wandern kamen sie am Fuß des Baus an. Und erkannten, dass sie sich irrten. Eine Gruppe von Männern teilte die unzähligen Arbeiter in Abteilungen auf, von denen jede eine andere Aufgabe zugewiesen bekam: Ziegel zur Baustelle bringen; sie auf der parallel zu dem Bauwerk verlaufenden Staubstraße nach oben bringen; die eben gemauerten Ziegel mit Asphalt verstreichen; Asphalt herbeischleppen. Und Dutzende anderer Aufgaben dazwischen.
    Der Vorarbeiter erspähte Cheftu und teilte ihn augenblicklich der Ziegelgruppe zu. »Wir sind gerade erst angekommen«, wehrte sich Cheftu. »Wer ist hier verantwortlich?«
    »Für die Esagila?« »So heißt das Ding?«
    »Natürlich. Wenn die nächste Überschwemmung kommt, werden wir uns auf dem Bauwerk verstecken können, und die Götter können uns nicht auslöschen. So hoch können die Wasser unmöglich steigen. Könnt ihr jetzt arbeiten?«
    »Erst wollen wir uns, äh, niederlassen, und mit jemandem darüber reden, was hier gemacht wird.«
    »Wir bauen einen Berg, auf den wir klettern können, das wird hier gemacht. Wollt ihr lieber Tagesmenschen oder Nachtmenschen sein?«
    »Wie meinst du das?«, mischte sich Chloe ins Gespräch.
    Er seufzte und brüllte dann einer Gruppe von zerlumpten, Asphalt schleppenden Männer und Knaben Befehle zu. »Weißt du, wie man am Ofen arbeitet?«, fragte er Chloe.
    »Äh, ja.«
    »Gut, endlich noch jemanden für die Öfen«, sagte er und setzte eine grobe Markierung auf seine Lehmtafel. Schriftzeichen waren keine darauf zu erkennen, nur die einfachsten ZahlZeichen.
    »Wie meinst du das?«, wiederholte Chloe.
    »Ihr kommt aus dem Süden?«
    Beide nickten.
    »Dann geht einfach weiter, rund um die Esagila herum. Dann erreicht ihr die anderen Lager.«
    »Es gibt noch mehr davon?«, fragte Chloe.
    Der Mann vertiefte sich wieder in seine Arbeit. Chloe und Cheftu wanderten davon.
    »Vergiss nicht, dich an den Öfen zu melden!«, brüllte der Vorarbeiter ihnen nach.
    Sie umrundeten die Westseite des Bauwerks und stießen auf die Ziegelmacher. In einem mit Hacken ausgehobenen Teil des Flussbettes befand sich jetzt eine Lehmgrube. Scheinbar über Kilometer hinweg, so weit das Auge reichte, war alles mit zum Trocknen ausgelegten Lehmziegeln bedeckt. Selbst im Dun-keln stampften Frauen und Männer Stroh in den Schlamm, während andere die Masse in Formen schaufelten und diese Formen dann zum Trocknen wegbrachten.
    »Bald werden die Regenfälle einsetzen«, sagte Cheftu. »Sie müssen sich ranhalten.«
    »Mir ist im Nahen Osten noch keine Kultur begegnet, die nachtaktiv war«, sagte Chloe. »Die Beduinen ziehen bei Nacht weiter, aber nur manchmal und . o Gott, so viele Menschen.« Sie mussten ihre Schritte mit Bedacht setzen, um nicht auf Ratten, Kot, Müll oder Schlafende zu treten. Hier war der Widerschein der Kupferplatten schwächer, aber immer noch hell genug.
    Sie gingen weiter.
    In einer Sekunde standen sie in einem künstlichen Zwielicht, in der nächsten in vollkommener Dunkelheit.
    Die Esagila überschattete die Schlafseite, und wäre der leuchtende Schein im Himmel nicht gewesen, hätte man nie vermutet, dass auf der anderen Seite ein solches Treiben herrschte. Zelte, ein weiteres Meer. Ein paar flackernde Feuer, leises Wiehern und Schnauben, doch alles in allem eine schlafende

Weitere Kostenlose Bücher