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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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mal.«
    Gern beugte sich über ihre Schulter. »Möglich«, bestätigte er. »Was zeichnet die Meerbarbe denn aus?«
    »Eine Reisende. Weise. Hasst Förmlichkeiten. Passt sich gut an.«
    »Dann tut sie mir Leid, wenn sie Ensi wird. Nichts als Konferenzen und Sex.«
    Rudi sah ihren Partner tadelnd an. »Es handelt sich nicht um Sex, sondern um eine Form von Verständigung und um die Anbetung Inanas.«
    Gern zuckte mit den Achseln. Er prahlte damit, dass er es noch nie nötig gehabt habe, um die Gunst einer Priesterin zu flehen.
    »Oder«, fuhr Rudi mit halb abgewandtem Kopf fort, »bei der Schlange des Baumes, es ist gar kein Mensch aus dem Zeichen der Meerbarbe. Es ist ... genau das, was Puabi ist.«
    »Phantastisch anzusehen, aber eine Dämonin im Bett?«
    Rudi konnte ihre Schwester nicht besonders leiden, aber sie würde keinesfalls zulassen, dass jemand sich über sie lustig machte. »Nein, sondern ein Mensch, der im Mond der Waage geboren ist. Der Luxus, Frieden und Ruhe liebt und keinen Blick für das Böse hat.«
    »Wie geschaffen für diese Aufgabe«, befand Gem.
    Rudi war klar, dass sie ihre Hypothese noch einmal am Nachthimmel überprüfen musste, aber: »Es sieht so aus, als sei es ein Mensch, der an genau dem gleichen Tag geboren ist wie Puabi! Am dritten Tag des Waagemondes!« Sie sah Gern an. »Wie wahrscheinlich ist es, dass noch ein Mensch gefunden wird, der am dritten Tag des Waagemondes geboren wurde und Ensi sein kann?«
    Gern beugte sich über eine Lehmscherbe.
    Bis er das ausgerechnet hatte, hoffte Rudi, würde er eine Weile den Mund halten.
    Ezzis Umhang war ihm zu groß geworden. Seit Neujahr hatte er all sein Essen verschenkt, in der Hoffnung, sämtliche Götter, Göttinnen, Halbgötter, Dämonen und persönlichen Götter friedlich zu stimmen. Ulu mokierte sich über ihn, weil er ständig Weihrauchopfer brachte und regelmäßig vor dem Tempel ausharrte, um sich mit dem Blut der zweimal täglich dargebrachten Opfer besprühen zu lassen.
    Sie verstand ihn einfach nicht. Rudi hatte ihn mit einem Fluch belegt.
    Ezzi wusste nur nicht, mit welchem Fluch.
    Hatte sie eventuell seinen Leib verwünscht? Er nahm praktisch nichts mehr zu sich, solche Angst hatte er, sich etwas Böses einzuverleiben, und trank nur noch Bier, wenn er dazu genötigt wurde oder wenn sein Bauch sich unter Hungerkrämpfen zusammenzog. Jeden noch so kleinen Fleck auf seiner Haut unterzog er über Doppelstunden hinweg einer genauen Inspektion, um festzustellen, ob er in den Stunden, seit er ihn das letzte Mal betrachtet hatte, größer geworden war oder die Form verändert hatte.
    War es womöglich seine Manneskraft? Täglich untersuchte
    Ezzi sie auf Flecken oder Fäulnis hin, doch sie kam ihm so gewöhnlich vor wie eh und je. Er begriff zwar nicht, warum andere Männer so besessen von ihrem Fleischstöckchen waren, aber seines schien sich nicht verändert zu haben.
    Hatte sie vielleicht seinen Geist verflucht? Jeden Tag ließ er sich beim Aufwachen noch einmal alle Gespräche vom Vortag durch den Kopf gehen. Wenn er durch die Straßen eilte, rezitierte er die Listen aus dem Haus der Tafel, Gebete aus dem Tempel und Formeln für die Felder. Vor dem Waschen rief er sich die Herden des Himmels, die Namen der Götter und die Tage jedes Mondes ins Gedächtnis. Und bevor er sich schlafen legte, wiederholte er im Geist jedes Wort, das er an diesem Tag gehört hatte.

Ganz offensichtlich hatte sie seine berufliche Zukunft mit einem Fluch belegt. Ezzi hatte immer noch keine Anstellung. Jeden Abend im Zwielicht wanderte er zum Haus der Sterndeuter, um sein Wissen und seine Weisheit anzubieten, doch niemand hatte ihm bislang Lohn für seine Arbeit geboten. Er entwarf Karten und zeichnete Quadranten, doch niemand wollte sich die Zukunft weissagen lassen.
    Ja, schloss Ezzi, Rudi Sterndeuterin hatte seine berufliche Zukunft mit einem Fluch belegt. Er musste auf andere Weise Geld verdienen, damit er wenigstens in seiner Freizeit die Sterne deuten konnte. Wenn er ungebunden war, würde man seinen Worten eher Glauben schenken. Seine Mutter, diese in Geld schwimmende Hündin, würde bestimmt nicht mit ihm teilen. Wie also konnte er neue finanzielle Quellen auftun?
    Er betete um eine Eingebung, während er sein Abendessen vor der Statue seines persönlichen Gottes verbrannte. Gib mir die Mittel! Gib mir eine Chance, eine Möglichkeit, und ich werde sie ergreifen! Ich werde einfach alles tun!
    So flehte Ezzi.
    Shama fächelte der beiwohnenden Ensi

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