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Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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fiel Rudi ihr ins Wort. »Hier, sieh dir das an.«
    Shama beugte sich vor, um ebenfalls zu sehen, was sie in der Hand hielt. Es sah aus wie ein großer, dunkler Erdklumpen.
    »Das ist Dreck.«
    »Das ist ein Stück von einem Stern«, korrigierte Kidu.
    »Es sieht nicht aus wie ein Stern«, sagte Puabi.
    »Nimm es in die Hand«, sagte Rudi.
    »Es ist schmutzig. Kidu, nimm du den Stern.«
    Er musterte das Gestein. »Es ist kein ganzer Stern, nur ein Stück davon.«
    Shama blickte kurz auf den En, griff dann erneut zu seinen Nadeln und machte sich daran, die nächste Falte festzustecken. Der Mann war zum Mann geworden; nicht mehr zu vergleichen mit dem bärenhaften Buben von vor wenigen Wochen. Und dem Barbaren, der er Jahre davor gewesen war.
    »Warum fallen kleine Sternenstücke vom Himmel?«, wollte Puabi wissen.
    »Das ist das Omen«, antwortete Rudi. »Aus irgendeinem Grund ist ein Stern gestorben und ein neuer Stern an seine Stelle getreten.«
    Alle schwiegen.
    »Dann ist es noch schlimmer, als Asa annimmt?«, fragte Pua-bi.
    Shama prüfte den Filz, um sich zu überzeugen, dass er feucht war, griff anschließend zur Zange und setzte den Ziegel wieder auf den Stoff.
    »Es waren mehrere verschiedene Zeichen, aber alle sagen dasselbe aus«, antwortete Rudi.
    Wütend blickte Puabi auf Kidu und Rudi. »Ich habe doch gar nichts getan.«
    Rudi antwortete ihr. »Das tut nichts zur Sache, Schwester. Du bist die Ensi. Die Götter fordern dein Opfer.«
    »Aber ich bin doch gar nicht schuld«, beharrte sie.
    »Das tut nicht das Geringste zur Sache«, wiederholte Rudi. »Du bist die Ensi. Du bist wir alle.«
    »Du hast mich schon immer gehasst.« Puabi kehrte ihrer Schwester die Seite zu.
    Shama nahm die Zange, hob den Ziegel vom Stoff, prüfte die Falte auf ihren makellosen Sitz und ging dazu über, die nächste festzustecken.
    »Sie will keine Vernunft annehmen«, sagte der En zu Rudi.
    »Wie kannst du es wagen!«, fuhr Puabi ihn an.
    Seufzend verbeugte er sich vor beiden und verschwand. Drängelnd und schubsend eilten ihm die Schreiber und Priester in seinem Tross hinterher.
    Shama setzte die Zange erneut ins Feuer. Rudi hatte Recht; Puabi trug die Verantwortung. Doch wie konnten diese Zeichen als günstig gedeutet werden?
    Und was war tatsächlich mit Kidu passiert?
    »Ich muss hingehen«, sagte Ningal. »Als Mitglied des Rates bin ich dazu verpflichtet.«
    Chloe massierte Balsam in ihre Schulter. Dank der Hühnerflügel-Haltung beim Schreiben brach ihr jeden Tag vierzehn Stunden lang beinahe der Arm ab. »Worum geht es heute Abend?«
    »Da segnen wir den Vorschlag der Ensi für den En ab.«
    Chloe schaute auf ihr kaum zu entzifferndes Gekrakel.
    »Möchtest du mitkommen?«
    »Ich muss noch Hausaufgaben machen.«
    »Ach ja, die Listen«, bestätigte Ningal, während er den Korbhut aufsetzte. »Womit hast du angefangen?«
    »Mit den Abwandlungen von Mensch.«
    »Eine ganz beträchtliche Liste. Hast du irgendwelche Fragen?«
    »Es werden vier verschiedene Mitglieder des Gemeinwesens aufgeführt: Sklaven, Freie, Mandanten und Edelleute. Kannst du mir die Unterschiede erklären?«
    »Als Mitglied des Rates bin ich ein Edelmann. Das bedeutet, dass ich über Grundbesitz verfüge, Steuern zahle und Sklaven besitze.«
    »Was ist ein Mandant?«
    »Er sitzt im zweiten Haus des Rates. Ein Mandant ist ein freier Mann, der dort abstimmen darf.« »Und was ist dann ein Freier?«
    »Der ist ebenfalls männlich und frei, verfügt aber über keinen Anteil am Gemeinwesen. Er darf nicht abstimmen und besitzt keinen Grund. Er übt ein Gewerbe aus oder treibt Handel, verfügt aber über keine Stimme.«
    »Was davon muss man sein, um ein Siegel zu bekommen?«
    »Jeder, der ein Gewerbe ausübt, besitzt ein Siegel. Nur Kriminelle und Sklaven haben keines oder höchstens eines, auf dem abzulesen ist, was sie angestellt haben oder wem sie gehören.«
    »Was ist mit den Sklaven? Die meisten scheinen derselben Rasse anzugehören wie die Schwarzhaarigen.«
    »Die Sklaverei.« Ningal lachte leise. »In Sklaverei kann man auf verschiedene Weise geraten. Meistens durch Schulden. Jeder Schuldner kann sich selbst oder ein Familienmitglied in die Sklaverei verkaufen. Der Schuldner kann auch durch ein anderes Familienmitglied ausgetauscht werden. Außerdem kann ein Sklave durchaus eigene Sklaven oder Grund besitzen, ein Geschäft führen, eine Familie haben, er gehört dabei nur jemand anderem.
    Daneben gibt es noch die Tempelsklaven, die aber überhaupt

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