Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
Vom Netzwerk:
keine richtigen Sklaven sind. Sie wurden vom En, dem Hohepriester der Fruchtbarkeit, gezeugt, und wenn die Frauen aus der einfachen Bevölkerung dann seine Kinder gebären, sind diese Kinder einem Leben im Tempel geweiht.«
    »Sie werden eigens für die Sklaverei gezeugt?«
    »Du brauchst deswegen nicht zu erschrecken. Im Tempel gibt es genauso viele berufliche Möglichkeiten wie außerhalb. Diese Menschen werden nur nicht von ihren Eltern erzogen, das ist der einzige Unterschied. Ach ja, und natürlich werden sie, falls sie nicht perfekt sind, von jemandem im Gemeinwesen adoptiert. Nur die allerschönsten Männer dürfen der Göttin dienen.«
    »Und was ist mit den allerschönsten Frauen?«
    Ningal legte den Kopf schief und zögerte kurz. »Inana ist eine eifersüchtige Göttin, darum hütet sie ihre Position, indem sie den Tempel mit . nicht sonderlich ansehnlichen Frauen bestückt. Makellos sind sie aber ebenfalls. Ohne Narben, ohne entstellende oder schwächende Zeichen, mit perfekten Sinnesorganen. Sie sind einfach nur ... nicht allzu lieblich anzusehen.«
    Chloe bog die Finger durch und machte sich zum Schreiben bereit. »Also wählt der Rat, in dem Mandanten und Edelmänner sitzen, auf seinen Versammlungen den Lugal und die En-
    si?«
    »So ist es, und die Ensi ernennt daraufhin den En.«
    »Die Freien und Sklaven müssen sich in die Entscheidung fügen.«
    »So ist es.«
    »Die Frauen auch.«
    Seine Miene blieb spröde. »Möchtest du dir jetzt vielleicht einen Sitz im Rat erkämpfen, nachdem du schon im Haus der Tafel zugelassen wurdest?«
    »Überall in der Stadt gibt es Frauen, die ein Gewerbe betreiben. Was für einen Status haben sie?«
    »In Ur sind sie Freie.«
    »Und wenn sie Land besitzen, Steuern zahlen, Sklaven haben?«
    »Dann sind sie immer noch Freie.«
    »Das ist ungerecht.«
    »In Wahrheit beeinflussen sie die abstimmenden Männer, so-dass ihr Wort durchaus Gewicht hat, wenn auch nicht offiziell.«
    »Wer die Kinder in Händen hält, hält auch die Welt in Händen?«
    Ningal sah sie fragend an. »Verzeihung?«
    »Nichts. Geh zu deiner Versammlung. Wenn ich mitkäme, würden sich alle nur aufregen. Vor allem mein Tafelvater, der von mir erwartet, dass ich bis morgen alle vierzig Menschen auf meiner Liste lesen und schreiben kann.«
    Sie sah ihm nach und empfand plötzlich ein beinahe hysterisches Verlangen, ihm zu folgen. Fast als wollten ihre Füße von selbst loslaufen. Kenne ich denn gar keine Hemmungen, wenn es darum geht, von meinen Hausaufgaben wegzukommen, dachte sie und kreuzte fest die Beine. Dann klopfte sie den Lehm glatt, krümmte die Finger um den Griffel und begann mit ihrer Liste. Entschlossen. »Mensch. Männlich. Mensch. Weiblich.«
    Ulu spülte sich den Mund aus, spuckte auf die Matte, wog den Stein gegen ihre entenförmigen Mina-Gewichte ab und streckte den Rücken durch.
    »Wenn du dich noch mal so streckst, Ulu, muss ich dir noch mehr bezahlen«, sagte ihr Kunde, wobei er die Schärpe löste, die er eben festgebunden hatte. »Und ich komme zu spät zur Ratssitzung.«
    Die Jugend hatte durchaus etwas für sich, doch sie hatte genug Währung für einen Tag eingenommen und freute sich auf die Rückkehr in ihre eigene Wohnung, in ihr eigenes Bett, wo sie die ganze Nacht durchschlafen würde. Trotzdem, dieser Kunde zahlte gut. Mit Kalkül rieb sie sich über den Mund. »Morgen, Liebster. Du hast mich vollkommen erschöpft.«
    Er lachte - er hatte begriffen und wusste zu schätzen, wie elegant sie sich aus der Affäre gezogen hatte. Natürlich entsprachen Eleganz und Anmut ganz seiner Art - wenn man einmal davon absah, dass er sich ihrer in stockfinsteren Räumen auf äußerst gewagte Weisen bemächtigte. »Dann sehe ich dich morgen wieder.«
    »Ich werde warten, mit deinem Bier.«
    »Die Gerichte tagen morgen länger«, sagte er. »Ich kann nicht vor der Doppelstunde um Mitternacht kommen.«
    Ulus Finger schwebten über ihrer Brust, während sie ihr Kleid feststeckte. »Wie du weißt, beruht auch mein Geschäft auf Angebot und Nachfrage.«
    Er ließ einen weiteren Achat auf den Tisch kullern. Sie legte ihn auf die Waage, wog ihn gegen die geschnitzte Ente ab und lächelte zu ihm auf. »Eine großzügige Abschlagszahlung. Dein Bier wird kühl sein.«
    »Solange du nur heiß bist.«
    Er verließ das Zimmer, sie hauchte ihm einen Kuss nach und ließ sich, sobald die Tür ins Schloss gefallen war, auf das Bett zurücksinken. Fast im selben Moment hörte sie ein Klopfen. »Heute

Weitere Kostenlose Bücher