Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Händlerin von Babylon

Die Händlerin von Babylon

Titel: Die Händlerin von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
Vom Netzwerk:
sinken und ihren Tränen freien Lauf. Weinte sie aus Erleichterung? Freude? Dankbarkeit?
    Wohl eher aus ohnmächtiger Wut. Langsam fielen ihre Lider zu.
    »Seht nur, was die Götter uns zum Zeitvertreib darbieten«, sagte eine Stimme. »Eine knusprige kleine Khamitin.«
    Schlagartig war Chloe hellwach. Eine Gruppe von Männern sah auf sie herab. Es war längst Nachmittag; die Sonne stand ihnen im Rücken und schien ihr ins Gesicht.
    »Ganz ruhig«, sagte einer von ihnen und stellte, als sie aufzustehen versuchte, seinen Fuß auf ihr Bein, wobei er gerade so viel Druck ausübte, dass sie am Boden bleiben musste. »Unse-retwegen brauchst du dich nicht zu beeilen.« Die Stimme. Es war der stämmige Bursche aus der Schule.
    »Bitte«, meldete sich ein anderer zu Wort. »Schlaf ruhig weiter, wir wollen dich nicht stören.«
    Die Bier- und Opiumdämpfe verschlugen ihr beinahe den Atem.
    Ich. Sitze. Bis. Zum. Hals. In. Der. Scheiße.
    Chloe zog ihr Bein mit einem Ruck unter dem fremden Fuß weg und schob sich am Stamm der Palme hoch. Die Burschen rückten näher heran. Aber sie war groß, und abgesehen von dem Rädelsführer und seinem Sekundanten handelte es sich durchwegs um junge Knaben. Die noch nicht mal einen anständigen Bart hatten. Blieb also nur der Anführer, dessen Bemerkungen allerdings vor sexuellen Andeutungen trieften. Der war ein Problem.
    »Sie ist größer als die meisten Khamitinnen«, sagte einer.
    »Halt den Mund. Du hast doch noch nie eine Khamitin gesehen. «
    Alle waren Schulkameraden von ihr und machten sich mit ihrem aufgesetzten Draufgängertum Mut. Neugierig und misstrauisch und selbstbewusst, weil sie in der Überzahl waren.
    »Khamitinnen arbeiten gewöhnlich nicht in den Marschen«, bemerkte einer und trat dabei auf sie zu.
    »Und sie gehen erst recht nicht zur Schule«, kommentierte ein Zweiter. »Statt zu tun, was ihnen zukommt, zu kochen und zu putzen.«
    Frauenhass oder Rassismus oder eine Mischung von beidem? War dies die Rache dafür, dass sie auf einer Prüfung bestanden hatte, bei der zur Hälfte weibliche Begriffe abgefragt wurden? Sie hatte als Einzige in der gesamten Schule bestanden. Das hatte ihren »Brüdern« nicht gefallen.
    »Wollt ihr Jungs irgendwas?«, fragte sie kühl. »Wissen eure Väter und die Älteren Brüder eigentlich, dass ihr wie Ungeziefer durch die Palmenwälder krabbelt?«
    Ein paar lachten, die Übrigen wurden wütend.
    Eine gegen sieben, kalkulierte sie. Nicht gerade das ideale Verhältnis.
    »Vielleicht möchten wir nur die unwissenden Mädchen aus den Marschen Respekt vor der Schule lehren«, meinte der Stämmige. »Und zufällig weiß ich genau, wie man das macht.«
    Sie fixierte ihn mit ihrem Blick. »Wenn auch nur einer deiner Finger mich berührt, breche ich ihn dir.« Er zögerte; die Übrigen lauschten aufmerksam. »Erst werde ich ihn aus dem Gelenk ziehen. Dann drehe ich ihn um, bis die Knochen sich nicht mehr ineinander fügen und einer dem anderen Platz machen muss. Eine äußerst schmerzhafte Prozedur. Und schließlich wirst du ein Schnappen und Krachen hören, als würde ein Stuhlbein brechen.«
    Die übrigen fünf wichen unter halblauten Entschuldigungen zurück und drängten die beiden Größten, es ihnen gleichzutun.
    »Oder«, fuhr sie fort, »ich könnte dir die Augen ausstechen.«
    Chloe piekte mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger in die Luft.
    »Sie will uns bloß Angst einjagen!«, meinte der Stämmige. »Sie kann überhaupt nichts tun. Schaut -«
    Der Schlag kam vollkommen unerwartet. Das war kein Kampf - es war eine Misshandlung, eine Machtdemonstration, das Vorspiel zu einer Vergewaltigung. Eine SchlampenKlatsche. Chloe konnte sich nur mit Mühe auf den Füßen halten. Ihre Wange brannte. In ihrem Kopf drehte sich alles.
    »Seht ihr?«, fragte er.
    Chloe trat ihn in die Brust. Der zweite Tritt landete in seinem Bauch. Beim dritten Tritt bekam er ihr Bein zu fassen und riss sie zu Boden.
    Schmerz.
    Durchdringend.
    Augenblicklich.
    Chloe konnte sich nicht mehr rühren. Ihr keuchender Atem war alles, was sie noch hörte. Sie spürte, wie etwas Warmes in ihr Haar sickerte. Die Jungen versammelten sich um sie, mit Stimmen wie Bienengesumm. Ich bin auf irgendwas gelandet, dachte sie. Es war ihr letzter bewusster Gedanke, dann wurde der Palmenhain von schwarzem Schweigen verschluckt.
    Nirg schwieg, als Nimrod sie fragte, wie ihr Tag gewesen sei. Er küsste sie und fragte dann, was es zum Essen gab.
    »Hast du Fisch mitgebracht?«,

Weitere Kostenlose Bücher