Die haessliche Herzogin
beugen, zu tun, wozu man geschickt war. Wieder und wieder schlug jene Eitle, Leere mit spielender Hand entzwei, was sie mit Nöten, Demütigungen, Preisgaben geschaffen, von deren Qual und böser Artung jene nie einen Hauch zu begreifen imstande war.
War das gerecht? War es gerecht, daß das Leere, Dumme, Schlechte, Gemeine, nur weil es die glatte Larve hatte, sich spreizte in der Welt, sie überdeckte, keinen Raum ließ für das Erfüllte, schmerzhaft Wissende?
Das konnte Gott nicht wollen. Das mußte ausgekämpft sein. In einem wohlig schmerzhaften Krampf spürte sie, wie sie selber mit der Schönen verkettet war, wie sie selber bestimmt war, es auszutragen. Es gab kein Hinausschieben, kein Verstecken und Maskieren, keine Scheu vor dem hohen Einsatz, keinen Kompromiß. Es mußte ausgetragen sein.
Der Frauenberger kam, ihre Antwort zu holen. Ihre Hand lag plump auf dem Dokument mit den Forderungen der Barone. Sie blickte auf, schaute den Frauenberger an, sagte ruhig, ohne die Stimme zu heben: »Lumpen! Erpresser!«
Der Frauenberger erwiderte gleichmütig, jovial: »Ja, Herzogin Maultasch, billig sind wir nicht .«
Dann unterschrieb sie.
Agnes, als sie allein war, saß in großer Schwäche erschöpft nieder. Was denn um Gottes willen hatte sie da gemacht? Sich selber freundlich lächelnd in die Hand der Feindin gegeben. Wo hatte sie denn ihren Kopf gehabt? Der Tod Meinhards war wohl eine Einbuße und ein Schlag für die Maultasch, aber er war doch ein noch schlimmerer Schlag für sie selber. Die Maultasch hatte mit der Beseitigung Meinhards und dem kühnen, unerwarteten Verzicht auf Bayern sich zur Siegerin gemacht. Sie begriff sich nicht, wie sie in dieser Situation der Feindin ins Haus laufen konnte, ihren Triumph zu krönen.
Ganz allein und verloren saß sie da. Das Zimmer war schlecht geheizt, sie fror. War das wirklich Frost?
Ein Gefühl kroch sie an, das sie all ihre Tage nicht gekannt hatte, zog sie zusammen, schnürte sie. Sie war immer keck und sicher gewesen, immer hatte sie die Lage in der Hand gehabt, hatte immer Männer hin und her geworfen nach ihrem Gutdünken. Jetzt war sie ganz hilflos, die Feindin konnte mit ihr anfangen, was sie wollte. Angst und Kälte überdeckten sie. Ihre tiefen, blauen Augen waren nicht mehr kühn, sondern stier und erloschen, ihr elastischer Rücken erschlaffte, ihre weißen Hände runzelten sich, ihr glattes Gesicht zerknitterte in kleine, steife, spröde Fältchen.
So blieb sie bis zum Abend. Dann brachte man Licht, schürte das Feuer neu, setzte Speisen auf den Tisch. Sie raffte sich zusammen, aß, wurde warm, belebte sich. Ach was! Das war ja das Ziel der andern, sie klein zu sehen, gedemütigt, winselnd, mutlos. Sicher nicht wird sie es wagen, ihr etwas Ernstliches anzutun.
Steht nicht das ganze Land für sie? Weil sie häßlich ist, will sie, daß sie sich feig erweise. Sie denkt nicht daran, ihr den Gefallen zu tun. Sie straffte sich, ihre Augen schauten lässig und kühn wie immer. Sie aß mit Appetit, verlangte zum zweitenmal, scherzte mit den Dienern. Schlief gut, tief, ruhig, lange.
Als andern Tages der Frauenberger kam, fand er sie vergnügt, Bonbons lutschend, ein frivoles Couplet auf der Laute klimpernd. Sie mokierte sich über die altmodische Einrichtung des Zimmers. Er feixte, freilich, so modern und komfortabel wie sie gebe die Maultasch es nicht. Er tätschelte sie. Er blinzelte, meinte väterlich, er habe es ihr doch rechtzeitig gesagt, sie solle sich nicht einlassen mit den Lausbuben, es werde schiefgehen. Sie fragte leichthin, ob er im Auftrag der Maultasch komme. Bange machen gelte nicht. Was man eigentlich vorhabe. Wie lange der Spaß noch dauern solle. Der Albino quäkte, man werde sie wohl vor ein Staatsgericht stellen. Sie erwiderte, man möge das recht bald tun, es sei so langweilig auf Schloß Tirol.
Auch möge man ihr die Zofe schicken und ihre Schneiderin, daß sie vor Gericht in einem entsprechenden Kostüm erscheinen könne. Er sagte, sie brauche nur zu befehlen. Allein, lutschte sie Bonbons, klimperte.
*
Die Herzogin ließ es sich angelegen sein, das hohe und heimliche Gericht, das Agnes aburteilen sollte, mit feierlichem Pomp auszustatten. Drei Gemächer ringsum waren von Gewaffneten bewacht, damit die Heimlichkeit des Gerichts gewahrt sei. Die neun Herren saßen schweigsam, dunkel, Margarete selber prunkte schwer in den Insignien der Herrschaft.
Agnes trug ein schlichtes, lachsrotes Kleid, das für einen Empfang, eine kleinere
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