Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
Vom Netzwerk:
unter die Vollmacht: Johann von Gottes Gnaden Graf von Tirol, Margareta, Dei gratia Carinthiae dux, Tyrolis et Goritiae comes et ecclesiarum Aquilensis Tridentinae et Brixensis advocata.
    Doch als der Abt von Viktring diesen Brief übergab, hatten seine Auftraggeber die meisten dieser Länder schon verloren. In Linz saß der Kaiser mit dem lahmen Habsburger, beriet die Ausführung jenes Vertrags, der das Land in den Bergen zwischen Habsburg und Wittelsbach teilte. Ungeschlacht, wuchtig saß der Bayer, wollte alles für sich haben, von keinem kleinsten Dorf die Finger lösen. Zäh und hartnäckig zerrte der lahme Herzog, wählte scharfe, bittere Worte, gab nichts preis. Sie saßen, schauten, die Gedanken nur bei ihren Karten und Registern, auf die hochgehende Donau, Regen rann, die beiden Männer lagen über dem fetten Besitz, rissen hin und her. Hart feilschend kamen sie endlich überein: Kärnten, Krain, Südtirol an den Österreicher, Nordtirol an den Bayern. Als sie so weit waren, kam der Abt von Viktring mit den Briefen und Empfehlungen der Kinder. Sehr höflich empfingen ihn die beiden Fürsten. Lasen aufmerksam die Briefe. Mit undurchdringlichem Spott erwiderte zunächst der Österreicher, wie sehr der Tod seines Oheims, des edeln und hocherlauchten Fürsten, Seniors ihres ganzen Geschlechts und Vaters ihrer aller, ihm ans Herz gehe. Wie tief er seine kleine Base und ihren jugendlichen Mann bedaure. Krain gehöre nun ihm. Kärnten habe ihm die Freigebigkeit des Kaisers verliehen, Truppen seien schon unterwegs, das Land für ihn zu besetzen. Wenn er sich aber sonstwie seiner kleinen Base gefällig und behilflich erweisen könne, wolle er es gerne tun. Ähnlich sprach der Kaiser selbst, den Abt mit seinen großen blauen Augen treuherzig und unverwandt anstarrend. Nur sprach er feierlicher, tönender, weil er eben der Kaiser war. Leider seien die Kinder mit ihren Bitten zu spät gekommen; er habe mit seinen lieben Oheimen von Österreich schon alles abgemacht. Im übrigen wolle er sich die Sache in Gnaden angelegen sein lassen.
    Die beiden Kinder auf Schloß Tirol, sowie sie sahen, wie schlecht ihre Angelegenheit stand, schickten Eilboten auf Eilboten nach Paris zu ihrem Vater und Vormund, dem König Johann. Aber der war im Turnier übel verwundet worden. Er lag zerschlagen und zerschunden, des Augenlichtes fast beraubt, in Verbänden und Umschlägen und konnte nach Tirol nur den matten Trost schicken, die Kinder sollten guten Mutes sein; sowie seine Kräfte es erlaubten, werde er selbst kommen und sie und ihre Länder schützen. Es war ein besonderer Unstern, daß er hilflos im Bett liegen mußte, während der Kaiser und Habsburg die reichen Länder, die er sich durch so langwierige und geschickte Diplomatie gesichert hatte, unter sich verteilten. Allein Spieler und Fatalist, der er war, ging ihm auch dies Unglück nicht sehr tief. Er war an jähen Wechsel gewohnt, riß in aller Ohnmacht und Erbärmlichkeit leichtfertige Witze über die Frauen und die Länder, die ihm auf diese Art entgingen, rechnete mit dem Gleichmut des Spielers auf eine glückliche Wendung.
    Unterdes wurde Kärnten und Krain ohne Widerstand von den Habsburgern besetzt. Die Städte huldigten ihnen, die Lehensurkunde des Kaisers wurde überall feierlich verlesen, die Feudalbarone und Beamten stellten sich auf den Boden der Tatsachen, ließen sich auf die neuen Herren vereidigen. Die führenden Herren, an ihrer Spitze der gravitätische Konrad von Auffenstein, der Statthalter des verstorbenen Königs, von ihm mit reichstem Gut und allem Vertrauen bedacht, spielten dabei eine sehr zwielichtige Rolle. Die Bevölkerung wurde mit dem Verrat an den beiden Kindern dadurch ausgesöhnt, daß sich in Vertretung seines lahmen Bruders der Herzog Otto von Österreich den alten, umständlichen, patriarchalischen Bräuchen unterzog, die in Kärnten bei der Inthronisation üblich waren und auf die sich der kleine Prinz Johann so gefreut hatte.
    Er zog also Bauerntracht an, hieß den dazu bestellten Bauern von dem Stein aufstehen, trank Wasser aus einem Bauernhut und übte mehr dergleichen überkommene Zeremonien. Der Bevölkerung gefiel dieses Festhalten an den väterlichen Bräuchen außerordentlich, die Leute waren gerührt, bekannten sich überzeugt zu dem neuen Fürsten. Herzog Otto war übrigens ein feiner, modischer junger Herr; er kam sich in der Bauerntracht sehr komisch vor, er und seine Herren machten noch lange Witze darüber. Das umständliche

Weitere Kostenlose Bücher