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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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das Kreuz schwören, nicht zu ruhen und zu rasten, bis Kärnten wieder in seinem und Margaretens Besitz sei.
    Der blinde König Johann fand, sein Sohn sei ein kleiner Esel. Denn die einzige Folge dieses großen Auftritts war, daß Österreich die zehntausend Mark Veroneser Silbers nicht zahlte. Tatsächlich blieben die Österreicher im Besitz Kärntens, die feierlichen Tiroler Herren steckten trotz des Schwurs ihre Schwerter wieder in die Scheide, und durch die Räume König Johanns glitt schattenhaft, unscheinbar und mit vielen Verneigungen Messer Artese aus Florenz.
    *
    Der Herzog Johann wurde reifer, männlicher. Sein Gesicht blieb trotzig, hinterhältig, verbissen; aber sein Körper verlor das Stakige, Überlang-Magere, ward fest, stattlich, nicht sehr gelenk, doch sicher. Er war ein guter Jäger, verstand sich ausgezeichnet auf die Falkenbeize, bewährte auch im Krieg persönliche Tapferkeit. Margarete gefiel er. Es gab schönere Männer, klügere, glänzendere. Aber er hatte sich bei den schwierigen Kämpfen um den Besitz des Landes nicht schlecht gehalten, war kein Knabe mehr, war sehr jung zum Mann geworden, war ihr Mann. Er vermied sie. Je nun, er war wohl überhaupt scheu; gesprächig, vertraulich war er nur mit seinen Jägern; man mußte um ihn werben. Sie stellte sich in seinen Weg. Es nutzte nichts; er ging ihr, abweisend, vorbei.
    Sie füllte ihren Tag mit tausend Beschäftigungen, Putz, Repräsentation, Politik, Studien. Aber ihre Gedanken hakten sich immer wieder an ihn. Warum konnte sie nicht zu ihm gelangen? Ihre Nächte waren voll von ihm. Aufdringlich fast suchte sie seine Gesellschaft. Fand alle möglichen Vorwände, sowie sie ihn nur in der Nähe wußte, bei ihm einzudringen. Aber er war immer eilig, bog mürrisch jedem vertraulichen Wort aus. Sie suchte nie den Grund in seinem schlechten Willen, war ihm für keinen Augenblick böse. Suchte alle Schuld in sich, in ihrer Ungeschicklichkeit.
    Sie mußte sich anvertrauen, sich Rats holen. Aber bei wem? Ihre Frauen waren dürr und albern, der gutmütige Abt von Viktring würde mit erbaulichen Sprüchen und Zitaten kommen. Nach einer schlaflosen Nacht sprach sie mit Herrn von Schenna.
    Der lange Herr saß in schlechter Haltung vor ihr, ein Bein über das andere geschlagen, das etwas welke Gesicht in die große Hand gestützt. Durch die feinen Pfeiler der Loggia sah man weit in die Berge hinein über das starkfarbene, üppige, besonnte Land. An den Wänden der Loggia schritt sehr bunt und überschlank Tristan. Isolde stand, die eine Hand gehoben, hoch und abweisend. Zu Füßen der Herzogin Margarete spreizte sich der Hauspfau. Margarete, in einem malvenfarbenen Kleid, das kupferne Haar schillernd in dem hellen Tag, aber alle Häßlichkeit auch des Gesichts in dem klaren Licht grob und mitleidlos enthüllt, sprach stockend, in halben Worten. Sie hatte sich zurechtgelegt, was sie sagen wollte; dennoch kam jetzt ihre sonst so gewandte Rede nicht recht vorwärts, und sie sprach in Andeutungen. Schließlich war Johann doch ihr Mann. Irgend jemand müsse ihm das doch sagen. Sie selber, das gehe doch nicht gut.
    Sie sah Herrn von Schenna an. Aber der saß ganz still, blinzelte in der Sonne, schwieg. Mutloser noch fuhr sie fort. Es war früher manchmal dagewesen, daß Fürsten, die als Kinder waren verheiratet worden, später feierlich Beilager hielten. Johann hänge so an Zeremonien. Ob Herr von Schenna es für angängig halte, daß sie Johann ein solches Fest vorschlage.
    Herr von Schenna ließ eine Weile verstreichen, ehe er antwortete. In die besonnte Stille hinein schrie der Pfau, von unten her aus den tieferen Reben, sehr fern, klang das Geschrei spielender Kinder. Herr von Schenna wußte, daß der junge Herzog anderen Frauen gegenüber durchaus nicht so scheu und blöde war wie Margareten. Behutsam, langsam, merkwürdig sacht hub er endlich an. Wie er den jungen, eigenwilligen, herrschsüchtigen Fürsten kenne, glaube er nicht, daß er einen Gedanken ausführen werde, den ein anderer ihm eingebe. Vielleicht daß sich einmal Gelegenheit biete, ihm den Gedanken so unmerklich beizubringen, daß er ihn für einen eigenen halte. Aber man müsse sehr, sehr vorsichtig sein. Und abwarten.
    Dann, froh, abbiegen zu können, wies er auf einen Herrn, der langsam in der prallen Sonne den Weg heraufritt: »Da kommt Berchtold .«
    Die Herzogin sehr ehrerbietig grüßend, kam Berchtold von Gufidaun heran. Der stattliche Herr, bräunlich kühnes Gesicht, blaue Augen

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