Die haessliche Herzogin
Er hob die Kinder hoch, setzte sich ganz nahe zu ihnen, erzählte den ernsthaft und verständnislos Lauschenden mit vielem Seufzen von Geld, von Kirchenbuße, von hoher Politik.
April kam. Das Land stäubte unter einem azurnen Himmel von Mandel-und Pfirsichblüten. Da spürte er, daß es aus war. Er ließ sich in die Kapelle des heiligen Pankratius bringen. Eine milde, blaue Maria lächelte ihm zu. Das bunte, bemalte Kirchenfenster leuchtete freundlich in der starken Sonne. Kleine Kinder standen großäugig um ihn herum und der sanfte, betuliche Abt von Viktring. So ereilte ihn ein letzter Blutsturz, erstickte ihn.
Der Leichnam wurde ausgeweidet, einbalsamiert, Herz und Eingeweide sollten auf Schloß Tirol, die übrigen Reste sollten später unter größten Feierlichkeiten in der Fürstengruft des Klosters Sankt Johannis zu Stams bestattet werden.
Der Bischof von Brixen, der auf die Nachricht vom Ableben König Heinrichs sich sofort nach Schloß Tirol aufmachte, noch bei Nacht reitend, hörte auf der Straße das Getrappel von vielen kleinen Schritten. Er fragte seine Leute, ob sie nichts sähen. Die hörten wohl auch das Geräusch, aber sie gewahrten nichts. Wie nun der Bischof schärfer durch die Nacht blickte, sah er, daß es die Zwerge waren, die eilig in dickem Zug nach Norden wanderten. Sie hatten aber ihre Edelsteine an den Fingern, so daß nur er sie sehen konnte. Er hielt einen an und fragte. Der erwiderte, nun der gute König Heinrich tot sei, fühlten sie sich nicht mehr sicher und müßten das Land verlassen.
Noch am gleichen Tag ritten die Kuriere, die die Todesnachricht ins Land trugen. Einer über die Berge in die welsche Ebene nach Verona. Da freuten sich die Brüder della Scala. Nun wird es Verwirrung geben in den Bergen. Nun wird man wieder die Hand ausstrecken können nach Norden, sich ein Stück Land erraffen. Einer ritt nach Wien. Da saß der lahme Herzog Albrecht, immer fröstelnd, am Kamin, schlecht rasiert, mager, kränkelnd. Er horchte hoch auf, beschickte seinen Bruder, berief Sekretäre, diktierte, vergaß zu essen über Plänen und Arbeit. Einer ritt nach München zum Kaiser Ludwig. Der schaute ihn an aus seinen großen, treuherzigen, blauen Augen über der langen Nase, und während er in umständlichen, biederen Worten seine Trauer bekundete über den Hingang des vielgeliebten Oheims, bedachte er schwerfällig die Vorwände, unter denen er am bequemsten seine kleine Kusine um ihre Länder bringen könnte.
Margarete beschaute sich im Spiegel. In die Elfenbeinkapsel, in die das Glas eingelassen war, schnitt sich ein Relief, auf dem die Burg der Frau Minne erobert wurde. Nun ja, so wie die Frau Minne war sie, Margarete, eben nicht von Antlitz und Figur. Dafür war sie Herzogin von Kärnten und Gräfin von Tirol. So also schaute eine Herzogin aus. Sie prüfte sich mit bitterem Scherz. Laß sehen! Augen und Stirn gingen an. Das schlimmste war der Mund, dies überworfene Affenmaul. Nun, dafür hatte sie Kärnten. Dann waren die schlaffen Hängebacken ein arges Übel. Aber wurde es nicht aufgewogen durch die Grafschaft Tirol? Und der graue, fleckige Teint? Legt Trient darauf, Brixen, Chur, Friaul. Ist er dann nicht glatt und rein?
Johann, ihr Gemahl, war geschwellt. Nun war er Fürst und Herr. Er wurde geradezu liebenswürdig in seiner gehobenen Laune. Margarete betrachtete ihn.
Eigentlich war er ein hübscher Junge: das lange, herrische Gesicht, das schöne Haar. Auch seine Augen schienen ihr heute freier, kühner. Er dachte: Schön ist sie nicht. Aber die Länder sind schön, die sie mir zubringt. Er sagte zu ihr: »Na? Gretl ?« und küßte sie herzhaft auf ihren häßlichen Mund. Er tat ein übriges und sagte, jetzt müsse sie auch einmal auf die Falkenbeize mit ihm gehen.
Darin saßen die beiden Kinder zusammen, sehr ernsthaft, und berieten ihre ersten Regierungsmaßnahmen. Die Lage war nicht einfach. Die Feudalbarone waren schwierig, würden gewiß die Lage ausbeuten wollen. Der Knabe Johann setzte sein hochmütiges Gesicht auf. Er wird sie schon kleinkriegen. Er ist auch wilder Pferde schon Herr geworden. Vor allem muß man seinen Vater beschicken, den König Johann; der ist wohl noch in Paris, beim Turnier, bei seinem Schwager, dem König von Frankreich. Dann müssen Boten an den Kaiser, an die Herzöge von Österreich.
Die Kinder befahlen den Abt von Viktring zu sich, betrauten ihn mit der Botschaft, gravitätisch und doch mit gespielter Leichtigkeit. Sie setzten ihre Namen
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