Die haessliche Herzogin
ruhvoll höhnisch stand.
Allein, brach sie furchtbar aus. Wer jemals war so verraten worden? Geschleiert hatte er die Stimme, beredt gemacht und voll letzter Ergebenheit den Blick, jede Geste voll Einverständnis. Hatte sie in den Glauben geschläfert, er sehe durch ihre wüste Haut in die strenge, harte Schönheit dahinter im Innern. Hatte getan, als verzichte er ihre Resignation mit, als kämpfe er ihre Kämpfe, ihre leidvollen Siege mit, ziehe sich mit ihr zurück aus den bequemen Tälern der Alltagslust auf ihre kalte, einsame, wild strenge Erhöhtheit. Und hatte sie sogleich preisgegeben an die glatte, leere Larve. Wer weiß, vielleicht saßen sie jetzt zusammen, Agnes und er, und lachten sie aus!
Schlau hatte er es angestellt, ei ja! Hatte sich seine Gaukelei, die verzückten Mienen, das ergebene Getue verflucht teuer bezahlen lassen. Mit solchem Preis, mit der Herrschaft Taufers, hätte man sich sämtliche Hofzwerge, Sänger, Gaukler, Spielleute des Römischen Reichs erkaufen können. Und jetzt hatte er es gnädig zugelassen, daß sie ihn dem Projekt gegen die Luxemburger an die Spitze stellte. Hatte wohl erwartet, er werde nun Burggraf werden, Landeshauptmann, der eigentliche Regent von Tirol. Darum wohl auch hatte er ihr bis jetzt nichts mitgeteilt von seiner Verbindung mit Agnes. War der Streich einmal geglückt, dann hatte er die Macht in der Hand. Brauchte ihren Zorn nicht mehr zu fürchten. Konnte im Land schalten, als der Retter von der Fremdherrschaft, auch gegen ihren Willen.
Wie sie sich lustig machen mußten, er und jene, über die dumme, häßliche Herzogin, die Gans, die glaubte, sie könne durch Geschenke, durch Gefühle über ihre Wüstheit hinwegtäuschen! Als wiege dem Mann die strahlendste Seele einen plumpen Mund auf und hängende Backen. Sie raste. Sie wütete gegen sich.
Mit einem Krach stürzte der ganze künstliche Bau ein, in den sie sich geflüchtet hatte. Oh, wie verlogen waren alle diese Phantasien gewesen von ihrer strengen, hohen Sendung, ihr Willkommgruß an die Häßlichkeit!
Lächerlich war sie, lächerlich im Putz ihrer modischen Kleider und weltumströmenden Gefühle, sie, die Gott verworfen hatte durch ihre widerwärtige Gestalt und doppelt verhöhnt durch den Platz, auf den er sie gestellt.
Wie hatte sie herabgeblickt aus ihrer kristallenen Höhe auf Agnes, das kleine, bunte, dumme Insekt.
Und jetzt lag sie im Dreck, wo sie hingehörte, ekles Geziefer, das sie war, und Agnes lächelte aus dem Blau auf sie herunter mit ihren feinen, roten, ach, so zierhaft geschwungenen Lippen.
Haßte sie Agnes? Nein, sie haßte sie nicht. Die war nun, wie sie war. Wer so schön war, hatte gut herunterlächeln – warum sollte sie nicht? – auf die Häßliche.
Aber er, Chretien! Wie er gelogen hatte! Wie er sie angeschaut hatte aus seinem kühnen, gebräunten, offenen Gesicht, hündisch ergebene Andacht in den Augen! Wie sich ihm die Stimme gepreßt hatte aus Bewegtheit und Neigung! Daß einer mit so offenem, treuherzigem Gesicht so lügen konnte! Daß Gott das zuließ! Daß die Erde nicht aufriß unter ihm! Der Hund! Der Betrüger! Der schmutzige Lügner!
Sie häufte, in ungehemmter Raserei, alle Flüche und Schimpfworte, die unflätigsten, die sie kannte, sinnlose, irgendwo aufgeschnappte. Sie tobte durch das Zimmer, bis sie kraftlos auf den Teppich fiel. Da lag sie, die plumpen, geschminkten Hände von sich gestreckt, unfähig, sich zu regen, heiser, das harte, kupferfarbene Haar gelöst in spröden Strähnen.
Als sie sich erhob, war sie sehr verändert. Ging an ihre Geschäfte, eisig starr, rasch, ohne Schwanken, zielklar, mit einer kalten, besessenen Energie. Diktierte, schrieb selber Briefe, fertigte Kuriere ab. Neue Briefe, neue Siegel, neue Kuriere. So ging das durch zwei Tage. Dann versank sie in ebensolche Untätigkeit, wie sie vorher rastlos gewesen war. Niemand wurde vorgelassen. Sie schleifte sich auf und ab durch ihre Zimmer. Schaute stundenlang über das Land hin, die dicken, plumpen Lippen halboffen in einem merkwürdig lüsternen, bösartigen Lächeln. Wartete. Aß nicht.
Sprach nicht. Wartete.
*
Bevor Markgraf Karl und Herzog Johann die böhmische Grenze erreicht hatten, erhielten sie einen Eilbrief des Bischofs Nikolaus von Trient, des der luxemburgischen Sache blind Ergebenen. Er habe von den verschiedensten Gegenden des Landes anonyme Warnungen erhalten. Es gäre im Land. An der Spitze der Aufruhrbewegung stünden Chretien von Taufers, Heinrich von
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