Die haessliche Herzogin
keine Hoffnung und keine Furcht mehr kennt in ihrer gelähmten, apathischen Sattheit. Er klirrte auf und ab vor ihr, machte sich knabenhaft wichtig in seiner Rüstung, stieß Drohungen aus, unflätige Beschimpfungen.
Sie solle sich nicht beifallen lassen zu fliehen, alle Gänge seien bewacht, Gräben, Tore, Mauern dreifach besetzt. Sie dürfe ihr Zimmer nicht verlassen, auf Monate; er werde sich sehr überlegen, wem er Zutritt zu ihr gestatte. Aber er kam mit seinen großen, bedrohlichen Worten durchaus nicht auf seine Rechnung. Sie fielen leer, ungeflügelt zu Boden. Margarete hörte mit lässiger, stumpfer Neugier zu, man konnte ihr nicht beikommen, es hätte durchaus keinen Sinn gehabt, sie zu schlagen und anzuspeien, wie er es sich ausgemalt hatte. Er funkelte sie an mit seinen kleinen Wolfsaugen; aber er merkte, daß sein Toben und Wüten ziemlich künstlich blieb und ohne Eindruck. Enttäuscht zog er schließlich ab.
Sie lag lange allein. Wie war sie leer und ausgehöhlt!
Es war trüber, feuchter Tag. Sie fröstelte. Wollte heizen lassen. Schellte. Niemand kam. Sie schleppte sich zur Tür. Zwei Geharnischte traten ihr entgegen, streckten ohne Wort die Lanzen vor.
Abend fahlte herein. Ein Mensch glitt in den Raum, stellte eine große, brennende Kerze auf den Tisch, still, merkwürdig lautlos, ein Verhülltes daneben und eine Buchrolle, glitt ebenso stumm wieder hinaus.
Margarete fröstelte stärker, blinzelte in die flackernde Kerze. Schleifte sich schließlich heran an das Licht, wärmte die klammen Hände an der Kerze. Die Buchrolle waren Kapitel aus der Schrift. Aus dem Verhüllten stieg ein fauliger, süßlicher Geruch auf. Gezogen fast und wider Willen zerrte sie an dem Tuch, es öffnete sich. Fäden, braune Fäden. Nein, das war Menschenhaar. Langes, kastanienbraunes. Eine Stirn darunter. Dies war ein abgeschlagener Kopf. Vergraust warf es sie zurück. Chretiens Kopf starrte sie an aus verglasten Augen. Er lag schräg da, die starke Nase stach spitz aus dem Tuch, Mund und Kinn waren noch verhüllt.
Der Gaumen wurde ihr trocken. Sie atmete wild, in kaltem Schweiß, drückte sich in den Winkel, röchelnd.
Stierte auf den Kopf, den das Licht flackerig, willkürlich und lächerlich verzerrte. Schloß die Augen. Rötlich tanzte vor ihr die Nacht.
Es zwang sie, wieder auf den Kopf zu stieren. Gut wäre es, wenn diese Kerze tot wäre und ihr irrsinniges Geflacker. Man müßte sie auslöschen. Aber sie konnte nicht auf. Hatte sie denn Angst? Nein, sie hat nicht Angst. Sie ist die Herzogin. Wenn man sie belauert, durch ein Loch in der Tür? Sie steht auf; Kopf starr geradeaus, mit seltsam gespreizten Gliedern stelzt sie zu dem Tisch, schlägt die Kerze aus. Sackt hin.
Liegt eine lange Weile steif. Spürt, wohlig fast, die Kälte und nichts sonst. Dann fängt die Nacht wieder an zu tanzen und zu zucken. Der Kopf zuckt in ihr hin und her. Wird endlos lang und schmal. Die mageren, bräunlichen Wangen schillern giftig, bläulichgelb, und jedes dieser schmutzigen, schwärzlichen Flaumhaare sticht nach ihr. Die toten Augen klappen auf und zu in der Nacht. Sie sind ganz ohne Ausdruck, wie von einem toten Tier. Oh, wenn es Tag wäre! Es wäre besser gewesen, die Kerze nicht totzumachen. Jetzt liegt die Nacht so schwer und plump auf ihr wie eine grobe, erstickende Decke. Man liegt in dieser Nacht wie in einem Sarg, und der tote Chretien klappt seine sinnlosen Augen auf und zu.
Er ist häßlich. Das häßlichste Lebendige ist nicht so häßlich wie ein Totes.
Nein, es ist ihm nicht gut bekommen, daß er sie hat betrügen wollen. Die Schöne hat jetzt auch nicht viel von ihm. Mit einem Mann ohne Kopf läßt sich kein Staat machen.
Er hat andere mitgerissen. Armer Albert! Lieber, gutmütiger, freundhafter Bruder! Er war so harmlos und kameradschaftlich. Sicher hat er nur mitgetan, um kein Spaßverderber zu sein. Jetzt ist er kahl und bloß und verrenkt und im Kerker. Der frische, lustige Junge, der er war.
Aber Chretien war doch anders. Das kühne, magere, bräunliche Gesicht. Sie wird keine Furcht mehr haben vor dem toten Kopf. Sie wird ihn lang und genau anschauen, und Chretien wird ihr gehören, nicht der Schönen. Tag sollte es sein, Tag, daß sie ihn sehen kann. Die dummen Gedichte des Herrn von Schenna singen immer von den Herrlichkeiten der Nacht und daß die Nacht der Liebe gehöre und verwünschen den Tag, daß er fernbleiben möge. Unsinn. Ihre Zeit ist der Tag. Herauf, Tag! Schenk mir meinen toten
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