Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
Vom Netzwerk:
wäre Triumph gewesen, viel offenkundiger, als am Tiroler Hof die Gattin des Herrn von Taufers-Laferte zu sein.
    Chretien sah, daß sie zögerte, ihn hinhielt. Er spürte, er müsse sich größer machen, wichtiger. Er weihte sie ein in den Plan gegen die Luxemburger.
    Agnes hörte zu mit einem merkwürdigen, dummen, sonderbar befriedigten Lächeln. Sie wußte plötzlich, es war ein viel größerer Triumph, die Gattin Chretiens zu sein als die des Mastino della Scala oder des Visconti von Mailand. War es Sieg, der häßlichen Herzogin, der wüstmäuligen, lapphäutigen, den Mann zu entreißen? Ja, ja! Es war Sieg! Plötzlich wußte sie, daß sie seit langem auf diesen Sieg gewartet, diesen Augenblick mit allen Mitteln herbeigekitzelt hatte. Es floß ein Strom von ihr zu der Häßlichen, sie schaukelten auf einem Brett. Jene war häßlich, gewiß; aber auf ihrem häßlichen Haar saß ein Fürstenreif, und aus ihrem häßlichen Gesicht schauten ein Paar höllisch kluge, brennend energische Augen. Sie zu besiegen war viel schwerer als eine andere, Schöne. Der Haß zwischen ihr und jener war ein sehr lebendiges, war das wichtigste Stück Leben, ihres sowohl wie jener. Wie hatte jene gekämpft um den Mann! Hatte sie beraubt und den Raub dem Manne geschenkt, hatte große Ereignisse künstlich gehäuft, den Mann darauf zu stellen und zu erhöhen. Sie, Agnes, die arm war und bloß und nichts besaß als sich selbst, hatte nur gewinkt, und der Mann war sogleich heruntergesprungen von dem riesigen Sockel, den jene so mühsam getürmt, und ihr zu Füßen. Sie kostete ganz diese Erfüllung, schwoll an, schwamm in ihr. Nein, sie wird in Tirol bleiben, wird sich messen mit der Herzogin, die sie haßt, wird ihr mehr noch nehmen als den Mann. Es war herrlich, oben zu schweben auf der Schaukel, selig und schwebend hoch, und die andere ganz tief zu sehen und ganz vernichtet.
    Chretien ging in den gefährlichen Handel mit den Luxemburgern wie in ein Turnier. Er war glücklich, Agnes vorher für sich geborgen zu haben. Er dachte nicht einen Augenblick daran, daß durch seine Verbindung mit ihr die Herzogin geschmälert werden könnte. Margarete war hier, Agnes dort, seine Beziehung zu jener, seine Neigung für diese war aus sehr verschiedenem Stoff. Er rüstete die Hochzeit in aller Eile, denn die Ereignisse drängten. Agnes war sehr damit einverstanden; es war kitzelnde Lust für sie, daß Margarete die Befreiung ihrem, ihrem Manne zu danken haben würde.
    Zu Ende der Woche wollte Herzog Johann mit dem Markgrafen Karl und dem größern Teil der luxemburgisch-böhmischen Truppen das Land auf mehrere Monate verlassen, um seinem Vater in dem polnischen Krieg Hilfe zu bringen. Agnes fragte Chretien, wann und wie man die Herzogin von ihrer Vermählung unterrichten solle. Chretien hatte geplant, Margarete zur Hochzeit zu bitten. Unter dem unverwandten, tiefblauen, spöttisch unschuldigen Blick des Fräuleins von Flavon wurde er unsicher, verschob die Mitteilung an Margarete, die mit allen Gedanken in ihrer Revolution stecke, erst bis nach vollzogener Vermählung, dann bis zu seiner letzten Unterredung mit der Herzogin. Als er indes die letzten Einzelheiten der Unternehmung mit ihr besprach, schien es ihm richtiger, ihr seine Ehe erst dann zu melden, wenn die luxemburgischen Truppen und Beamten vertrieben und sie die alleinige Herrin ihres Landes sei. Es war übrigens, als er sich von ihr verabschiedete, um sie erst nach geglücktem Staatsstreich wiederzusehen, in seiner Stimme die gleiche vertrauliche, vieldeutige Schleierung, die sie auf den Scheitelpunkten ihrer Neigung so beglückt hatte.
    Kurz nachdem Chretien gegangen war, stand Herzog Johann in Rüstung vor Margarete, um nun, auch er, sich zu verabschieden. Markgraf Karl war mit der Masse der luxemburgischen Garde vorausgezogen.
    Kühl, verächtlich hörte Margarete auf Johanns grimmige Sätze. Bissig schloß er: »Jetzt wird hier ein gescheites Regiment anfangen, wenn Sie ohne mich regieren. Man sieht ja an Taufers, was dabei herauskommt, wenn man meine Maßnahmen kreuzt .«
    »An Taufers ?« konnte sie sich nicht enthalten zu fragen.
    »Nun ja, jetzt hat sich die Agnes das Schloß eben auf diese Art zurückgeholt. Da hätten wir es ihr gleich lassen können .«
    Margarete fragte nicht weiter. Sie wußte plötzlich alles. Sie beherrschte sich, bis der Herzog fort war. Sie fiel nicht um, die Stimme versagte ihr nicht, ihr Blick hielt seinen kleinen, bösartigen, lauersamen Wolfsaugen

Weitere Kostenlose Bücher