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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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einen Boten geschickt. Ein kurzes, höfliches Schreiben lag bei, in dem er um ihre Unterschrift ersuchte.
    Sie hatte sogleich Schenna hergebeten. Vor dem ließ sie sich gehen, verströmte. Wirklich gekündigt der habsburgische Vertrag! Eingerissen und kaputt der schöne, kunstvolle Kanal, durch den sie ihren Städten Saft und Gedeih zuführte. Und sie soll noch ihre Unterschrift dazu geben! Der Boden unter ihren Füßen bröckelnd wie Sand. Das Werk ihres Lebens fort, entgleitend, wie fließendes Wasser, nicht zu halten. Hin alles, blöde, sinnlos vertan.
    Schenna hörte still zu, sein welkes, langes Gesicht sonderbar kraus verzerrt; ihr Verströmen, ihr Zusammenbruch ging ihm näher, als er vor sich selber wahrhaben wollte. Arme Frau! Arme Herzogin Maultasch!
    Wäre dein Mund einen Finger schmaler, die Sehnen deiner Backen ein weniges straffer, du lebtest befriedet, glückhaft, und Tirol und das Römische Reich sähe anders aus. Er raunzte mit sich selber. Alberne Sentimentalität!
    Als er endlich antwortete, hatte er sich wieder ganz im Zaum. Mit seiner hohen, müden, brüchigen Stimme legte er dar, es sei nichts zu gewinnen, wenn sie nicht unterzeichne; formal sei ihre Unterschrift ohne Belang, der Markgraf verlange sie nur aus Prestigegründen. Unterzeichne sie aber, so könne man nicht umhin, sie zumindest bei der Liquidierung des Vertrags mit einreden zu lassen.
    Wie sie aber schwieg, breit, plump, verloren und verfallen dahockte, packte es ihn wieder. Er sagte, er wolle helfen, wo er helfen könne. Er sei Tiroler; es kratzte ihn, daß das lebendige, wache, rege, kultivierte Tirol den schläfrigen, dumpfen, trägen, gewalttätigen Bayern solle ausgeliefert werden. Er gab sich einen Ruck, es war ein schwerer Entschluß, man sollte eigentlich wirklich nicht so weichherzig sein. Aber dann stand er und sagte, und in seiner Feierlichkeit war schon ein bißchen Ironie: wenn sie also noch Wert darauf lege, sei er, um das Mögliche zu retten, bereit, die Hauptmannschaft im Gebirg, das Burggrafenamt zu übernehmen. Sie drückte seine lange, dürre, schlaffknochige Hand mit ihrer dicken, geschminkten.
    Dann stand der Frauenberger vor ihr, sich zu verabschieden. Klirrend stand er, aus dem hellen Eisen grinste rosig, glatt, nackt das freche, weitmäulige Gesicht. Es bleibe ihm nur übrig unterzutauchen, ins Dunkle, ins Subalterne, wo der Markgraf ihn nicht finden könne; denn zu sterben habe er durchaus nicht die Absicht. Er werde also unterwegs im gegebenen Augenblick verschwinden. Man sei ein Mann, nehme das Schaukeln, hinauf, hinunter, nicht zu schwer. Sie sei eine gute Haut, er habe mehr Spaß an ihr gehabt als an so mancher mit einem zierlichen Puppenmund. Interessanter sei es sicher gewesen. Somit Gott befohlen.
    Sie sagte, er habe ihr ein Amulett gegeben mit bösen Wünschen für eine gewisse Person. Sie wolle sich revanchieren. Sie reichte ihm das mattfarbene Fläschchen. Der Saft sei geruchlos, geschmacklos; wer davon koste, sei in der gleichen Stunde in der Hölle, im Paradies. Bevor er zurücktauche ins Dunkel, in die Niedrigkeit, solle er sich das überlegen.
    Er griff danach, grinste, sie sei ein Teufelsweib. Geruchlos, geschmacklos; hm, das sei wohl zu überlegen.
    Sie, rasch: sie habe nichts gesagt. So habe es ihr der Sizilianer geschworen. Und da er vermeine, sie sehe ihn nicht wieder, gebe sie ihm das. Alles stehe bei ihm, sie habe nichts gesagt.
    Er, ungeheuer massig in der Rüstung, quäkte aus dem vielen Eisen heraus, er danke auch vielmals. Wie gesagt, ein Teufelsweib. Er hob beschwerlich den eisernen Arm, klopfte sie, quäkte: »Unsere Maultasch .« Zog mühsam ab, eisern, klirrend, froschmäulig grinsend.
    Pfiff sein Lied.
    Von unten klangen die Hörner und Trompeten der Abreitenden. Der Markgraf hatte sich nicht verabschiedet. Sollte sie ans Fenster? Kein Glied gehorchte ihr. Sie lehnte am Tisch, fahl, grau, eine geschminkte Tote.
    Durch den braungoldenen September trabten der Markgraf und seine Herren. Eine Weile ritten sie den blassen, weiten Chiemsee entlang. Starke Luft ging, die Berge in sattem Blaugrau blieben zurück.
    Ludwig war bester Laune. Er trug einen leichten, dunkeln Brustpanzer, den Helm hatte er einem Knaben gegeben, der Wind wehte angenehm um den kurzhaarigen Schädel. Er fühlte sich sehr jung, seine harten, blauen Augen blickten frischer als sonst aus dem bräunlichen, männlichen Gesicht. Es war ein guter Entschluß gewesen, die Österreicher hinauszuschmeißen. Jetzt ritt er

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