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Die haessliche Herzogin

Titel: Die haessliche Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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er festen Willens sind, nicht glücken, Wittelsbach unter ein
    Dach zu bringen, so, wie die Habsburger zusammengeschweißt sind? Sicherlich streiten die sich wie Hähne, wenn sie ohne Zeugen untereinander Rats pflegen: aber repräsentieren sie nach außen, dann stehen sie wie ein Mann, und es geht eitel Honig von einem zum andern. Es war gut, daß Ludwig sich endlich aufgerafft hat. Er wird jetzt nicht lockerlassen, bis das zerfetzte Wittelsbach weder zusammengeflickt ist.
    Man brachte die Rüstung, begann, ihn für die Reise zu wappnen. Da kam ein Kurier aus München, meldete den Tod des Markgrafen. Herzog Stephan stand starr, den Mund halb auf, die Finger merkwürdig gespreizt.
    Dann mit einem heftigen, knarrenden Kommando schickte er seine Leute weg, lief, der halb angekleidete Mann, hin und her, machte jähe, herrische Gesten, sein Gesicht arbeitete, furchte sich drohend, glättete sich, der kurze, dicke Schnurrbart stieg mit der zuckenden Lippe.
    Er sah Möglichkeiten, die mannigfachsten, schillernd. Hier winkten sie, dort. Der junge Meinhard war ein Knabe, schwach, dümmlich, gutmütig; hing zudem schwärmerisch an seinem, Stephans, Sohn, dem Friedrich.
    Ja, in Stephans Händen lag jetzt das Schicksal Wittelsbachs. Beide Bayern vereinigen. Die Widerstrebenden, die Brüder, den Holländer, Brandenburger, die Pfälzer zusammenzwingen. Sie mußten doch sehen, sie mußten sich doch fügen. Wer waren sie denn, diese Ludwig, Albrecht, Wilhelm, Ruprecht? Nichts waren sie; aber Wittelsbach war viel, war alles. Es wird gute Kraft von ihm ausgehen, sein Glaube, sein ehrlicher, frommer, reiner Wille wird in sie überströmen, sie werden sich überzeugen lassen.
    Er setzte sich schwer nieder, sein Gesicht verlor die künstlich straffe, soldatische Miene, die Schultern erschlafften. Ach, nichts von alledem wird sein. Die Hoffnung war krampfhaft, verlogen. Er war nicht der Mann, das durchzuwirken. Wohl, die Gelegenheit war gut; aber die Bürde war zu schwer für ihn. Sein Vater schon, der Kaiser, der viel Robustere, war ein Zauderer gewesen, hatte sein Werk halb fertig liegenlassen müssen; wie sollte er, der Schwächere, das zerstückte, verstümmelte zu Ende bringen?
    Sein Bruder war am Wege gestorben. Ein schlechtes Zeichen. Er hatte Ludwig nicht besonders gemocht, kein vertrauteres Wort mit ihm gesprochen. Die Brüder hatten sich alle sechs nie enger aneinandergeschlossen, jeder schaute dem andern mißtrauisch auf die Finger, daß der kein zu großes Stück des Erbes packe. Aber Ludwig war ein anständiger Mensch gewesen, er hatte es nicht leicht gehabt, er hatte die Maultasche geheiratet, dem Haus ein großes Opfer gebracht. Nun war er tot, in guten Mannesjahren gestorben. Es verblaßte um die Wittelsbacher, ihr Glanz ging aus.
    Er erinnerte sich, wie er jene päpstliche Bulle gehört hatte, die den Bannfluch über den Vater verkündete: »Seine Söhne treffe dieser Fluch: Aus ihren Wohnsitzen verjagt, sollen sie ihren Feinden in die Hand und der Vernichtung anheimfallen .« Er war ein kleiner Junge gewesen damals, er hatte unter den großen, drohenden, pathetischen Worten nichts Rechtes verstanden, aber sie hatten ihn überschauert und nicht mehr losgelassen. Es war nicht gut gegangen mit den Wittelsbachern seither. Ihre Länder zerfallen. Die Brüder sich zerkrallend einer den andern. Im Nordwesten, in den flandrischen Provinzen, hatte die Mutter geherrscht, die Kaiserin, zusammen mit Wilhelm, dem begabtesten unter den Brüdern. Sie waren in Streit geraten, Wilhelm hatte die Mutter in jener wilden, blutigen Seeschlacht an der Mündung der Maas geschlagen, sie war zu ihrem Schwager geflohen, dem König von England. Sie war eine hochmütige Dame gewesen, schwermütig, ihren Kindern fremd; ja, man hatte sich zusammennehmen müssen, war immer beklommen gewesen in ihrer Gegenwart. Nun war sie gestorben, müde von Hoheit, Leid und Sorgen, und Wilhelm, der lichteste, begabteste, liebenswürdigste der Brüder, war in Tobsucht und Irrwahn gefallen, krank an dem Zwist mit der Mutter, krank an dem fremden Land. Nein, es stand nicht gut um Wittelsbach; jener Fluch ging, wenn nicht seine Worte, so doch sein Sinn, in bittere Erfüllung. Er starrte vor sich hin. Der Tod des Bruders gab ihm die Möglichkeit und die Pflicht, das Land in den Bergen fester zu klammern, die Südmark zu halten. Er sah auf seine Hände; sie lagen schwer, schlaff, kraftlos. Wie soll er mit diesen Händen –?
    Unsinn. Er hat zuviel schweren Würzwein zum

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