Die haessliche Herzogin
die ihn mehr reizte, als Tränen, Bitten, Beschimpfungen hätten tun können. So stülpte sie allmählich den festen, sachlichen, rechenhaften Mann von Grund auf um, trieb ihn in Prunk und Verschwendung, zermürbte, unterwühlte, was Margarete in der Arbeit von Jahrzehnten geschaffen hatte.
Plötzlich war auch Messer Artese wieder da. Überall war er, an zehn Orten zugleich, mit drei Brüdern, die ihm sehr ähnlich sahen, unscheinbar, überaus höflich.
Ehe man es recht merkte, hatte er von neuem die Hand auf Zöllen, Salzrechten, Bergwerken. Die eisige Verachtung Margaretes erwiderte er mit zahllosen Verneigungen. Mit größter Bereitwilligkeit löste er den Markgrafen aus den Verpfändungen der Habsburger.
Jetzt, wenn er wollte, konnte Ludwig jenes Verwaltungsabkommen kündigen. Freilich war, was er dem Florentiner zahlte, dreimal höher als die Forderung der Österreicher. Schattenhaft dann, wie er kam, war Messer Artese wieder fort.
Erschien auf Schloß Taufers. Wer, wenn er den kleinen, höflichen Mann sah, hätte gedacht, daß er je so toben könnte, wie er es damals vor Agnes getan? Sie saßen sich gegenüber, Agnes und er. Sie lächelten sich zu, mit einem kleinen, wissenden Lächeln. Ei ja, schönes Land, reiches, gesegnetes Land. Wein, Obst, Brotfrucht. Blühende, geordnete, werktätige Städte. Er zerrte, sie stieß. Sie traf die Herzogin, die Häßliche, wenn sie stieß. Ihm war es schon weniger die Freude am Gewinn, die lockte: es trieb ihn, in dem Werk des Feindes zu stochern, zu wühlen, das Werk des erlegten, erledigten Juden vollends zu zerfetzen. Sie stieß die Häßliche, er zerrte an dem toten Feind.
Prall im Fett saß Konrad der Frauenberger, mästete sich, sein nacktes, breitmäuliges Gesicht glänzte rosig.
Er lag auf Polstern in dem eleganten kleinen Saal von Taufers, Agnes saß ihm gegenüber. Sonne kam herein, er blinzelte, rekelte sich faul, gähnte, knackte mit den Gliedern. Agnes bat, forderte, schmeichelte, drohte, er solle sie nach Trient begleiten. Er sagte, er denke nicht daran. Soll der Markgraf ihr den Narren machen. Sie kehrte sich ab mit jener leisen, gleitenden, verwunderten Verächtlichkeit, die beim Markgrafen alles erreichte. Er lachte schallend, derb vergnügt. Kehrte sich nach der andern Seite. Da sie beharrlich schwieg, fing er an zu gähnen. Streckte sich knackend, schlief friedlich, behaglich ein, lärmvoll schnarchend. Nach einer Stunde wachte er auf; es ging gegen Abend, sie saß noch immer im entgegengesetzten Winkel, gekränkt. Er stand faul auf, ging zu ihr, packte sie, grob, jovial, zog sie neben sich auf die Polster. Sie ließ es geschehen.
Er behandelte sie nach Laune. Ließ sie wie einen Hund nach einer Liebkosung zappeln. Tätschelte sie mit Versprechungen, die er lachend und selbstverständlich brach. Ihn davonjagen? Es ging nicht. Er hätte gelacht. Und es wäre auch lächerlich gewesen. Wer war noch so häßlich? So frech? So hart von Griff? So gab es keinen zweiten.
Sie dehnte sich unter seinen groben Liebkosungen, schaute schräg zu ihm auf. Sah sein sattes, schlaues, fleischiges, grinsendes Gesicht. Wie häßlich es war!
Wie voll Kraft und Gemeinheit es war! Sie war neugierig. Konnte man ihm nicht bei, daß seine freche, selbstsichere Fratze klein wurde und voll Angst?
Sie begann den Markgrafen zu hetzen. Ganz unmerklich, mit Scherzworten. Ihre Saat fand guten, lange vorbereiteten Boden. Sproßte, keimte, wuchs. Wie hatte Herzog Stephan gesagt? Es ist kein Leichtes, zu diesem Weib den Frauenberger zum Landeshofmeister zu haben. Er wird ein Ende machen. Er hat es satt bis dahin. Das Gespött Europas. Er wird ein Ende machen. In München. In einem Aufwischen. Erst mit der habsburgischen Schweinerei. Dann mit dem Frauenberger, dem Schandkerl, der Mißgeburt.
»Schau mich genau an«, sagte der Frauenberger zu Margarete und spreizte sich mit grotesk unterstrichener Wichtigkeit. »Schau mich genau an. Du wirst vielleicht nicht mehr lange Gelegenheit haben .« Da Margarete erstaunt hochblickte, quäkte er weiter: »Ich bin kein schöner Mann, ich weiß, aber sehr einmalig. Wer Interesse an mir hat, wird gut tun, mich genau anzuschauen, daß er mich in Erinnerung behält. Ich werde nicht mehr lange zu sehen sein. Es braut sich was zusammen gegen mich. Der Markgraf schaut auf mich mit Blicken wie Lanzen. Leider stehen wirkliche Lanzen zur Genüge dahinter. Er hat mich mit zur Begleitung nach München befohlen. Dort tut er sich leichter.
Der Gufidaun,
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