Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)
hast, tut es mir leid, Leni. Dafür darfst du dir jetzt etwas aussuchen, als späte Wiedergutmachung. Irgendwas Hübsches für die Reise benötigst du doch sicher noch.»
«Schon gut, Mamilein, ich brauche nichts», winkt sie ab und schaut wieder ganz fröhlich drein. «Es war nur ein kurzer Moment von … Ach, ich weiß auch nicht genau … Das Fest der Liebe stresst einfach … Schau doch mal auf die Liste», wechselt sie das Thema. «Wo müssen wir hin?»
«In die Buchhandlung und anschließend zu
Clara
, in die Kinderabteilung», antworte ich. «Dort hat Katja niedliche Pullis für die Jungs gesehen.»
«Okay, dann los, vielleicht bleibt dann noch Zeit für eine Kaffeepause … Obwohl
Clara
eigentlich kein politisch korrekter Laden ist. Die meisten Produkte werden unter menschenverachtenden Bedin…»
«Lass gut sein», stoppe ich ihren missionarischen Eifer. «Heute überlassen wir die Rettung der Welt mal den anderen. Außerdem ist ja nicht gesagt, dass wir das Zeug bekommen.»
Die Bücher zu erstehen, dauert inklusive Warten an der Kasse keine halbe Stunde. Doch die Pullover sind tatsächlich ausverkauft – als ob ich es geahnt hätte.
Zu meiner Überraschung gibt Madeleine nicht so schnell auf. «Vielleicht liegen noch welche im Lager rum, wir fragen mal.»
Während wir den total überheizten Laden nach einer kompetenten Mitarbeiterin durchsuchen, schwitze ich in meinem viel zu dicken Mantel als wäre Hochsommer. Aber weder die Mädchen an den Umkleidekabinen noch die beiden Damen an den Kassen wissen etwas über den aktuellen Warenbestand und verweisen uns an die Filialleiterin. Bis wir die hektisch telefonierende Chefin, Typ fadendünner Kleiderständer, endlich aufgespürt haben, trage ich den Mantel unterm Arm, stehe aber dennoch kurz vor dem Hitzekollaps.
«Wir suchen die rot-grünen Kinderpullis», schnaufe ich unwirsch, ohne mich lange mit Höflichkeiten aufzuhalten.
«Meinen Sie die Weihnachtspullis? Hahaha …» Sie presst das Mobiltelefon an ihren flachen Busen und lacht hysterisch, als habe ich nach frischen Erdbeeren mit Sahne gefragt. «Die sind leider schon laaange weg. Da hätten Sie im September kommen müssen. Aber …» Sie klimpert mit den aufgeklebten Wimpern. «Versuchen Sie es in den anderen Filialen … Schwabing … OEZ … oder im PEP !» Eine höfliche Verschlüsselung für:
Verschwinden Sie endlich, ich habe keine Zeit für doofe Kundinnen, die zwei Wochen vor dem Fest noch Weihnachtspullis wollen.
Langsam kriecht der gefürchtete Weihnachtsstress an mir hoch, und ich bin kurz davor, auch rumzumeckern. Volle Geschäfte, supergenervtes Personal, überall ist es heiß wie in den Tropen, und zum dicken Wintermantel muss man auch noch die Einkäufe schleppen. Die immensen Temperaturunterschiede geben einem dann den Rest.
Draußen atme ich erst mal tief ein. «Puh!»
«Soso, Weihnachtspullis für den Kindergarten.» Madeleines ironische Stimme dringt in mein hektisches Luftschnappen. «Du glaubst doch nicht im Ernst, dass Jan und Eric die Dinger im neuen Jahr noch anziehen? Katja will die Teile
ausschließlich
für Heiligabend, oder? Aber das ist mal wieder typisch für sie. Dich nach Zeugs suchen lassen, das längst ausverkauft ist, und den armen Bernd nach einem Baum, den keiner kennt.»
«Auf der Liste steht nur: rot-grüne Pullis bei
Clara
, deshalb hatte ich keine Ahnung, dass es sich um spezielle Pullis handelt, ehrlich», verteidige ich mich. «Aber wenn sie ohnehin ausverkauft sind, ist es müßig, darüber zu diskutieren.»
Madeleine lächelt versonnen, als habe sie im Kampf gegen ihre Schwester gewonnen. «Dann willst du nicht in den anderen Filialen nachfragen?»
«Nein, denn ich habe wenig Lust, auf Verdacht kreuz und quer durch die ganze Stadt zu düsen. Und meiner Meinung nach war die Auskunft ein höfliches Hinauskomplimentieren. Halte bitte mal …» Ich reiche ihr Schirm, Handtasche und Büchertüte, damit ich die Hände frei habe, um den Mantel anzuziehen. «Sie wollte uns schnellstens loswerden.»
«Keine Pullis!» Sie reißt die Augen auf. «Mamilein, das klingt ja, als würden die Jungs überhaupt keine Geschenke von dir bekommen. Katja wird ausflippen. Keine silbernen Gurken
und
keine Pullis.» Sie kichert albern. «Obercool, dass du endlich mal gegen Miss Perfekt rebellierst …»
«Moment!» Ich nehme meine Sachen zurück. «Die Pullover sind nicht gestrichen. Irgendwo werden wir doch zwei rot-grüne Teile für kleine Buben
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