Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)
bedauernswerten Schwager gefallen!»
Solveig verkneift sich ganz offensichtlich ein Lachen und guckt amüsiert zwischen uns beiden hin und her.
«Nur, wenn
du
Weihnachten dableibst», antworte ich grinsend, «und wir es als
dein
Geschenk deklarieren können. Du könntest dann deinen Kopf für den Anpfiff hinhalten.» Zu Solveig sage ich: «Ich nehme die Ringelmützen für Jan und Eric. Für Katja eine rote und Bernd bekommt die grüne.»
Madeleine schmollt übertrieben: «Schade …»
«Ich find’s irre lustig», sagt Solveig tröstend. «Wenn du einverstanden bist und kein Copyright dran hast, würde ich
Weihnachtsjunkie
gerne verwenden. Könnte mir vorstellen, dass genügend Kunden drauf abfahren.»
«Na klar, mach mal.» Madeleine guckt triumphierend.
«
Ich
kann auch drüber lachen», bestätige ich. «Trotzdem habe ich keine Lust zu erleben, wie deine Schwester drauf reagieren würde. Und ob es dann ein lustiger Heiligabend werden würde, wage ich zu bezweifeln.»
Damit ist die Diskussion beendet, und wir verabschieden uns von Solveig. «Die Mützen hole ich am Sonntag ab.»
Als wir den rosa Weihnachtsmarkt verlassen, dirigiert mich Madeleine Richtung Holzplatz. «Wo ich schon mal in der Gegend bin, würde ich doch ganz gerne in der Apotheke vorbeischauen. Robert kann mich beraten, was in einer Reiseapotheke nicht fehlen sollte.»
«Ah, und neugierig auf ihn bist du wohl gar nicht?», frage ich lauernd.
«Nee!» Ein wenig zu heftig schüttelt sie den Kopf. «Warum sollte ich? Aber du hast mir nichts von deinem Treffen mit dem alten Hirsch erzählt.»
«Warum sollte ich?», antworte ich mit ihren Worten. «Friedrich und ich sind uns zufällig über den Weg gelaufen, als ich Papas Grab und er das seiner Frau besucht hat.»
«Soso, auf dem Friedhof … zufällig …», schmunzelt sie.
Kurz vor achtzehn Uhr erreichen wir die Apotheke. Robert will gerade schließen und freut sich über unseren Besuch. Madeleine erkennt er erst, als ich sie ihm vorstelle.
Nach den ersten Verlegenheitsfloskeln und der Beteuerung, dass sie auf der Straße aneinander vorbeigelaufen wären, erblickt Madeleine die Spendensammeldose neben der Kasse. Es dauert keine zwei Minuten, bis die entdeckten Gemeinsamkeiten die beiden in einem angeregten Gespräch vergessen lassen, dass ich auch noch da bin. Wäre Katja hier, würde sie lästern, dass sich zwei Weltverbesserer gefunden haben.
Ich hingegen habe genug für heute. Total erschöpft entschuldige ich mich. «Seid nicht böse, wenn ich mich verabschiede. Ich muss die Beine hochlegen und mich mit einer Erfrischungsmaske wiederbeleben.»
19. Dezember, Donnerstag,
noch 5 Tage bis Weihnachten
Heute fiebere ich dem Ende meiner Packschicht sehnlicher entgegen als an anderen Tagen. In Jan und Erics Kiga, wie Katja das «Kinderland der Phantasie» abkürzt, findet das alljährliche Krippenspiel statt. Da möchte ich auf keinen Fall zu spät kommen. Um fünf beginnt die Vorstellung, und vorher helfen Eltern, Tanten oder Großeltern bei Kostümen und Maske. Den Gästen werden alkoholfreier Kinderglühwein und die selbstgebackenen Plätzchen gereicht. Ich kann nur hoffen, dass sich alle von der kunterbunten Glasur täuschen lassen und niemand den fehlenden Zucker in unserem Diätgebäck bemerkt.
Der Kindergarten befindet sich unweit von Katjas Wohnung und wurde in den 70 er Jahren im Zeitalter der alternativen Erziehung gegründet. Von dieser wilden Epoche zeugt nur noch der phantasievolle Name und das idyllische Baumhaus in dem weitläufigen Garten. Ansonsten hat sich das Kinderland zu einer ganz normalen, wenn auch privaten und teuren Betreuungseinrichtung für Vorschulkinder gewandelt. Anstatt wie früher, wo die Kleinen ohne Aufsicht oder Förderung durch Haus und Garten tobten, wird heute besonderer Wert auf schöpferische Kreativität und Vorstellungskraft gelegt, weshalb Katja die beträchtlichen Kosten gerne in Kauf nimmt. Der Höhepunkt des Jahres ist eben jenes Krippenspiel, bei dem Jan und Eric zum ersten Mal mitwirken. Im letzten Jahr war Jan nur Schäfchen, und Eric besucht ja erst seit September den Kinderladen. Eigentlich ist es nicht üblich, die «neuen» Kinder gleich Sprechrollen spielen zu lassen, aber Eric sei ungewöhnlich begabt und im Zusammenspiel mit seinem Bruder einfach hinreißend, hat Katja berichtet. Als stolze Oma besteht für mich da ohnehin kein Zweifel, und ich kann es kaum erwarten, meinen süßen Enkeln bei ihrem Auftritt zuzusehen.
Als ich
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