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Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Titel: Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bluhm
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ergattern.»
    Sie zuckt die Schultern. «Schade, ich dachte … Ach, egal …»
    «Was?»
    Sie grinst provokant. «Dass du Katjas Anweisungen einfach mal ignorierst und die Geschenke nach deiner Vorstellung aussuchst.»
    Genau das hatte ich ursprünglich vor, in einem kurzen Anfall von: Ich-bin-es-leid-immer-die-fügsame-Oma-zu-sein. Aber als Katja mir die Liste übergab, erwachte das Muttertier in mir. «Das werde ich ja wohl müssen, wo die gewünschten Sachen ausverkauft sind», erkläre ich.
    Es bleibt bei der Absicht. Fünf Geschäfte und eine Stunde später sind Bücher und Weihnachtsgurken in der falschen Farbe mein einziger Einkauf. Offensichtlich werden dieses Jahr alle kleinen Jungs in rot-grünen Pullis unter den Christbäumen sitzen. Nur meine Enkel nicht.
     
    Um zu überlegen, was ich stattdessen schenken könnte, und nicht zuletzt wegen meiner müden Beine, gönnen wir uns einen kleinen Zwischenstopp im Café
Glockenspiel
, das gegenüber des Rathauses in der fünften Etage liegt. Wir haben Glück. Während des Christkindlmarkts trinkt das Volk lieber Glühwein und futtert Bratwürstel, deshalb ist es hier oben angenehm leer.
    Bei Cappuccino und einer Auswahl Weihnachtsplätzchen genießen wir den idyllischen Blick auf den Christkindlmarkt. Es fallen sogar einige Schneeflocken. Madeleine knabbert an einem Vanillekipferl, während sie das bunte Treiben zwischen den Ständen beobachtet. «Ziemlich romantisch, so aus der Entfernung und ganz ohne Rempelei», stellt sie fest. «Eigentlich sollte man sich das nur mit sicherem Abstand ansehen.»
    Ich strecke meine brennenden Beine aus und löffle genüsslich den Milchschaum aus der Tasse. «Hmm, mir gefällt es so auch am besten. Solange man nicht aus dem Fenster schaut, kann man sich einbilden, alles heil überstanden zu haben.»
    «Und, was legst du den Jungs jetzt unter die beknackte Coloradotanne? Oder kommst du mit leeren Händen und riskierst den Streit des Jahrhunderts? Quatsch, was sage ich, das Drama des Jahrtausends! Katja würde dich in die eisige Winternacht jagen.»
    «Du übertreibst», entgegne ich, stelle mir die Szenerie aber spaßeshalber mal vor. Keine Geschenke von Oma unterm Baum!? Jan und Eric würden vielleicht nicht sofort merken, dass die Päckchen von mir fehlen. Im Gegensatz zu Katja. Sie würde in der ersten Sekunde noch an einen Irrtum glauben, dann die Unglaublichkeit kapieren und mir anschließend weinend vorwerfen, dass sich ihr Vater im Grab umdrehe.
    «Na gut, um dieses Risiko zu vermeiden, bekommen die Kinder was anderes», entscheide ich lachend.
    «Würden dir Mützen und Schals gefallen?», fragt Madeleine. «Das wäre auch was Gestricktes. Ich wollte nämlich Schals stricken, und da ich noch nicht angefangen, ja nicht mal die Wolle gekauft habe, wäre ich bereit, ein rot-grünes Muster zu wählen. Du könntest Mützen und Handschuhe dazu schenken. Das wäre etwas Praktisches, das vielleicht auch zwei, drei Winter lang passt.»
    Selbstgestricktes! Das ist die Lösung. Warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen?
    «Kannst du dich an Solveig Hirsch erinnern?», frage ich.
    «Die von der Apotheke?», entgegnet sie. «Katja hat doch immer mit der gelernt. Und an den wahnsinnig attraktiven Bruder kann ich mich auch erinnern. In meiner Klasse waren eigentlich alle Mädchen in ihn verknallt. Ich muss zugeben, dass ich ihn auch ziemlich schnuckelig fand …» Sie guckt verträumt aus dem Fenster. «Und er hat nichts anbrennen lassen. Im Winter hat er zum Beispiel Hustenbonbons und im Sommer Zahnpflege-Kaugummi gegen Küsse verteilt. Natürlich nur an die größeren Mädchen. Ich war ja mindestens vier Klassen unter ihm, für den war ich noch unsichtbarer als Luft.»
    Na, so was? Ich hatte ja keine Ahnung von ihrer Schwärmerei. «Robert hat inzwischen die Apotheke übernommen», berichte ich. «Geh doch mal vorbei und sag hallo. Er sieht immer noch sehr attraktiv aus und ist Single. Geschieden, um genau zu sein.»
    Gleichgültig zuckt sie die Schultern. «Seit ich in der Haidhausener WG wohne, ist das gar nicht mehr meine Einkaufsgegend. Und Medikamente bestelle ich sowieso im Internet. Wie auch immer, ich habe von Stricksachen für Jan und Eric gesprochen. Wie kommst du auf Pharmazie? Ist ein ziemlicher
Umweg
, wenn man so will.» Sie guckt mich irritiert an.
    «Kein Umweg», antworte ich und erzähle von Solveigs Stand auf dem Stephansplatz. «Alles selbst hergestellt, also auch made in Germany, was dir doch bestimmt

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