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Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Titel: Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bluhm
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nicht doch mitgekommen zu sein.»
    «Ich habe ihn hoffentlich nicht mit meiner Erkältung angesteckt?», erkundige ich mich alarmiert.
    «Nein, nein», antwortet Robert. «Er betreut die Apotheke, damit ich rechtzeitig hier sein konnte. Allerdings geht es dem armen Churchill nicht besonders gut, und Paps will ihn im Moment nicht alleine lassen … Du hast also auch Kinder hier?», wendet er sich wieder an Madeleine.
    Sie lächelt ihn verlegen an. «Keine eigenen, es sind die Jungs meiner Schwester, die heute mitspielen.»
     
    Ungefähr sechsjährige Zwillingsmädchen in niedlichen Sonntagskleidern mit roten Schleifen in den Haaren tauchen Hand in Hand vor uns auf wie zwei kleine Gastgeberinnen. «Getränke und Kekse … wo das Krippenspiel ist … am Bü… am Büf…», stammelt eine der beiden mit vor Aufregung rot glühenden Wangen, worauf uns die andere souverän unterrichtet: «Im kleinen Spielzimmer, da am Tisch, wo die Sachen zum Essen drauf stehen.» Sie streckt den Arm aus, um uns die Richtung zu zeigen.
    Wir bedanken uns und begeben uns in das Spielzimmer. Der «Tisch, wo die Sachen zum Essen drauf stehen» sind drei zusammengeschobene Holzkommoden, die mit Bettlaken verhüllt und einer Lichterkette dekoriert wurden. Zwischen den Tellern liegen Tannenzweige, Sterne aus Goldpapier und großzügig verstreuter Goldflitter.
    Ich wende mich an Robert. «Deine Tochter besucht also auch das Kinderland?»
    «Ja, und sie darf heute als Schäfchen auf der Bühne sitzen. Eine befreundete Mutter kümmert sich ums Kostüm, ich bin da ziemlich ungeschickt. Meine Exfrau kann aus beruflichen Gründen leider nicht hier sein.» Bei den letzten Worten entspannt sich seine Miene deutlich. Die meiner Tochter ebenfalls. «Meine Ex hat eine Parfümerie in der Innenstadt. Nach der Scheidung ist sie mit unserer Tochter in die Mozartstraße umgezogen, unterhalb der Theresienwiese. Sie hat Sarah dann gleich hier angemeldet, aber erst vor wenigen Wochen einen Platz bekommen», erzählt er weiter, während er uns zuvorkommend mit lauwarmem süßem Kinderglühwein versorgt, der in hellblauen Plastikbechern bereitsteht.
    «Oh, sieh mal … Eulen, Schiffe, Schwerter. Ob das Dekoplätzchen sind?», höre ich jemand hinter mir zischeln. «Lustige Formen. Endlich mal was anderes, aber der schrill-bunte Zuckerguss sieht … na ja, irgendwie … ungenießbar aus.»
    Möglichst unauffällig drehe ich mich um. Eine übermäßig elegant gekleidete junge Frau in einem dunkelblauen Satinkleid und dicker Perlenkette starrt angewidert auf
meine
Kekse.
    Die Freundin, im weißen Abendsmoking mit Strasskette um den schlanken Hals, greift mit spitzen Fingern danach und schnüffelt dran. «Riechen süß, sehen für meinen Geschmack aber beinahe giftig aus.»
    Natürlich sind die giftig, wie sonst kann man Kinder vom Naschen abhalten
, feixe ich im Stillen und sage beiläufig: «Wenn sie tatsächlich giftig wären, würden sie bestimmt nicht hier liegen. Oder glauben Sie, dass irgendjemand so dumm ist, und unseren Nachwuchs vergiftet, der später mal unsere Rente bezahlen wird?» Ich nehme eines und beiße hinein. «Mmmh. Zuckerreduziert.»
    «Echt?», fragt Madeleine scheinheilig und bedient sich auch.
    Sofort greifen die Damen danach.
    «Die haben wir gebacken», flüstere ich Robert zu.
    «Und den Zucker im Teig vergessen», ergänzt Madeleine leise.
    Schmunzelnd zwinkert Robert uns zu und greift nach einem prächtig glasierten Piratenschiff. «Was für köstliches Diätgebäck. Sicher von
Dallmayr
», schwärmt er kauend.
    «Hmm … Nicht schlecht … Doch ja, lecker», bestätigen die beiden.
    «Das Spiel beginnt in wenigen Minuten. Bitte die Plätze einnehmen!»
    Die Aufforderung einer Kindergärtnerin beendet die fröhliche Probierkomödie.
    Robert eilt in die «Maske», um noch mal nach seiner Tochter zu sehen. Madeleine und ich bringen die Plastikbecher in die Küche (worum man auf dem gemalten Pappschild gebeten wurde) und begeben uns dann in den großen Raum. Zuerst fällt mir der zimmerhohe Christbaum auf, der aber keine Coloradotanne sein kann. Sieht eher wie eine von Katja als Allerweltsbaum verteufelte Nordmanntanne aus. So viel «Fachwissen» besitze ich inzwischen auch. Trotzdem verbreitet sie weihnachtliche Stimmung mit der bunten Lichterkette, den Glanzpapier- und Strohsternen. Ringsum an den Wänden prangen farbenfrohe Zeichnungen rund um Weihnachten, signiert von den kleinen Künstlern.
    Die Sitzplätze mit der besten Sicht in

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