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Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Titel: Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bluhm
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ihre von Kummer geschüttelte Tochter zu trösten, und hört gar nicht hin. Mit dem weinenden Kind auf dem Arm entfernt sie sich, ohne das Drama weiter zu kommentieren.
    Genau in diesem Moment taucht Bernd neben uns auf. Er wirkt leicht erhitzt, als käme er vom Joggen. «Hat es schon angefangen?», fragt er schnaufend, während er Schal und Mantel ablegt.
    «Wo kommst du denn her?» Katja funkelt ihn wütend an. «Eine Stunde zu spät!»
    Bernd scheint an einen Scherz zu glauben. «Quatsch, oder? Du hast doch achtzehn Uhr gesagt. Und jetzt ist es erst kurz davor …»
    «Ja, dass es bis sechs Uhr
dauert
. Du hast mal wieder nicht zugehört und außerdem die Spielgruppe im Stich gelassen!», schleudert sie ihm in eisigem Ton entgegen. «Wenn Madeleine nicht für dich eingesprungen …»
    «Papa, hast du mich gesehen?» Eric zupft an Bernds Hosenbein. «Ich hab nix vergessen …»
    «Leider nicht, mein Schatz, ich bin zu spät gekommen …»
    «Waruuuhum?», will Eric wissen.
    «Ja, warum eigentlich?», fragt jetzt auch Katja. «Wo warst du den ganzen Nachmittag? Ich hab versucht, dich auf dem Handy zu erreichen, doch es sprang immer deine bescheuerte Mailbox an.»
    «Wie gesagt, ich dachte die Vorstellung beginnt erst jetzt. Deshalb habe ich die Zeit genutzt, um noch mal nach
deiner
Coloradotanne zu suchen. Ich war den ganzen Nachmittag unterwegs, habe gefühlte dreihundertsiebenundachtzig Baumhändler abgeklappert und …»
    Katjas Miene entspannt sich und ihre blauen Augen leuchten versöhnlich auf. «Du warst erfolgreich?»
    Bernd nickt. «Also, ich glaube …»
    «Was heißt du glaubst? Ist es eine Coloradotanne, oder nicht?»
    Mir reicht’s. Ich verspüre wenig Lust, in einen Ehestreit zu geraten, und verabschiede mich mit der Entschuldigung, morgen einen anstrengenden Tag zu haben. «Der letzte Freitag vor Heiligabend», verkünde ich augenrollend. «Da stürmen alle Last-Minute-Käufer der Stadt und Umgebung die Läden, und ich muss ausgeschlafen sein.» Bevor ich das Kinderland verlasse, suche ich noch nach Madeleine, die nicht zu finden ist. Anscheinend verspürte auch sie wenig Lust auf Katjas angespannte Verfassung und hat sich aus dem Staub gemacht.

20. Dezember, Freitag,
noch 4 Tage bis Weihnachten

    Zwei Kolleginnen krank. Im Akkord Geschenke verpackt. Ich hasse Weihnachten!

21. Dezember, Samstag,
noch 3 Tage bis Weihnachten

    «Wie viele?», frage ich Lissy, die heute wieder auf dem Damm ist und mich beim Verpackungs-Endspurt unterstützt. Es ist kurz vor Ladenschluss, und vor zehn Sekunden haben wir für den letzten Kunden sieben Geschenke verpackt.
    «Neunundneunzig Luftballons!», trällert sie. «Und du?»
    «Einhundertzehn! Eins noch, dann hätte ich die Schnapszahl geschafft.»
    Wir haben uns nämlich heute das zweifelhafte Vergnügen gegönnt, die Päckchen per Strichliste zu zählen. Eine Extraprämie wird das zwar nicht einbringen, aber so ein kleiner Wettbewerb macht Spaß, und es ist ja auch nicht uninteressant, genauer zu erfahren, was wir so leisten. Schade, dass wir nicht alle im Dezember verpackten Geschenke zu einem Berg auftürmen und fotografieren können. Wäre sicher ein lustiges Bild. Ich überlege gerade, ob ich diese Blitzidee der Personalchefin als Werbegag für nächstes Jahr vorschlagen sollte, als Madeleine unerwartet auftaucht. Gestern im Kindergarten und heute am Packengel-Stand, wenn sie so weitermacht, wird sie noch zur Überraschungskünstlerin.
    «Hallo, Mamilein!» Sie strahlt mich an. «Schon Feierabend, oder kannst du noch was für mich einpacken?»
    «In wenigen Minuten wird die Auf-Wiedersehen-Durchsage ertönen, dann ist Schluss für heute. Aber wieso fragst du, verteilst du etwa doch noch Weihnachtsgeschenke?», erkundige ich mich amüsiert und freue mich, dass es doch noch klappt mit der Schnapszahl. «Ich dachte, du beschenkst nur deine Neffen. Oder hast du ein Präsent für deinen Chef erstanden, als Dankeschön für die Karibik-Reise?»
    Sie legt eine Tüte auf den Packtisch und entnimmt einen Karton Glühweintassen mit Weihnachtsmotiven. «Für meine liebe Schwester!»
    Ich glaube, mich verhört zu haben. «Ein Scherz?», hake ich ungläubig nach.
    «Nein! Und bitte, ganz besonders schön einpacken, damit unser Weihnachtsjunkie den doppelten Spaß hat. Ich begleite dich nämlich zu Katjas feierlicher Weihnachts-Generalprobe!», verkündet sie fröhlich.
    Ein Weihnachtswunder! An das ich trotz des vor mir liegenden Beweises noch nicht so recht

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