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Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Titel: Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bluhm
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Traumhaaren nach muss das die «doofe Jasmin» sein. Mit dieser Haarpracht ist sie natürlich die Traumbesetzung für die Rolle, dagegen kommt auch die schönste Perücke nicht an. Über Josefs schmalen Schultern hängt eine braune Decke, die mit einer Schnur am Hals und einem Gürtel in der Taille zusammengehalten ist.
    «Ach, Josef, ich bin so müde», seufzt Maria bitterlich.
    Ein kindlicher Engel im weißen langen Hemd erscheint mit einem Goldpapierstern an der Stange, läuft zum Stall und bleibt dort stehen.
    «Meine arme, liebe Frau», sagt Josef und deutet auf den Stern. «Da ist ein helles Licht … dort … ähm … finden wir vielleicht … ähm … einen Platz für dich … ähm … zum Schlafen …», stammelt er seinen Text.
    «Die suchen bestimmt ein … einen Campingplatz», sagt Eric.
    «Du ssollsst doch
Nachtlager
ssagen», verbessert Jan lispelnd.
    Das Publikum kichert hinter vorgehaltenen Händen. Ich muss mich sehr zusammenreißen, um nicht laut zu lachen vor Vergnügen.
    «Die suchen ein Bett», sagt Eric.
    «Falss …» Jan schüttelt heftig den Kopf. «Hier ssind nur sswei Heuhaufen ssum Sslafen …», verkündet er.
    «Ich tausche gegen ein Wurstbrot», sagt Eric.
    Robert kann sich nicht zurückhalten und lacht kurz auf, wie auch einige andere Zuschauer.
    «Das heißt Kanten Brot», korrigiert Jan erneut.
    «Ich mag aba nur Wurstbrot», beharrt Eric.
    Mir entschlüpft ein leises Lachen über die hinreißende Interpretation des Krippenspiels.
    Maria und Josef sind am Stall angelangt.
    «Wer seid Ihr?», fragt Jan.
    «Ihr lieben Hirten, meine Frau ist schwanger …», jammert Josef.
    Maria tätschelt ihren Kissenbauch. «Wir sind so müde.» Sie gähnt und hält sich dabei wohlerzogen die Hand vor den Mund. «Ich bekomme ein Baby.»
    «Wie süß», tuschelt jemand vor mir.
    «Bitte, liebe Hirten, dürfen wir hierbleiben?», fleht Josef, dass auch der Hartherzigste weichwürde.
    Jan erhebt sich umständlich. «Ssohn gut», sagt er großherzig und deutet auf seinen «Heuhaufen». «Hier … setz dich …»
    Erschöpft vom langen Weg schlurft das Pärchen in den Stall. «Seid bedankt, ihr lieben Hirten», sagt Josef.
    Die Schäflein meckern zur Begrüßung.
    Maria lässt sich auf dem frei gewordenen Heuhaufen nieder, hält sich eine Hand auf den Rücken und stöhnt auf, wie unter heftigsten Wehenschmerzen.
    Das Licht wird schwächer, bis nur noch ein ganz winziger Punkt zu sehen ist.
    «Freuet euch, ihr Menschen», liest die Kindergärtnerin aus ihrem Buch. «Heute wird der Heiland geboren.» Dazu ertönt der Gospel-Klassiker «Oh happy day», und die Schafe meckern freundlich.
    Das Publikum applaudiert begeistert.
    «Ist das nicht eine unglaublich kreative Inszenierung?», fragt Robert flüsternd. «Ich bin total gerührt.»
    «Ich auch», antworte ich leise und wische mir verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel.
    Die ersten Zuschauer fangen an zu klatschen, doch die Sprecherin hebt die Hand zum Zeichen, dass das Spiel noch nicht zu Ende ist. «Und von weit her kamen Könige, um das Kind zu ehren und reich zu beschenken», schildert sie den Fortlauf der Geschichte.
    Das Licht wird wieder heller und die Heiligen Drei Könige treten auf. Gekleidet in prächtige Umhänge aus alten Vorhängen, die mit Silber- und Goldpapiersternen beklebt wurden, und mit Kronen aus ähnlich glänzendem Material auf den kleinen Häuptern. Der schwarze König ist eine Königin, ein dunkelhäutiges Mädchen, die einen altmodischen bodenlangen Nerzmantel trägt, vermutlich von der Oma spendiert. Statt eines Turbans sind ihre Kräusellocken mit einer goldenen Kordel hochgebunden und kunstvoll mit einer glitzernden Strasskette dekoriert.
    «Sie brachten alles, was ein Neugeborenes zum Leben braucht», liest die Kindergärtnerin aus dem Buch.
    Die Könige halten glänzend verpackte Geschenke in den Händen. Das Präsent der schwarzen Königin ist besonders groß, was allgemeines Tuscheln auslöst. Begleitet von Schafgemecker betreten sie den Stall und beugen ihre Knie vor der Krippe, um die notdürftig mit etwas Heu bedeckte nackte Babypuppe zu betrachten. Nacheinander übergeben sie ihre Gaben an Maria. Sie packt zuerst die kleinste aus. Heraus kommt eine richtige Babyflasche und ein hellblauer Schnuller.
    «Oh, wie schön», freut sie sich und legt die Gaben in die Krippe. Sie strahlt auch über das nächste Geschenk, eine Packung Trockenmilch. Neugierig öffnet sie dann das große Paket der schwarzen

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