Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)

Titel: Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bluhm
Vom Netzwerk:
vorgeschlagen, mit ihr in die Karibik zu fliegen. «Sag mir lieber, wo ich jetzt einen neuen Christbaum herkriege?»
    «Ebersberger Forst», antwortet Madeleine. «Dort kann man sich einen der Auslichtungsbäume aussuchen und dann selber schlagen. Das macht nicht nur großen Spaß, sondern ist außerdem auch noch ökologisch korrekt. Die Bäume aus den Monokulturen richten nämlich immensen Schaden an. Abgesehen von dem Irrsinn, einen Baum zehn Jahre lang aufzuziehen, damit er dann in überheizten Wohnzimmern den Zwei-Wochen-Tod erlei…»
    «Verschone mich mit deinem Weltverbesserungstrip!», unterbricht Katja sie zynisch. «Ich muss dich leider enttäuschen, liebe Schwester. Die Welt kann nicht gerettet werden, nur weil keiner mehr kultivierte Bäume kauft.»
    «Möglich, aber es wäre ein Anfang», beharrt Madeleine trotzig. «Und statt dämliche Tannen zu züchten, welche Sorte auch immer, könnte man Laubbäume aufziehen, um die Wälder aufzuforsten.»
    «Wie auch immer», entgegnet Katja. «Die Auslichtungsbäume sind doch alle mickrig und schief gewachsen, deshalb werden sie schließlich ausgelichtet. Ich hätte aber gerne einen schönen …»
    «Und ich hätte gerne etwas zu essen», fahre ich jetzt mit erhobener Stimme in den Schwesternkrieg, der mir langsam gehörig auf den Keks geht. «Mein Magen knurrt.»
    Meine Enkel stimmen sofort in die Klage ein und fordern lautstark Kartoffelsalat und Würstel.
    «Und gaaanz viel Ssenf», verlangt Jan.
    «Schon gut, schon gut … Aber was ist mit dem da?» Sie deutet auf den umgekippten Baum.
    «Darum kümmern wir uns», schaltet Bernd sich nun ein. «Nicht wahr, Ursel?»
    «Machen wir», sage ich.
    Madeleine, immer noch den Kleistertopf in einer Hand, hakt ihre Schwester mit der anderen unter und zieht sie Richtung Küche. «Komm, kleine Hausfrau, ab an den Herd. Aber flotti Karotti.»
    Katja sträubt sich diesmal nicht, und in schwesterlicher Eintracht schlendern sie davon. Friedlich. Dass ich das noch erleben darf!
    «Beeernd, wo hast du die Kartoffeln versteckt?», ertönt es kurz darauf zwischen Topfgeklapper.
    Mein Schwiegersohn, der die noch zu verwendenden Kerzen von den Ästen sammelt, zuckt zusammen. «Schei…benkleister … die Kartoffeln …»
    Einen Augenblick später steht Katja neben ihm. «Hast du sie im Auto vergessen?»
    «Ähm … also …», stammelt er und kratzt sich verlegen am Kopf.
    «Du hast keine eingekauft?», deutet Katja sein Gestammel. Und ihrem geröteten Gesicht nach zu urteilen, scheint sie gleich zu platzen. «Ich verstehe das nicht», poltert sie dann los. «Du hattest doch eine Einkaufsliste.»
    «Blöderweise habe ich die auch …»
    Erschöpft lässt Katja sich auf einem Sessel nieder und sinkt in sich zusammen, als habe die ganze Welt sich gegen sie verschworen.
    «Ich hol was von Mac-Doof oder bestell bei einem Lieferservice», schlägt Bernd vor. «Pizza, oder asiatisch. Dann brauchst du nicht zu kochen und kannst dich ausruhen. Es war alles ein bisschen viel heute.»
    Jan und Eric wollen Pizza, Madeleine lieber was Vegetarisches vom Asiaten. Mir ist alles recht, Hauptsache wir bekommen endlich was zu essen.
    «Fastfood?» Katja blickt ihren Angetrauten mit großen traurigen Augen an, als wolle er die Scheidung einreichen.
    Bernd zuckt hilflos die Schultern. «Na ja, Würstel alleine sind einfach zu wenig, und ein echtes Drei-Sterne-Menü sind sie ohnehin nicht, oder?»
    «Papa holt ’ne Pizza …», freuen sich Jan und Eric.
    Doch Katja lässt den Kopf sinken, kramt in ihrer Jeanstasche und fängt plötzlich an zu weinen. «Wenn du das tust …», schluchzt sie, «dann … dann …» Sie putzt sich geräuschvoll die Nase.
    «Bitte, Katja, das ist doch kein Drama», beschwichtigt Bernd sie. «Generalproben
müssen
schiefgehen, dann klappt die Premiere umso besser.»
    «Stimmt genau», bestätigt Madeleine. «Verpatzte Proben bringen Glück.»
    Ich nicke zur Bekräftigung und lächle meiner traurigen Großen aufmunternd zu.
    «Sind wir hier im Komödienstadel, oder was?» Sie schluchzt erneut auf und schickt Bernd und ihrer Schwester einen zornigen Blick zu. «Ihr zwei habt euch wohl gegen mich verschworen?»
    «Jetzt übertreibst du aber», antwortet Bernd kühl. «In deiner Weihnachtseuphorie ist dir anscheinend die Realität abhandengekommen.»
    «Die Sauerei tut mir echt leid, Katja», entschuldigt sich Madeleine betreten. «Es war einfach ein Reflex.»
    «Oma, warum weint die Mama?», fragt Eric ängstlich.

Weitere Kostenlose Bücher