Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)
deshalb erfreut. «Und jetzt aufpassen, dass wir den Wegweiser zum Campingplatz nicht übersehen», wende ich mich an Bernd.
Wie Friedrich erklärt hat, finden wir sein Häuschen ganz leicht, indem wir uns Richtung Campingplatz halten. Nach 500 Metern ginge ein Feldweg namens Seestraße links ab, der direkt auf sein Wochenendhaus zuführe. Nicht zu verfehlen. Notfalls sollten wir uns per Handy melden.
«Den Campingplatz müssten wir eigentlich bald erreichen», meldet sich Katja, nachdem Bernd die Autobahn verlassen hat.
Meinem Empfinden nach ist er schon viel zu weit auf der Landstraße gefahren.
«Hmm», brummelt er. «Kann nicht mehr lange dauern. Aber wegen des Schneetreibens fahre ich lieber langsam.»
«Sehr vernünftig», lobe ich und verdränge das unangenehme Gefühl, dass er die Abzweigung verfehlt hat. Soweit ich mich erinnere, hat Friedrich von einer Minute Fahrzeit nach der Autobahn gesprochen. Aber vielleicht täusche ich mich auch, und Bernd hat ja ein Navi. Eigentlich kann gar nichts schiefgehen.
Katja dreht sich leicht zu Bernd. «Ob wir das Schild übersehen haben? Ich bilde mir ein, Herr Hirsch hat gesagt, nach der Ausfahrt links abbiegen.»
«Und?», fragt Bernd und blickt stur geradeaus.
«Na ja, du bist rechts …»
«Ich muss Pipi», unterbricht Eric seine Mutter, und wie ich das von den beiden kenne, muss Jan natürlich auch.
«Wir sind gleich da!», vertröstet Bernd seine Söhne.
Keine Minute später drängeln sie erneut und dass es jetzt langsam gaaanz dringend wäre.
Mein Schwiegersohn gibt Gas. «Zählt mal langsam bis zehn, dann sind wir da», verspricht er.
«Will aba nicht zählen», jammert Eric.
«Ich mach gleich in die Hose», schnauft Jan gequält.
Katja wird nun auch nervös. «Jetzt fahr doch einfach bei der nächsten Möglichkeit rechts ran», kommandiert sie. «Oder sollen die Kinder mit nassen Hosen im Wald rumlaufen und sich den Tod holen?»
«Schon gut», grummelt Bernd kleinlaut.
Wenige Meter weiter findet er tatsächlich eine günstige Möglichkeit anzuhalten. Vom Seitenstreifen aus führt ein Weg nach einigen Metern in den Wald. Stotternd kommt der Wagen auf der freien Fläche zum Stehen.
«War das der Motor?», fragt Katja hellhörig.
«Nein, nur ein Ast oder so.» Bernd löst den Sicherheitsgurt und dreht sich zu uns nach hinten. «Pinkelpause!» Dann steigt er mit den Kindern aus und verzieht sich Richtung Bäume.
«Beeilt euch, flotti Karotti», gibt Katja ihnen mit auf den Weg. «Sag mal, Mama», wendet sie sich zu mir, als wir alleine sind. «Erinnerst du dich, in welche Richtung wir nach der Autobahn fahren sollten?»
«Ich meine, Friedrich hat nach links gesagt …»
«Genau!» Katja nickt mir zu. «Und das bedeutet, dass Bernd sich verfahren hat. Schöner Mist.»
Bernd kommt mit den Kindern zurück. «Ganz schön kalt, da draußen. Heißer Tee wäre schön.»
«Omaaa», hebt Eric an, als er wieder neben mir in seinem Kindersitz thront. «Pipi im Schnee sieht aus wie Zitroneneis. Hast du das gewuuuhust?»
«Nein, mein Schatz, ich hatte keinen blassen Schimmer», grinse ich. «Das ist ja toll.»
«Es war voll kalt, aber ich hab ein Muster gepinkelt», verkündet Jan stolz. «Und wenn jetzt ein Hirss vorbeikommt und dran ssnüffelt, weiß er, dass ich da war.»
«Jan-Georg, Eric-Anton, das reicht!», ermahnt meine strenge Tochter sie jetzt.
«Ihr seid zwei tapfere Pinkel-Helden!», versuche ich das Thema zu beenden.
Die Jungs kichern hinter vorgehaltenen Händen, weil sie genau wissen, wie sehr ihre Mutter derartig
unflätige
Späßchen hasst. Aber die zwei waren schon als ganz kleine Zwerge mächtig stolz auf ihre Töpfchen-Geschäfte. Erinnere mich nicht, dass die Mädchen so ein Tamtam gemacht hätten.
«Mist!», flucht Bernd plötzlich. «Erst streikt das Navi, und jetzt springt die Karre nicht mehr an.»
Katja mustert ihn fragend. «Wieso?»
Wortlos zuckt er die Schultern, während er einen neuen Versuch startet, der leider fehlschlägt.
«Seltsam, der Wagen war doch letzte Woche in der Inspektion», bemerkt sie.
«Mama», meldet Jan sich. «Ich will was trinken.»
«Ich auch», schließt Eric sich an.
Katja angelt zwei kleine Flaschen Wasser aus ihrer Handtasche und reicht sie in den Fond.
«Aba, das ist sooo kalt», quengelt Eric. «Ich will liba Kakao.»
«Ich auch und was essen», fordert Jan.
«Tut mir leid, Kinder, für den kurzen Ausflug habe ich keinen Picknickkorb gepackt», bedauert Katja. «Außerdem habt
Weitere Kostenlose Bücher