Die hässlichste Tanne der Welt (German Edition)
ihr vor einer Stunde Mittag gegessen, und wenn wir bei Sarahs Opa sind, bekommt ihr was.»
Über das Hin und Her, was Friedrich uns anbieten wird, vergehen einige Minuten, in denen Katja nicht weiter darauf achtet, dass Bernds Schwierigkeiten mit dem Wagen anhalten. Ich wundere mich über die Stottergeräusche, sage aber kein Wort, denn als Nichtautofahrerin würde ich ohnehin nur Blech reden.
«Also, wieso springt der Wagen denn nicht an?», wiederholt Katja ihre Frage dann doch ziemlich ungehalten.
«Ich bin Pädagoge und kein Kfz-Mechaniker», antwortet Bernd genauso unfreundlich.
«Aber du hast den Wagen doch letzte Woche zum Kundendienst gebracht, oder?», hakt sie nach.
«Wollte ich», brummelt Bernd. «Es gab keinen Termin. Im Dezember scheint die ganze Stadt ihre Autos durchchecken zu lassen.»
«Du hättest dich eben früher anmelden sollen», schimpft Katja. «Aber das wäre nicht passiert, wenn du nach der Ausfahrt links abgebogen wärst.»
«Blödsinn», wehrt er sich. «Außerdem habe ich mich noch nie verfahren. Mein Orientierungssinn ist legendär. Mich haben schon Brieftauben nach dem Weg gefragt.»
«Hoffentlich kam die Arme auch da an, wo sie hinwollte, und ist nicht unterwegs verhungert», kommentiert Katja abfällig grinsend.
«Sehr witzig», brummt Bernd.
Oh nein! Da liegt schon wieder Streit in der Luft. Und alles nur wegen dieser vermaledeiten Coloradotanne. Eilig mache ich den Vorschlag, Friedrich anzurufen.
Katja schüttelt den Kopf. «Er kann sicher auch nichts weiter tun, als den Pannendienst zu alarmieren. Und das wird unser genialer Fahrer wohl noch selber schaffen, oder?»
«Ist ja gut, ich rufe den ADAC an», erklärt Bernd, kramt in seiner Jacke, angelt sein Handy heraus und wischt dann drauf rum.
Er besitzt eines von diesen neuen Dingern, ohne Tasten aber mit Apps für alles Mögliche, wovon ich genauso wenig Ahnung habe wie von Autos. Zum Glück habe ich clevere Enkel, die ihrer altmodischen Oma die neue Zeit erklären können. Leider hat noch niemand eine App für Coloradotannen entwickelt.
Während mein Schwiegersohn mit dem Pannendienst spricht und unsere Position durchgibt, wird es langsam ungemütlich in dem sich abkühlenden Wagen. Nur die Jungs haben Spaß und malen Lachgesichter oder schiefe Tannenbäume an die von der Atemluft beschlagenen Scheiben. Nach einer Weile wird ihnen dann doch langweilig, zudem spüren sie die Kälte und fangen an zu nörgeln. Kalt. Hunger. Durst. Mein sensibles Großmutterherz fühlt mit ihnen, ändern kann ich es leider auch nicht. Also schlage ich vor, auszusteigen und einen Schneemann zu bauen, bis der ADAC -Mann auftaucht und den Wagen repariert. Wie ich hoffe, in der versprochenen halben Stunde.
Katja steigt mit uns aus, vermummelt die Jungs noch in Mützen, Schals und Handschuhe, dann dürfen wir starten. «Aber nicht im Wald oder da, wo ihr Pipi gemacht habt», gibt sie uns mit auf den Weg. «Das ist igittigitt!»
«Keine Sorge», beruhige ich sie. «Wir bleiben dicht am Wagen.» Außerdem wird es langsam dunkel, da wäre mir auch im Wald unheimlich.
Bernd stellt das Warndreieck auf, nimmt dann aber wieder hinter dem Steuer Platz. Katja setzt sich ebenfalls ins Auto und winkt den Kindern aufmunternd zu, die voller Begeisterung Schneebälle zu Kugeln rollen. Inzwischen suche ich kleine Tannenzapfen und Stöckchen für Arme und Nase. Gleichzeitig halte ich die Augen offen, dass sie nicht zu nah an die Straße gelangen, wo die Autos ununterbrochen vorbeirauschen. Nicht einer hält an. Anscheinend sieht es so aus, als würden wir lediglich ein Päuschen machen – trotz des Pannenzeichens.
Der erste Schneemann bekommt gerade ein Gesicht verpasst, als ein blinkender Wagen langsam ranfährt. Erleichtert atme ich auf. Durch die Bewegung ist mir zwar nicht mehr so kalt, aber es wird immer dunkler und höchste Zeit, den Forst zu erreichen. Sonst sehe ich definitiv
schwarz
für Katjas Christbaum.
Die Kinder verlieren natürlich sofort das Interesse an ihren Schneegebilden, als das große gelbe Auto neben unserem anhält. Der Mechaniker und die geöffnete Motorhaube sind viel interessanter, und sie wollen unbedingt bei der Reparatur zusehen. Ich klopfe mir den Schnee von den Stiefeln und setze mich zu meiner Tochter in den Wagen. Deren Laune ist mittlerweile auf den Gefrierpunkt gesunken.
«Bei solchen Erlebnissen wundert es nicht, dass die Scheidungsraten nach Weihnachten ansteigen», grummelt sie genervt vor sich hin.
«Sieh es
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