Die Haischwimmerin
hätte, Frieden zu geben, wenn der Frieden sich anbot. Vielmehr war er zierlich zu nennen. Zierlich und drahtig und mittelgroÃ. Er war ein guter Schwimmer und ein guter Läufer, auch ein guter Kletterer. Eher jemand, der sich auf die Bedingungen einlieÃ, als sie zu bekämpfen: einen Halt im Felsen suchend, wo dieser Halt auch vorhanden war. Während die meisten der Jungs, die jetzt zu ihm herüberglotzten, natürlich FuÃballer waren, somit gewohnt, einen Ball zu treten, beziehungsweise ein Bein. â FuÃball ist eine Krankheit, die über die Welt gekommen ist. Die Eleganz, die Grazie, die Intelligenz dieses Spiels ist ein Gerücht, das sich tagtäglich im Fernsehen als ein bloÃes entlarven läÃt. Es braucht auch nicht zu verwundern, daà selbst hochbezahlte Profis sich am Spielfeld und anderswo auf die schändlichste Weise benehmen und vor aller Augen Tätlichkeiten begehen. Das Begehen dieser Tätlichkeiten stellt ja den Sinn dieses Sports dar, wie die dauernden strukturgebenden Unterbrechungen beweisen. Die Spieler einer Mannschaft sind weniger auf das eigene Spiel konzentriert, das eigene Ballvermögen, als auf die Behinderung des Spielflusses des Gegners. Sogenannte geniale Spielzüge, Doppelpässe, Dribbeleien, famose Sturmläufe etc. sind ein Begleitprodukt, ein aus dem Handlungszwang der ballbesitzenden Mannschaft resultierendes Ornament. Die eigentliche Aktion allerdings geht immer von jenem Team aus, welches sich eben nicht im Ballbesitz befindet. Wenn ein Tor entsteht, dann dadurch, daà ein angreifender Spieler nicht rechtzeitig gefoult wurde. Die einzige Raffinesse besteht beim FuÃball darin, Gemeinheiten zu begehen, sich aber nicht erwischen zu lassen, beziehungsweise vorzutäuschen, Opfer einer solchen Gemeinheit geworden zu sein. FuÃball spiegelt die leidenschaftlich-kriminelle Verankerung des Menschen wider. Das Schlimmste am FuÃball freilich ist, daà er verbindet. Daà er verschweiÃt. VerschweiÃte Gebilde sind selten schön, etwa im Vergleich zu Objekten, die aus einem einzelnen Stein gemeiÃelt wurden.
Einem solchen verschweiÃten Gebilde stand Ivo nun gegenüber. Gerne wäre er aufgestanden und gegangen. Aber da setzten sich drei von den Burschen an seinen Tisch, von denen einer Ivo das bestellte Bier mitbrachte.
»Prost!«
Alle hoben ihre Gläser an. Wobei derart kräftig gegen das von Ivo geschlagen wurde, daà der Schaum gleich einem verspäteten Schneeschauer durch die Luft flog und Ivos Schulter benetzte.
»Was soll �«
»Sei kein Baby, Ivo!« rief einer. Offenkundig war sein Vorname bereits bekannt. Jemand anders meinte: »Ivo?! Das hört sich irgendwie jugoslawisch an, oder?«
Nun, Ivo war blond und hatte absolut nichts Südländisches an sich. Zudem war dieser Name alter deutscher Herkunft, stand allerdings ebenso für die serbische Kurzform von Johannes. Doch ohnehin sollte hier keine Namensforschung betrieben werden.
»Deine Freundin«, sagte nun ein anderer, »schaut richtig gut aus. Ein biÃchen unbefriedigt. Aber geil.«
»Muà das jetzt sein?« fragte Ivo. Er machte ein angewidertes Gesicht.
»Na, was glaubst du? Sicher muà das sein. Der Wahrheit ins Auge schaun. Und nachher ist das Auge blau von der Wahrheit.«
»Ich hab es nicht so mit dem Boxen«, sagte Ivo und stand auf.
»Setz dich, Aff!«
»Tut mir wirklich leid, aber sucht euch bitte ein anderes Opfer.« Ivo machte sich daran zu gehen.
Doch auch die anderen erhoben sich und stellten sich ihm in den Weg. Einer befahl: »Trink dein Bier.«
»Ich mag nicht.«
»Willst du uns beleidigen?«
»Wieso? Habt ihr das selbst gebraut, das Zeug?«
»Ich brau dir gleich deine Visage.«
Da kam die Kellnerin und erklärte, sie wolle keinen Ãrger. Immerhin sei Ivo Gast im Hotel. Doch es wurde ihr rasch klargemacht, wie wenig sie mitzureden habe. Daà sie verschwinden solle. â Sie ging.
»Holen Sie den Chef!« rief Ivo ihr nach.
»Machst du dir jetzt in die Hose, Kleiner?« spottete einer und ergänzte, wobei er unverkennbar in den Dialekt wechselte: »I hau dr glei ois uff dâGosch.«
Doch im Grunde fielen wenige solcher Phrasen. Entweder, weil man ja von Ivo, dem Ausländer, verstanden werden wollte, oder aber da die meisten im BewuÃtsein des parodistischen und lächerlichen Klangs der eigenen
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