Die Halidon-Verfolgung - Ludlum, R: Halidon-Verfolgung - THE CRY OF THE HALIDON
hellen Licht des jamaikanischen Mondes an. Er schien Alexanders Gedanken zu lesen. Oder dachte Sam an McAuliffs erste eigene Vermessung? Tucker war dabeigewesen. Sie hatte auf den Aleuten stattgefunden, im Frühling, und ein Mann war gestorben, weil Alex sein Team bei der Untersuchung der Gletscherspalten nicht streng genug gedrillt hatte. In jenem Frühling auf den Aleuten war Alexander Tarquin McAuliff sehr schnell erwachsen geworden.
»Bis später, Sam.«
Alison wartete im Bett, die Lampe auf dem Tisch war eingeschaltet. Neben ihr lag die Archivkassette, die er aus Carrick Foyle mitgebracht hatte. Nach außen hin machte Alison einen ruhigen Eindruck, aber es war unverkennbar, daß unter der Oberfläche ein heftiger Tumult tobte. McAuliff zog sein Hemd aus, warf es über einen Stuhl und ging zu dem Schalter an der Wand hinüber, mit dem der Ventilator an der Decke reguliert wurde. Er schaltete ihn ein. Die vier Flügel, die von der Decke herabhingen, begannen sich zu drehen. Das leise Surren hörte sich an wie das Rauschen der Brandung weit draußen. Er ging zu der Kommode, wo der kleine Eimer mit Eis stand, das schon fast geschmolzen war. Einige wenige Eiswürfel schwammen im Wasser, genug immerhin für ein paar Drinks.
»Möchtest du einen Scotch?« fragte er, ohne Alison dabei anzusehen.
»Nein, danke«, sagte sie mit ihrem weichen britischen Akzent. Weich, aber mit diesem Unterton des Understatements, der eine starke Rationalität signalisierte und sich durch die gesamte britische Sprache zog.
»Ich schon.«
»Das glaube ich.«
McAuliff goß den Whisky in eines der Gläser des Hotels, warf zwei Eiswürfel hinein und drehte sich um. »Um deiner Frage zuvorzukommen — ich hatte keine Ahnung, daß die Sache heute nacht so ausgehen würde.«
»Wärst du mitgegangen, wenn du es gewußt hättest?«
»Natürlich nicht. Aber jetzt ist es vorbei. Wir haben, was wir brauchen.«
»Das hier?« Alison berührte die Archivkassette neben sich.
»Ja.«
»Das, wovon du mir erzählt hast. Wovon dir ein sterbender Eingeborener erzählt hat. Wovon dem sterbenden Eingeborenen ein toter Fanatiker erzählt hat.«
»Ich glaube, du drückst das etwas zu kraß aus.« McAuliff ging zu dem Stuhl neben dem Bett und setzte sich ihr gegenüber. »Aber ich werde keinen der beiden verteidigen. Ich werde warten und herausfinden, was darin ist, und alles tun, was sie mir sagen, und abwarten, was passiert.«
»Du klingst ausgesprochen zuversichtlich. Ich kann mir nicht vorstellen, warum. Man hat auf dich geschossen. Ein paar Zentimeter weiter, und diese Kugel hätte dich getötet. Und jetzt sitzt du seelenruhig da und erzählst mir, daß du einfach abwarten willst, was passiert? Alex, um Gottes willen, was tust du da?«
McAuliff lächelte und trank einen großen Schluck von seinem Whisky. »Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber es ist passiert«, sagte er langsam. Mit einemmal war er sehr ruhig. »Das meine ich ernst. Ich habe eben gesehen, wie aus einem Jungen ein Mann geworden ist. In einer Stunde. Er hat einen schrecklichen Preis dafür bezahlt, aber es ist passiert ... Ich bin nicht sicher, ob ich es verstehe, aber ich habe es gesehen.
Es hatte etwas mit Überzeugung zu tun. Wir haben diese Überzeugung nicht. Wir handeln aus Angst oder aus Habgier oder aus beidem — jeder von uns. Er nicht. Er tut, was er tut, wird, was er wird — weil er glaubt. Und so merkwürdig das klingt, bei Charley Whitehall ist es genauso.«
»Wovon zum Teufel redest du eigentlich?«
McAuliff ließ sein Glas sinken und sah Alison an. »Ich glaube, wir sollten diesen Krieg den Leuten überlassen, die dafür zuständig sind.«
Charles Whitehall holte tief Luft, löschte die Azetylenflamme und setzte die Schutzbrille ab. Er legte die Lötlampe auf den langen, schmalen Tisch und zog die Asbesthandschuhe aus. Zufrieden stellte er fest, daß jede seiner Bewegungen kontrolliert war. Er arbeitete wie ein erfahrener Chirurg — keine Bewegung verschwendet, das Gehirn jedem einzelnen Muskel immer ein Stück voraus.
Er erhob sich von dem Hocker und streckte sich. Dann drehte er sich um, um nachzusehen, ob die Tür des kleinen Raumes immer noch verriegelt war. Das war dumm, dachte er. Er hatte die Tür selbst verriegelt. Er war allein.
Über kleine Straßen war er von Carrick Foyle aus beinahe sechzig Kilometer bis zur Grenze von Saint Anne’s gefahren. Dann hatte er den Streifenwagen in einem Feld stehengelassen und war den letzten Kilometer
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