Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)
still!“ Einen Moment schwieg er, sammelte sich, dann sagte er: „Ich werde es tun!“
„Warum ausgerechnet du?“, fragte Lars.
„Mike hat es eben schon gesagt“, antwortete Jonathan. „Einer muss es tun, sonst bleiben wir auf ewig hier. Und ich glaube, dass es Zeit ist, dass ich einmal etwas wirklich Mutiges tue und somit in die Fußstapfen meines berühmten Vorfahren trete. Der wird wohl schon häufiger in seinem Grab rotiert sein aufgrund meiner Feigheit.“
„Hast du dir das auch gut überlegt?“, fragte Hans zweifelnd.
„Nein, gar nicht! Lasst es mich tun, bevor ich Zweifel bekomme und wieder feige werde“, antwortete Jonathan, schluckte trocken – und bevor jemand etwas tun oder sagen konnte, rannte der Seemann auf die Wand zu und verschwand darin.
Betroffen starrten die verbliebenen sechs Gefährten auf den Punkt, wo Jonathan verschwunden war. Selbst Mike war jetzt beeindruckt. „Au Mann!“, sagte er. Mehr brachte er nicht heraus.
Die nächsten Minuten geschah nichts. Einer sah zum anderen. War Jonathan jetzt etwa tot? Oder in einem Gefängnis, aus dem er sich nicht befreien konnte? Lauerte hinter dieser Wand ein Abgrund, der bis in alle Ewigkeiten abwärts führte? Oder befand sich Jonathan jetzt am Ziel, konnte aber die Gefährten nicht mehr darüber informieren, weil er nicht zurück konnte?
Schließlich sagte Hans mit einem tiefen Seufzer: „Ich glaube, wir werden einen weiteren Freiwilligen losschicken müssen.“
„Du bist wohl verrückt geworden, kommt nicht in Frage!“, fuhr nun Andrea auf. „Dass Jonathan jetzt verschwunden ist und bleibt, ist meiner Meinung nach ein Hinweis darauf, dass wir hinter dieser Wand nichts zu suchen haben. Der Ausgang muss woanders sein.“
In diesem Augenblick machte Lars eine grässliche Entdeckung. Die Dämonen, die ihren ehemaligen Gefährten um den Verstand gebracht hatten, kamen mit Brutus in ihrer Mitte anmarschiert. Er hielt mit leerem Blick den Strick und die Axt in Händen und wurde von den dreizehn schwarzen Skeletten grob nach vorn gestoßen.
„Seht doch!“, schrie Lars mit Panik in der Stimme. „Ich fürchte, jetzt bekommen wir eine ganze Menge Ärger!“
Und tatsächlich rief der Dämon mit der Krone auf dem Kopf: „Na los, Henker, walte deines Amtes! Und zwar schnell, bevor uns diese sechs Menschen auch noch entkommen.“
Die sechs Gefährten sprangen auf. Hans rief: „Entscheidet euch blitzartig: Durch die Wand oder gegen diese Dämonen kämpfen?“
Bevor jemand eine Meinung äußern konnte trat Jonathan seelenruhig und breit grinsend durch die Wand. „Alles klar da drüben, ihr könnt herüber kommen.“ Als er dann die neue Bedrohung sah wechselte er blitzartig die Farbe. Weiß wie eine frisch getünchte Wand schrie er: „Ach du grüne Neune, kommt bloß schnell mit! Auf der anderen Seite ist Sicherheit!“
Hallgard
Nun gab es für die Gefährten kein Halten mehr. Sie liefen auf die Stelle zu, wo Jonathan stand. Sie warfen sich regelrecht auf ihn, purzelten mit ihm durch die Wand – und fanden sich in einem sehr merkwürdigen Raum wieder. Aber zunächst galt es zu prüfen, ob die Bedrohung durch die dreizehn Dämonen und Brutus noch bestand. Von denen war zum Glück nichts mehr zu sehen.
„Seid willkommen in meinem Reich“, hörten sie die Stimme einer Frau. Es war nicht zu erkennen, von wo sie kam. Die Gefährten sahen sich um, konnten aber die Sprecherin nicht sehen.
Das war das Merkwürdige an diesem Raum, in dem sie sich befanden: Er war groß, unregelmäßig geformt und dabei so verwinkelt, dass er nicht voll einsehbar war. Und die teils runden und teils geraden Wände waren – außer der, durch die sie die Halle betreten hatten - bedeckt mit kleinen Rahmen, in denen Bilder hingen. In unregelmäßigen Abständen befanden sich aus Eisen gearbeitete, mannshohe Kerzenständer im Raum. Einige andere Ständer trugen Fackeln. Die Beleuchtung war nur unzureichend. Sie genügte aber, dass die Gefährten erkennen konnten, dass die Bilder in den Rahmen kleine Portraits waren. Hunderte, nein, tausende von Menschen mussten hier abgebildet sein.
Hans erwiderte den Gruß der Frau. „Guten Tag und vielen Dank für den Willkommensgruß. Wir sind soeben in der Halle des unermesslichen Reichtums und des immerwährenden Glücks von einer Bande von Dämonen bedroht worden. Können sie uns hierher folgen?“
Hinter der Rundung einer Wand tauchte eine Frau auf. Sie war so altmodisch gekleidet, dass sie wie eine
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