Die Hallen der Unendlichkeit (German Edition)
gesprochen“, sagte Brutus, und sein Blick wechselte zu Lars. „Möchtest du dich vielleicht ähnlich äußern?“
„Ich bin Euch sehr dankbar“, sagte Lars einfach nur. Ihm war klar, dass Brutus nur zu bald einfordern würde, was ihm soeben versprochen worden war.
„Wie sehen nun Eure Pläne aus?“, fragte Brutus. „Wann werdet Ihr weiter reisen?“
„Sowie der Seemann Donnerstein geladen hat“, antwortete Hans wahrheitsgemäß.
„Nehmt mich mit!“, forderte Brutus. Er starrte die Gefährten einen nach dem anderen an. „Befreit mich von der unwürdigen Existenz, die ich hier zu führen verdammt bin.“
„Ihr wollt alles aufgeben, was Ihr hier habt?“, fragte Hans.
In einem plötzlichen Anfall von Raserei stürzte Brutus in den kleinen Hof, in den er die Hunde eingeschlossen hatte, die vor ihrem rasenden Herrn jaulend in die Ecken flohen. Er kam zurück mit einer Spitzhacke und einem Spaten. Seine Bewegungen waren wild, ungestüm, drückten Wut, Zorn und Kummer aus. Hatte Lars einen Moment lang gefürchtet, Brutus werde mit den Werkzeugen den Gefährten die Schädel einschlagen, so musste er nun mit ansehen, wie der Henker mit der Hacke blitzartig zwei der großen steinernen Bodenplatten löste, dann mit dem Spaten in dem Erdreich darunter grub. Nach kurzer Zeit, während der alle im Raum Anwesenden den wie einen Berserker arbeitenden Mann mit unbehaglichen Blicken beobachteten, holte Brutus eine kleine Kiste aus dem Boden, die mit einem Schloss gesichert war. Von seinem Hals riss er eine kleine Kette, an der ein Schlüssel hing, der in das Schloss der Kiste passte. Er öffnete diese und zeigte den Anwesenden den Inhalt. Sie war voller Goldmünzen und musste ein Vermögen darstellen.
„Seht her, edle Herren!“, rief Brutus. Er hob eine Hand voll Münzen heraus, dabei fielen zwei oder drei zu Boden. Brutus kümmerte das nicht. Seine vor Anstrengung zitternden Finger pressten das Gold zusammen, als wolle er es verformen. „Was glaubt Ihr, wie viel mir das bedeutet?“
Die Gefährten schwiegen. Aller Augen waren auf den Mann in Schwarz gerichtet. Dieser fuhr fort: „Es ist für mich mehr oder minder bedeutungslos. Ein Edelmann würde mich darum beneiden, ein Kaufmann würde seine Seele dafür hergeben, ich aber kann es nicht verwenden. Ich kann mich nicht in einen höheren Stand einkaufen, ich kann mir keine Frau oder Lebensgefährtin kaufen, kein Ansehen, keine Freunde, nichts! Und warum? Weil ich Brutus, der Henker, bin.“
Er schleuderte die Münzen so heftig zu Boden, dass sie in alle Ecken des Raumes sprangen. „Ich bin so sehr verdammt, dass selbst dieser Reichtum mich nicht reinwaschen kann. Es gibt für mich nur eine Möglichkeit, endlich das Leben zu führen, das ich mir wünsche. Ich muss an einen anderen Ort, wo mich niemand kennt. Dort könnte ich mich für jemanden ausgeben, der ich zwar nicht wirklich bin, der ich aber sein könnte. Nehmt mich mit in eine andere Welt, wo ich mich mit meinem Geld als Edelmann ausgeben kann, der seine Heimat auf tragische Weise verloren hat. Mein Wohl oder Wehe hängt von Euch ab.“
Keiner sprach, alle waren entsetzt über diesen Gefühlsausbruch des verzweifelten Mannes. Der legte das Schweigen falsch aus. „Wollt Ihr davon? Kann ich Euch überreden, mich mitzunehmen, indem ich mein Gold mit Euch teile?“
Ein zweites Mal griff er in die Münzen und hielt sie den Gefährten hin. In den Augen des Henkers standen seine Bitte und die Gier nach Freiheit, die er in der Donnersteinhalle nicht finden konnte.
Hans sagte in beschwichtigendem Tonfall: „Brutus, niemand will Euer Gold …“
Der Henker schnitt ihm das Wort ab. „Ich wusste es gleich! Es konnte einfach nicht sein, dass Ihr anders seid als die da draußen.“ Er zeigte auf die Tür seines Hauses und die Welt, die dahinter lag. „Ihr lehnt mich auch ab. Ihr habt Euch dazu herabgelassen, meine Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen, aber das war´s dann auch.“
Hans schüttelte den Kopf. „Nein, so ist es nicht! Bevor Ihr mich unterbracht, wollte ich sagen, dass ich Euch als Reisegefährten akzeptieren würde. Aber auf mich allein kommt es nicht an.“ Hans sah die anderen an und hob seine Hand. „Also, auf zur zweiten Abstimmung! Jetzt sind wir ja auch vollzählig. Ich bin dafür, dass Brutus mit uns reisen kann. Wer noch?“
Jonathan hob ebenfalls seine Hand. „Also, ich habe auch nichts dagegen. Aber die Hunde können nicht mit an Bord.“
Mike hob seine Hand.
Weitere Kostenlose Bücher