Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)
Goldjungen im Visier, der morgens immer zur selben Zeit fährt und zwei Stationen vor mir aussteigt. Immer, wenn ich ihn sehe, kommt mir dieser verdammte Song von Paul Davis aus den Achtzigern in den Sinn. I go crazy, just when I look in your eyes . Wenn ich in seine Augen schaue, könnte ich tatsächlich den Verstand verlieren. Er ist etwas kleiner als ich, ungefähr einsfünfundsiebzig und stämmig, aber nicht dick, hat ein volles Gesicht mit braunen Augen und einem kurz gestutzten, sorgsam gepflegten Vollbart. Sein Haar ist stoppelig geschnitten und akkurat gescheitelt. Ein Wonneproppen, bieder und unschuldig wirkend, so, wie ich es mag. Ich kann mir gut vorstellen, wie er reagieren würde, wenn ich ihm an die Wäsche ginge: »Nicht! Hör auf! Nicht! Ich will das nicht! Hör auf! Wenn es jemand sieht … Nicht!«
»Was nicht?«, frage ich nach einiger Zeit und nehme die Hand weg, worauf er sie wieder zurückholt: »Nicht aufhören! Aaahhh …!«
Soviel zu meiner Fantasie, die in seiner Gegenwart besondere Blüten treibt.
Der Kerl geht immer sportlich gekleidet und trägt zu bequemen Stoffhosen vorwiegend Sakkos oder Wildlederjacken, manchmal auch einen Anorak, weshalb ich ihn einem technischen Beruf zuordne wie Ingenieur oder Architekt. Hemd und Krawatte sind stets farblich aufeinander abgestimmt und seine Schuhe blank poliert. Auffallend ist sein eigentümlicher Gang. Irgendwie macht er kurze plumpe, fast tippelnde Schritte. Vielleicht hängt das mit seiner geringen Körpergröße oder seinem Gewicht zusammen.
Schon mehrmals saß ich ihm gegenüber und konnte den Blick von seiner Gestalt nicht abwenden, besonders nicht vom Scheitelpunkt seiner festen Schenkel, wo sich stets ein vielversprechendes Relief abzeichnete. Sein Blick ist streng, fast mürrisch und geht einem durch Mark und Bein. Die Lippen sind eigenartig geschwungen und geben seinem Gesicht einen leidenden Ausdruck. Victor Mature hat in seinen Bibelfilmen immer so eine Schnute gezogen, ebenso Clint Eastwood in seinen Spaghetti-Western. Nur steckten bei Mature echte Qualen dahinter, während Eastwood mit seinem Mienenspiel eher Verdrießlichkeit und Menschenverachtung zum Ausdruck brachte, ehe er losballerte. Der strenge Gesichtsausdruck passt gut zum Typ meines Favoriten. Undenkbar sich vorzustellen, dass er die Mundwinkel zu einem Lächeln verzog. Genau auf so was fuhr ich ab, gab es doch in meinen Augen keinen größeren Reiz, als dergleichen Stolz und Unnahbarkeit in hemmungslose Hingabe umschlagen zu lassen.
An diesem Tag sehe ich ihn nicht. Schade, denke ich und suche vergeblich nach einem Ersatz, dem ich meine Aufmerksamkeit schenken könnte. Den Kampf um einen Sitzplatz habe ich für mich entschieden und sogar einen Fensterplatz ergattert, wenn auch nicht in Fahrtrichtung. Mir gegenüber sitzt ein junges Fräulein, das noch etwas schneller war als ich, neben ihr ein älterer Herr. Zu meiner Linken hat sich eine Dame mittleren Alters niedergelassen und beginnt zu stricken. Als aus dem Lautsprecher die Abfahrt des Zuges angekündigt wird, kommt auch mein Wonneproppen angetippelt, gerade noch rechtzeitig. Da alle Plätze belegt sind, bleibt er im Mittelgang stehen und hält sich an der Gepäckablage fest, seine Aktenmappe unter den Arm geklemmt. Schade, denke ich und wünsche dem Fräulein gegenüber die Pest an den Hals. Da klopft, als wäre mein Flehen erhört worden, von draußen eine andere Tussi an die Scheibe und fuchtelt mit den Armen. Irgendein Fred sei mit dem Wagen da, schreit sie wild gestikulierend durch die Scheibe, und wollte sie beide mitnehmen. Also zieht die Verwunschene ihre Jacke wieder an, schnappt ihren Einkaufskorb und verlässt fluchtartig das Abteil, bevor der Zug losfährt. Mein Schnuckel vom Mittelgang nutzt die Gelegenheit und krallt sich den Fensterplatz.
Sehr schön. Nun kann ich mich beruhigt zurücklehnen. Welch‘ glückliche Fügung! Jetzt weiß ich auch, dass es ein guter Tag wird und beobachte aufmerksam, wie der Kerl sich aus seinem Parka schält. Strammer Arsch in dunkelblauen Cordsamthosen, Wildlederschuhe, weinroter Pulli mit V-Ausschnitt, könnte Cashmere sein oder mit Perwoll gewaschen, darunter ein hellblaues Hemd. Die Krawatte sitzt perfekt. Endlich dreht er sich um und setzt sich hin. Der Stoff spannt sich eng um das Paket in seiner Hose. Was gäbe ich nicht darum, jetzt zwischen seinen gespreizten Schenkeln auf Entdeckungsreise zu gehen, um das süße Geheimnis, das sich hinter der Beule verbirgt,
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