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Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Titel: Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. R. Adam
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verstohlen herüber. Nachdem sie sich beruhigt hat und wieder in ihre Arbeit vertieft ist, kann ich mich aus dem Staub machen. Bis zu dem V-Ausschnitt des Pullovers sind es nur wenige Schritte, doch ich muss mich gut festhalten. Der Kerl sitzt zwar etwas zurückgelehnt in seinem Sitz, doch der Abhang über Brust und Bauch führt fast senkrecht in die Tiefe. Nur nicht hinuntersehen, denke ich. Ein falscher Schritt und ich stürze ab. Auf dem flauschigen Stoff des Pullovers komme ich nur mühsam voran. Immer wieder bleibe ich mit den Krallen in den Maschen hängen. Der Stoff des Baumwollhemds ist vergleichsweise glatt, sodass ich ein Stück abrutsche und mich gerade noch an einem Hemdknopf unterhalb der Krawatte festhalten kann. Der Knopf hat für mich die Ausmaße einer Tischplatte, die Fäden, mit denen er angenäht ist, sind armdick und wirken wie eine zusammengerollte, schlafende Python im Terrarium eines Zoos, während die Krawatte über mir aus meiner Perspektive an die Olympiaschanze von Garmisch erinnert.
    Jetzt bin ich in Deckung und kann durch die Maschen einen letzten Blick auf die Dame von gegenüber riskieren. Die strickt inzwischen wieder fleißig, schaut aber noch einmal herüber und sieht nun das kleine Krokodil nicht mehr, worauf sie fassungslos die Augen verdreht und sich endgültig abwendet. Trotzdem muss ich weiter auf der Hut sein, denn nicht nur von dieser Seite droht mir Gefahr. Ich muss auch aufpassen, dass mein Herrchen mich nicht entdeckt. Ein vorsichtiger Blick nach oben beruhigt mich. Das markante, von kurzem Bartgeflecht überwucherte Kinn thront ruhig über mir, mächtig und beeindruckend, ein erhabenes Bild aus der Froschperspektive. Der Kerl liest ein Buch. Neugierig schiele ich unter der Krawatte hervor und sehe, wie der angewinkelte Unterarm mit dem aufgeschlagenen Buch wie ein modernes Bauwerk über den Bauch hinausragt. Die Buchstaben sind riesig, und ich versuche den Text zu entziffern. Sind Krokodile eigentlich kurzsichtig oder weitsichtig? Und kennen sie sich in der Literatur aus? Ich immerhin ein wenig, und bald verschlägt es mir den Atem. Zufällig kenne ich das Buch. Hinter dem harmlosen Titel Das Liebesdorf verbirgt sich eine fast pornografische Geschichte. Ich weiß noch, dass ich mein Exemplar Jahre zuvor beim Christlichen Buchklub bestellt und mich gewundert habe, dass dort so etwas vertrieben wird.
    Die Tatsache, dass er ein erotisches Buch liest, weckt natürlich meine Neugier. Ob ihn das antörnt? Ich blicke nach unten, obwohl mir dabei ganz mulmig wird. Täusche ich mich oder tritt die Beule zwischen seinen Schenkeln jetzt deutlicher hervor, als bei seiner Ankunft? Er hat die rechte Hand dort liegen und streicht ab und zu, ohne dass die anderen Fahrgäste es bemerken, mit dem Daumen über die Ausbuchtung. Es gibt eine Szene in dem Buch, worin ein junger Mann im Wald von mehreren Amazonen überfallen, gefesselt und vergewaltigt wird. Dabei wird die These aufgestellt, dass ein Mann nicht abspritzen kann, solange er die Beine gespreizt hat, was in dem beschriebenen Fall durch Fesseln an ein zwischen die Füße geklemmtes Papprohr bewerkstelligt wird. Ich habe es nicht ausprobiert. Eine andere Szene in dem Buch, wo sich ein Mann von seinem Schäferhund einen blasen lässt, gefällt mir weniger.
    Für mich wird es Zeit, meine Entdeckungsreise fortzusetzen. Zuvor muss ich mich erst orientieren. Neben dem Knopf, an dem ich mich festkralle, verläuft der Saum des Oberhemds. Da schlüpfe ich hinein. Der Stoff ist weich, und ich gelange mühelos unter die Naht. Dennoch muss ich auf der Hut sein und mich gut festhalten, denn der Abhang fällt steil in die Tiefe, und ich schwebe zwischen Himmel und Erde. Zum Glück ist das Hemd weit geschnitten, ebenso der Pullover, sodass für mich keine Gefahr besteht, von dem Stoff erdrückt zu werden. Nachdem das Licht schwächer geworden ist, muss ich warten, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Vor mir liegt ein steil abfallendes, undurchdringlich scheinendes Dickicht, das an einen Bergwald erinnert oder an das abgeerntete Maisfeld, in dem Cary Grant verfolgt wird. Es ist der Pelz auf seiner Brust. Aus luftiger Höhe führt eine Goldkette in die Tiefe und verschwindet unter einer halbrunden Senke, die der Betonmauer eines Staudamms ähnelt. Der Ausschnitt seines Unterhemds. Da muss ich drunter. Plötzlich, aus heiterem Himmel, ohrenbetäubender Lärm und ein Erdbeben. Ich rutsche ab und kann mich gerade noch an der Kette

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