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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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war ein Mensch. Sie war...» Er vollendete den Satz nicht, denn seine Gedanken waren wieder in das Schlafzimmer über dem Laden in der Cedar Street zurückgeschweift und zu jenen Augenblicken, da sie beide ihre äußeren Persönlichkeiten, Berufe, Berufungen und Ambitionen abgestreift hatten, bis nichts übriggeblieben war als ein Mann und eine Frau, die im Netz der Begierde gefangen waren, und zu allem, was sie zueinander gesagt und miteinander getan hatten.
    «Schon gut, Alex. Es tut mir leid», sagte Wiener. «Ich habe soviel Takt wie ein Elefant. Aber da Sie sagten, sie sei ein kleines Mädchen...»
    Hero nahm die Entschuldigung mit einem Nicken zur Kenntnis, und ohne ein Wort kehrte er noch einmal um und ging zu dem Schrank, in dem unten eine kleine leere Holzkiste war, auf der stand: Birnenkonserven und ein Firmenname. Hero kippte sie um, so daß die Öffnung ihm zugewandt war. «Ein großes Mädchen», sagte er. «Sie stand darauf. Denken Sie daran, wie Ihre Sinne Sie neulich abends im Dunkeln getäuscht haben.»
    Wiener stieß einen leisen Fluch aus. Hero knipste das Licht oben an der Kellertreppe an und ging sie den anderen voraus hinunter. Unmittelbar unter der Front des Hauses befand sich ein Kohlenkeller, in den durch eine Schütte die Kohlen von der Straße hineingeschaufelt wurden. Dann ein Raum, in dem sich der Heizofen und ein Boiler für die Warmwasserbereitung befanden und das übliche Gewirr von Röhren und Rohren an der Decke. Ferner waren dort zwei Abstellräume für Koffer und Möbel, die man nicht mehr brauchte, und eine Vorratskammer für Konserven.
    «Wonach suchen Sie?» fragte Wiener.
    «Nach einem weiteren Raum», erwiderte Hero. Sie gelangten schließlich zu ihm. Er Jag nach hinten, war aber durch einen Tisch, auf dem einige zerbrochene Stühle gestapelt waren, den Blicken verborgen. Als sie Tisch und Stühle beiseite geschoben hatten, entdeckten sie ein schweres Vorhängeschloß an der Tür. «Wir müssen da hinein», sagte Hero.
    Sullivan ging in den Kohlenkeller zurück, kam mit einer Eisenschaufel wieder und schlug damit gegen die Krampe des Schlosses, bis es aufsprang, und sie gingen hinein. Eine einzige elektrische Birne ohne Schirm hing an einer Schnur von der Decke herunter, und als Hero sie anknipste, sah man in ihrem Schein eine Werkbank, auf der die verschiedensten Werkzeuge lagen. Auf einigen Regalen standen Flaschen und Spraybüchsen, von denen aber die Etikette entfernt worden waren. An einem Ende der Bank stand ein kleiner elektrischer Herd mit nur einer Platte und einem Backofen darin.
    Während Wiener und Sullivan ihn stumm und skeptisch beobachteten, roch Hero an den Stöpseln der verschiedenen Flaschen. Dann öffnete er die Tür des Backofens und schnupperte auch an ihm. Er nahm eine sechs Zentimeter breite Rolle Klebpflaster von dem Regal und musterte sie mit sichtlicher Befriedigung. Es war nicht die gewöhnliche rauhe Art, wie sie für Verbände benutzt wird, sondern sie war dünn und hatte eine seidenweiche Oberfläche, so daß das Pflaster unter einem seidenen Kleid oder einem Strumpf nicht hindurchschimmern würde. Er suchte unter der Bank und hob dann vom Fußboden ein kleines Stück dunkles Gummi auf, zog es lang bis es eine hellere Farbe bekam, und warf es dann wieder dorthin zurück, wo es gelegen hatte.
    «Übrigens», sagte er leichthin, denn er brachte es nicht mehr fertig, darüber zu schweigen, «heute morgen habe ich es herausbekommen, wie man die Hand Mary Constables nachbilden kann.»
    Wiener fuhr zusammen, als ob ihn jemand mit einer Nadel gestochen hätte. «Was sagen Sie da?» rief er. «Wie? Wo?»
    «Beim Zahnarzt», erwiderte Hero und fügte hinzu: «Und hier haben sie sie gemacht.»
    Hero wartete darauf, daß Wiener explodierte, aber er tat es nicht. Statt dessen zog er ein Päckchen Zigaretten aus seiner Tasche, nahm eine heraus, zündete sie an und ging dann zur Tür, wo er den beiden anderen den Rücken zukehrte, stehenblieb und rauchte. Als er sich umdrehte, war aller Spott aus seinen dunklen Augen verschwunden.
    «O. K., Alex», sagte er ruhig. «Wir sind ganz Ohr. Dies ist von Anfang an ein verrückter Fall gewesen, und er verlangt vielleicht... Nein, ich werde mich nicht wieder bei Ihnen entschuldigen. Ich habe es satt, immer wieder zu sagen: Verzeihen Sie. Sie wissen verdammt gut, wie sehr ich dagegen war, daß man Sie geholt hat, und daß ich nicht daran glaubte, daß Sie in der Sache etwas tun könnten.» Er grinste plötzlich wie ein

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