Die Hand von drüben
amerikanischem Kommunismus zu tun hatten. Sein Büro war groß und still und hatte eine Klimaanlage. Die Wände waren aus furniertem Walnußholz, und es hingen an ihnen eine gerahmte Fotografie von J. Edgar Hoover und eine große blau-goldene Plakette mit dem Siegel des FBI und des Justizministeriums, dem er unterstellt war, darauf. Hero las die drei Worte auf einem Band unter den Waagschalen der Gerechtigkeit, die offenbar das Motto des Büros waren: Treue, Tapferkeit, Integrität. Er war sich des Rufes dieser so ruhig wirkenden Agenten wohl bewußt. Sie waren so mutig wie Löwen.
Auf dem großen Schreibtisch aus Walnußholz standen ein Foto, auf dem man eine sympathisch aussehende Frau und zwei reizende Kinder — einen Jungen und ein Mädchen von etwa neun und zwölf Jahren — sah, zwei große Aschenbecher aus schwarzem Glas und ein Briefbeschwerer, eine Miniaturrakete auf einer Abschußrampe. Auch Körbe für ein- und ausgehende Post und zwei Telefone befanden sich auf dem Tisch. Rechts von ihm stand auf einem kleinen Tisch ein Apparat mit etwa einem Dutzend Knöpfen für Gespräche innerhalb des Hauses. Die Sessel für die Besucher waren mit grünem Leder bezogen und tief und bequem. Der weiche, dicke, von einer Wand zur anderen reichende Teppich war ebenfalls grün. Die Vorhänge vor den Fenstern verrieten guten Geschmack. Die Fenster hier im sechsten Stock gingen auf die Third Avenue, und man sah durch sie den prächtig betreßten Portier des Apartmenthauses gegenüber, dessen Uniform, wie Hero fand, eine Kombination der eines Marschalls Napoleons und des Adjutanten eines Admirals darstellte.
Wiener war so mißgestimmt, daß er düster wirkte, obwohl er Hero gegenüber auf eine höfliche Haltung bedacht war. Er spielte mit dem Phi-Beta-Kappa-Schlüssel, der an einer goldenen Kette hing, bis die Sekretärin mit dem Geldbündel zurückkam, das er stumm entgegennahm und über den Schreibtisch hinweg Hero zuschob.
«Sie scheinen über die Höhe des Betrages nicht entsetzt zu sein», sagte Hero. «Aber ich bin es.»
«Hier entsetzt sich niemand mehr über die Preise», sagte Wiener. «Es hängt nur davon ab, was man dafür bekommt. Wenn diese Gauner mit einer toten Braut erscheinen, die nie existiert hat, würde ich sagen, es war billig.»
«Aber wenn sie nun keine Gauner sind?» sagte Hero. «Der Mann behauptet, ordinierter Pfarrer zu sein.»
Wieners lautes verächtliches Grunzen war so vernehmlich, daß er versuchte, es hinter einem Husten zu kaschieren. Er griff in eine Akte, zog eine große Karteikarte heraus, an deren oberer linker Ecke ein Foto befestigt war, und reichte sie Hero.
Das Foto war das des jungen Arnold Bessmer. Er sah darauf sehr mager aus, aber die Augen waren schon so beunruhigend, das Kinn so energisch und der Mund so hübsch wie jetzt. Die auf der Karte verzeichneten Einzelheiten sagten nicht viel. Kurz, Arnold Bessmer, der damals siebenundzwanzig war, war tatsächlich ein ordinierter Baptistenpfarrer gewesen, war aber aus der Kirche ausgestoßen worden, als er wegen unsittlichen Vergehens an einem vierzehnjährigen Mädchen in La Jolla, Kalifornien, zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden war, von denen er vier abgesessen hat; zwei sind ihm wegen guter Führung erlassen worden.
Hero reichte die Karte zurück und sagte milde: «Er ist vielleicht ein Schwein, aber er braucht nicht unbedingt ein Betrüger zu sein. Wenn er aber ein Betrüger ist, warum lassen Sie ihn dann ungeschoren?»
«Ich weiß, Sie halten uns hier für ziemlich unzivilisiert», erwiderte Wiener, «aber wir haben Gesetze, und so seltsam es klingen mag, wir halten uns an sie. Um damit zu beginnen, die Bessmers sind in kein zwischenstaatliches Verbrechen verwickelt und sind klug genug, sich nicht gegen die Staatsgesetze und die städtischen Vorschriften gegen das Wahrsagen zu vergehen. Ehe sie wegen Betruges angezeigt werden, kann man nichts gegen sie unternehmen. Wenn sie Ihre Freundin für Sie herbeizaubern, könnten Sie sie anzeigen. Wenn wir sie hätten zur Strecke bringen können, hätten wir es längst getan. Darum mußten wir uns an Dr. Ferguson wenden.» Wiener ließ dann seinen Mund fast hörbar zuschnappen, und Hero merkte, daß ihn das davor bewahren sollte, hinzuzufügen:
«Wissen Sie», sagte Hero, «viele Leute begehen einen Fehler, den Sie nicht begehen sollten. Sie sehen in mir so etwas wie einen Polizeibeamten. Aber das
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