Die Hand von drüben
Unterschrift darunter. Bessmer saß einen Augenblick mit gefalteten Händen da. «Die Last, die Ihnen auferlegt ist, ist schwer», sagte er dann salbungsvoll.
Statt einer Antwort neigte Fairweather nur ein wenig den Kopf. Er dachte an den letzten Tag, da er und Ruth Lesley in der Abenddämmerung spazierengegangen waren, und an den Duft ihres Haars.
«Vielleicht ist es Ihnen leichter zu sprechen, wenn Sie rauchen», sagte Bessmer und zog aus einer Tasche seines Rocks ein goldenes Zigarettenetui, das er öffnete.
«Nein, vielen Dank», erwiderte Fairweather. Er schlug leicht auf die Seitentasche seiner Jacke und sagte: «Ich habe eine Pfeife bei mir — aber ich möchte lieber nicht rauchen.»
«Ihr Schmerz ist noch sehr frisch.»
Fairweather blickte Bessmer an, als ob er seine Gedanken gelesen habe, und sagte: «Ich weiß nicht, was ich tun, wohin ich mich wenden oder was ich sagen soll.»
«Ich bin ein ordinierter Pfarrer», sagte Bessmer. «Sie können sich ruhig bei mir aussprechen.» Es klang wie das Geläut von Sonntagsglocken.
Hero erlaubte ihm, ihm die Geschichte stückweise zu entlocken, wobei er hier und dort passende Einzelheiten einflocht, als ob er sich unbewußt von einer quälenden Erinnerung befreie. Und während des Berichts verdrängte er Peter Fairweather in einen stillen Winkel seines Inneren und fragte sich als Alexander Hero, wo das Mikrophon wohl versteckt sein mochte. In der Zigarettendose? Bessmer hatte ihm eine Zigarette aus seinem eigenen Etui und nicht aus dem Kasten auf dem Tisch angeboten. In der Lampe? Oder überhaupt nirgendwo? Die Unterredung vor der Séance schrie einfach nach dem versteckten Mikrophon, und Hero sah einen Augenblick lang den Boxer vor sich, der mit den Lippen seine Bleistiftspitze anfeuchtete und die geeigneten Tatsachen, die Fairweather offenbarte, in irgendeinem Raum im Hause niederschrieb. Oder das Medium selbst, das, einen Kopfhörer über den Ohren, das Leben und die Daten eines toten Mädchens und eines trostlosen Liebhabers auswendig lernte. Im Hause war es still. Nur von unten, wo die Küche sein mußte, hallte das gedämpfte Klappern von Geschirr und das Klirren von Silber herauf, und Hero merkte, daß in den muffigen Salon ein schwacher Geruch von gebratenen Zwiebeln eindrang, was ihn ein wenig heimatlich berührte.
Bessmer spielte mit einer Hand mit der Jadedose und öffnete sie dann. Es war nichts darin außer etwa einem Dutzend Zigaretten. War dann in der Lampe ein Mikrophon? Oder war eins dieser modernen überempfindlichen in einem Bilderrahmen oder der Lehne eines Sessels versteckt, eins, das ein Flüstern auf drei Meter Entfernung aufnehmen konnte? Es war immer das gleiche Problem: man konnte nie unbehindert die Wohnung von Spiritisten inspizieren.
Fairweather fuhr in seiner gestammelten Beichte der Liebe zur einem toten Mädchen fort, aber sorgfältig darauf bedacht, vielsagende Anspielungen zu machen, von denen er sicher war, daß sie Bessmer nicht entgingen, und Tatsachen zu erwähnen, als ob er selber gar nicht merke, daß er das tue. Bessmer hörte zu. Seine dunklen Augen wurden feucht, und der lächerlich geschürzte kleine Mund bebte vor Mitgefühl.
Die Anwesenheit des toten Mädchens sei für ihn so stark spürbar, schloß Fairweather, daß es eine entsetzliche Qual sei, ihr nicht näher kommen zu können.
Als er verstummte, saß Bessmer einen Augenblick lang mit gebeugtem Kopf da, blickte dann auf, starrte Fairweather an und sagte mit düsterer Stimme: «Wir von der Kirche des Heiligen Ozons behaupten nicht, im Besitz von Wunderkräften zu sein. Wir können nicht mehr sein als ein Bindeglied zwischen denen, die suchen, und denen, die hinübergegangen sind und wiederkehren möchten. Verstehen Sie, sie entscheiden darüber, nicht wir.» Er hielt inne.
Fairweather sagte mit fast erlöschender Stimme: «Ich glaube, ich verstehe es.»
«Meine Frau ist ein einzigartiger und wunderbarer Mensch. Der Geist ist mit ihr, die Kraft ist in ihr. Sie ist das Instrument, durch das sie aus dem Jenseits kommen können, jene armen Wanderer, die sich danach sehnen, mit denen, die sie lieben, wieder vereint zu werden.»
Andere Länder, andere Gauner, dachte Hero, aber derselbe Ton. Gleich wird er bestimmt den Preis nennen.
«Wir haben schon wunderbare Resultate erreicht. Ein Vater, der seine Tochter beweinte, hat sie wiedergefunden; ein Sohn ist seiner Mutter wiedergeschenkt worden; ein vermißtes Testament ist entdeckt worden. Wenn die Kraft in
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