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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Würde Ruth Lesley wieder in dem Kabinett erscheinen und sich von ihm umarmen lassen? Würde Mary Constable dort sein? Würde man ihn in das Haus in der West 91. Street nicht einlassen? Würde etwas anders sein, als es vorher gewesen war? Wenn ja, dann würde das Indizien liefern und den Beginn des Beweises. Wenn andererseits Ruth Lesley wieder materialisiert wurde, und vor allem, wenn es ihm gelang, sie anzusehen, und sie sich als jemand völlig anderes erwies, dann wäre es um seine Tarnung nicht geschehen, und es würde ihn davor bewahren, sich selber noch mehr zum Esel zu machen, als er es schon getan hatte.
    Hero fiel ein, daß er Wiener versprochen hatte, zu versuchen, ihn zu der Séance mitzunehmen. Es war noch Zeit genug, sich dem FBI-Mann zu offenbaren, wenn Wiener die Möglichkeit gehabt hatte, alles mit eigenen Augen zu beobachten.
    Einem Impuls folgend, nahm er den Telefonhörer ab und nannte die Nummer des Cryderschen Ladens, denn Tina hatte gesagt: «Ruf mich an», und es war wahrscheinlich klug, es zu tun. Außerdem bestand da die Chance, daß eine Bemerkung oder der Ton ihrer Stimme Hinweise auf den wirklichen Stand der Dinge zwischen ihnen geben konnten. Ob seine Tarnung dahin war oder nicht, er mußte sich zunächst einmal so verhalten und handeln, als bestände sie noch.
    Eine ganze Minute lang hörte er das Klingeln des Telefons, auf das sich niemand meldete, ehe er halb erleichtert, halb beunruhigt, einhängte. Er dachte dann daran, die Bessmers anzurufen, um sich bei ihnen anzumelden, entschied sich jedoch dagegen. Wenn Tina Cryder Bessmer gesagt hatte, daß Hero eine Doppelrolle spiele, würde sich der Spiritist wahrscheinlich weigern, ihn zu empfangen. Es war darum besser, unangemeldet bei ihm zu erscheinen und sich selber davon zu überzeugen, wieviel man dort wußte. Als sein Frühstück kam, verzehrte er es in etwas besserer Stimmung, zog sich dann fertig an und ließ sich von einem Taxi zu dem Haus in der West 91. Street fahren.
    Er zog an dem altmodischen Klingelzug und lauschte auf das schrille Klingeln im Haus. Die Jalousien vor dem nach vorn gelegenen Salon waren heruntergelassen, obwohl es noch früh am Nachmittag war, erst kurz nach drei. Während Hero wartete, dachte er mit einiger Ironie, daß es nicht lange dauern würde, bis Wiener von diesem Besuch erführe. Die FBI-Männer würden ihre Teleobjektive aus einem der Zimmer in einem ähnlichen Hause gegenüber auf ihn richten. Hero fragte sich, ob er die Kamera, die sie nachts benutzten, würde entdecken können und wie sie versteckt worden war. Er blickte zu der Decke des Vorbaus auf, in dem er stand, sah aber nichts außer einem hellen Fleck am Sims und zwei kleinen Enden lose hängenden Drahts.
    Niemand erschien an der Tür, und als er noch mal hinausging, um von neuem zu klingeln, hatte er das Gefühl, daß jemand ihn hinter der Jalousie beobachtet hatte. Er klingelte zum zweitenmal, und als er wieder durch die erste Glastür ging, wurde die innere geöffnet, aber diesmal nicht von Pratt, sondern von Bessmer selbst.
    «Freund Fairweather», sagte er mit seiner dröhnenden Stimme, «ein unerwarteter Besucher, aber immer willkommen. Ich hoffe, es ist kein Kummer, der Sie an diesem Ruhe- und Bettag zu uns führt. Kommen Sie herein! Kommen Sie herein!»
    Hero dachte: Ruhe und Beten ist gut! Bessmers Gesicht war dunkelrot, und er roch nach Whisky. Der Mann war außerdem nervös und zerstreut. Hero spürte, daß seine Begrüßung fast mechanisch und wenig salbungsvoll war.
    Bessmer ging ihm voraus, und Hero wollte schon in den Salon unmittelbar rechts vom Flur gehen, wie er es das Mal zuvor getan hatte, als Bessmer ihn eilig daran hinderte und sagte: «Nein, nein. Nicht dort hinein. Mutter ruht. Kommen Sie, wir gehen in das andere Zimmer», und er führte ihn den Flur hinunter.
    Es war komisch, daß Mutter ausgerechnet im Salon ruhte, dachte Hero. Außerdem hatte er einen kurzen Blick auf sie und Pratt werfen können, die beide am Tisch saßen und sich über etwas beugten, das ein kleiner schwarzer Gegenstand von der Größe einer Streichholzschachtel zu sein schien.
    Die Tür am Ende des Korridors führte in den Seanceraum, der aber eigentlich nur ein mit wuchtigen Möbeln ausgestatteter zweiter Salon war: einem breiten Bücherschrank mit mehreren Türen an der einen Seite und dem großen Plattenspieler an der anderen.
    «Nehmen Sie doch bitte einen Augenblick Platz», sagte Bessmer, «ich will nur sehen, ob es Mutter an nichts

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