Die Hand von drüben
ein riesiger Schatten hockte und nur sein Atem seine Gegenwart verriet, fragte Mr. Kelly Tina:
«Nun, was haben Sie herausbekommen?»
Das junge Mädchen war nervös. «Er ist so etwas wie ein Detektiv.»
«Was soll das heißen, so etwas wie ein Detektiv? Ist er es, oder ist er es nicht?»
«Er sagte, er sei Rechercheur. Das ist doch wohl das gleiche.“
«Wie, Sie wollen sagen, er hat es zugegeben? Was für ein Detektiv kann das schon sein!»
«Er hat es nicht direkt zugegeben», sagte Tina. «Er führt Recherchen für die Gesellschaft zur Erforschung des Übersinnlichen in London durch.»
«Was ist denn das? Was recherchiert er?»
«Geister.»
Kellys Mund verzog sich bitter. «Hören Sie», sagte er, «Schluß mit dem Unsinn oder...»
Eine volltönende Stimme aus dem Dunkel hinter ihnen unterbrach ihn: «Halt’s Maul, Kelly. Laß das Mädchen reden.»
«Und Geistermedien», sagte Tina. «Er ist gegen sie.»
Der Mann namens O’Brien brummte etwas, und Kelly fragte: «Für wen arbeitet er hier?»
«Er hat gesagt, er sei hier auf Urlaub», erwiderte Tina Cryder.
«Haben Sie ihm das geglaubt?» fragte Kelly.
«Nein. Er ist ein Lügner. Haben Sie Mr. O’Brien von der Phantasiegeschichte Peter Fairweathers und dem angeblich gestorbenen Mädchen berichtet?»
Von neuem ließ sich Mr. O’Briens Stimme vernehmen: «Ja, er hat es mir berichtet. Was haben Sie sonst noch herausbekommen?»
«Das ist alles», sagte Tina Cryder und blickte sich um, um etwas zu dem Schatten zu sagen, aber da sagte die Stimme in ruhigem Ton: «Drehen Sie sich nicht um. Bleiben Sie so sitzen, wie Sie sitzen. Haben Sie den Bessmers von diesem Mann erzählt?»
«Nein.»
«Das ist gut. Es hätte auch keinen Sinn. Sie sind blöde.» Und dann fügte er hinzu: «Argwöhnt der Mann, daß Sie seine Tarnung durchschaut haben?»
»Nein.»
«Sie haben mit ihm geschlafen.»
Tina war sich nicht klar, ob das eine Frage oder eine Feststellung war, und sie antwortete nicht darauf.
Mr. O’Brien verhörte sie jetzt weiter. «Wird er zu der Séance heute abend kommen?»
«Er hat den Bessmers gesagt, er käme», erwiderte Tina. «Er zahlt eine Menge.»
«Die Bessmers sind nicht nur blöde», sagte O’Brien, «sie sind habgierig. Es wird ihnen, glaube ich, noch leid tun. Und wird er wieder in das Kabinett kommen? Oder wird er kneifen?»
«Ich bin sicher, er kommt hinein — und sei es nur, um sich nicht zu verraten.»
«Und was haben Sie für Instruktionen von den Bessmers?»
Tina Cryder mußte innerlich lachen.
«Ich soll ihn noch ein bißchen mehr liebkosen, haben die Bessmers gesagt.»
Wieder murmelte O’Brien etwas, aber diesmal befriedigt.
«Na, das ist gut. Und jetzt nehmen Sie dies. Nein, nein, drehen Sie sich nicht um. Legen Sie die Hand auf Ihren Rücken.»
Als Tina Cryder es tat, wurde ein kleiner Gegenstand, der sich im Dunkeln wie ein Ring und ein Kork anfühlte, ihr in die Hand geschoben, und als sie sie dann nach vorn nahm, um ihn in dem trüben Licht zu betrachten, erwies es sich als genau das, ein kleiner goldener Trauring, an dem offenbar etwas befestigt war, das sich in dem Kork befand.
«Drehen Sie den Ring nicht in den Fingern, und berühren Sie den Kork nicht», warnte sie Mr. O’Briens Stimme. «Stecken Sie beides in Ihre Handtasche, und hören Sie mir gut zu.»
Tina Cryder wurde vor Angst fast übel.
«Also passen Sie auf.» Jedes Wort betonend, sagte Mr. O’Brien mit seiner nicht akzentfreien Stimme: «Wenn Sie heute abend in das Kabinett gehen, werden Sie den Ring am vierten Finger Ihrer rechten Hand tragen. Entfernen Sie den Kork nicht, ehe der Mann sich nähert. Dann ziehen Sie ihn ab. An dem Ring ist eine Nadel befestigt. Seien Sie sehr, sehr vorsichtig, daß Sie sich nicht selber stechen. Schließen Sie die Hand nicht, und halten Sie die Nadelspitze von sich ab. Wenn er das Kabinett betritt, werden Sie ihn wieder so umarmen, wie Sie es das letzte Mal getan haben. Normalerweise wird dabei Ihre rechte Hand auf seinem Nacken ruhen. Drücken Sie die Nadel hinein. Wenn Sie es schnell machen, wird er es kaum spüren, wenn überhaupt. Aber selbst wenn er es spüren sollte, wird es zu spät sein, ehe er reagieren kann. Stecken Sie die Nadel wieder in den Kork, und verlassen Sie dann sofort das Kabinett und das Haus. Den Ring geben Sie morgen Mr. Kelly zurück, nachdem Sie den üblichen Telefonanruf erhalten haben. Haben Sie das verstanden?»
Erst da wurde Tina Cryder bewußt, was diese Instruktionen
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