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Die Hand von drüben

Die Hand von drüben

Titel: Die Hand von drüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Schritte hallten laut auf dem Gehsteig.
    Er ging ein Stück in nördlicher Richtung und bog dann links in die Cedar Street ein, sich auf den Bluff konzentrierend, den er aufziehen würde, falls die Cryders da waren. Er hatte genug Karten in der Hand, hatte genügend Kenntnisse gesammelt, dachte er, damit der Bluff klappte — das Geheimnis der Hand im Austausch gegen das Versprechen, daß sie straffrei bleiben würden, und er würde später den Handel Wiener gegenüber rechtfertigen. Er war sicher, daß die Amerikaner weder an einer Bestrafung noch an einer Rache interessiert waren. Das Entscheidende war, die Operation Fingerhut und Professor Constable aus den Fängen des Okkultismus zu befreien.
    In der Cedar Street war kein Fußgänger, aber weiter unten, wo sie in die West Street mit den Docks mündete, waren Bewegung und Verkehr, und der Lärm, der von dort kam, würde einigen Schutz bieten. Er beobachtete den Laden erst von der anderen Straßenseite aus, da er wußte, daß manchmal in den Nachtstunden, vielleicht mehr als einmal, ein Polizist auf seiner Streife durch die Straße kam und sich vergewisserte, daß die Ladentüren richtig verschlossen waren. Eine elektrische Birne brannte in dem staubigen Schaufenster von Paul Cryders Zauberladen. Hinter den zugezogenen Vorhängen von Tinas Schlafzimmer darüber war kein Lichtschein zu sehen. Einen Augenblick stellte er sich wieder die Szene vor: das Schlafzimmer, die weiße Nerzjacke und die Handschuhe, die sorglos auf den Stuhl geworfen worden waren, das hellblaue Nachthemd auf der Bettdecke und das Mädchen, das sich mit erhobenen Armen, mit vor Begierde glänzenden Augen und geöffneten Lippen ihm zuwandte. Er verscheuchte das Bild mit der Frage, wie sie sich verhalten würde, wenn er sie und ihren Vater vor die Alternative stellte: auszupacken oder die Polizei und das FBI auf den Hals zu bekommen. Würde sie spucken und kratzen oder sich in Tränen auflösen? Und wie stark würde dann ihre Sinnlichkeit, die ihn so hingerissen hatte, auf ihn wirken?
    Er überquerte den Fahrdamm, blieb einen Augenblick vor dem Klempnerladen nebenan stehen, spähte die Straße hinunter, ob sich ein Fußgänger oder ein Polizist in blauer Uniform nahte. Aber es war niemand zu sehen. Er zog seine Handschuhe an, ging zu dem Laden der Cryders und versuchte vorsichtig, die Klinke hinunterzudrücken. Sie gab nicht nach. Seine Dietriche würden nichts gegen das Yaleschloß vermögen. Aber es gab da noch etwas anderes, mit dem man das öffnen konnte, und das Schloß sah alt und ausgeleiert aus, und die Feder konnte wahrscheinlich nicht mehr viel Widerstand leisten. Sorgen machte ihm nur, daß die Tür vielleicht von innen verriegelt sein könnte. Er zog ein dünnes, steifes Stück Zelluloid aus seiner Tasche, bohrte es in die Spalte der Tür, dort, wo der Riegel sein mußte, und drückte.
    Das Schloß gab nach. Hero seufzte erleichtert auf. Offenbar waren Paul Cryders Waren nicht von der Art, die Diebe anzog.
    Er blickte von neuem die leere Straße hinauf und hinunter, und dann stieß er die Tür langsam auf, betrat den Laden und schloß die Tür hinter sich ab. Trotz seiner großen Vorsicht hatte die Glocke über der Tür, die so laut schepperte, wenn ein Kunde kam, leise angeschlagen, was seinen nervösen Ohren wie der Big Ben geklungen hatte.
    Hero merkte, daß er jetzt im Licht der Birne, die über der Theke hing, stand, und für jeden, der draußen vorüberging, vollkommen sichtbar war. Sich so leise, wie er es vermochte, auf den Dielen bewegend, die bei jedem Schritt knirschten und knarrten, ging er durch den Vorhang in das Dunkel dahinter, das von den wenigen Lichtstrahlen, die durch den Vorhang aus dem Laden hereinfielen, ein wenig erhellt wurde. Oben war es stockdunkel, und man hörte keinen Laut von dort.
    Hero zog das kleine Nachtsehgerät aus seiner Tasche und leuchtete mit ihm die Möbelstücke ab, um einen sicheren Weg zur Treppe zu finden, so daß er sie auch in völliger Dunkelheit würde erreichen können. Er wagte noch nicht, die Taschenlampe zu benutzen.
    Er hatte seine Armbanduhr abgenommen Und eingesteckt, damit die Leuchtziffern nicht sichtbar wurden, aber er zählte jetzt zwei Minuten lang ihr Ticken und lauschte. Nicht das geringste Geräusch war zu vernehmen. Er ging darum auf die Treppe zu, die in den ersten Stock führte, und stieg sie unendlich behutsam, sich von Stufe zu Stufe weitertastend, hinauf.
    In dem Salon oben war es heller, jedenfalls so hell, daß

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