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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Einen Wagen. Ja sofort! Ich muß dringend zum Yard.“
    Sergeant White schaffte die Fahrt zum Yard in neun Minuten, gemäß dem knappen Befehl von Inspektor Eaton, der gelautet hatte: „Geben Sie Gas, White.“ Es waren die einzigen Worte, die der Inspektor während der ganzen Fahrt sagte. Er saß hinten im Wagen. Shapton durfte vorn neben White sitzen, was ihn noch mehr in seinem Gefühl bestärkte, plötzlich eine wichtige Persönlichkeit zu sein. Ja, die Jungs vom Yard würden aus dem Staunen nicht mehr herauskommen. Dafür würde er schon sorgen. Er, der Taschendieb Colin Shapton.
    Mit Colin Shaptons Hochgefühl ging es dann rapide bergab, je weiter sich der Aufzug im Yard dem sechsten Stock näherte. Noch immer sagte Inspektor Eaton kein Wort, aber sein durchdringender Blick ging dem Taschendieb bis auf die Knochen. Seine Bewegungen wurden auf ein Minimum reduziert. Körperlich bot er dem potentiellen Gegner keinen Angriffspunkt. Er war noch nie in der Höhle des Löwen gewesen. Seine Gaunereien standen hier auf keiner Karteikarte. Taschen- und Eierdiebe waren im Yard nicht gefragt.
    Vollends rutschte das Herz dem vorhin noch so mutigen Langfinger in die Hose, als ihn John Eaton in das Büro von Chiefinspector Andrew Ellis brachte, wo er bereits erwartet wurde. Ellis musterte ihn hinter seinem Schreibtisch mit strengen Augen, von oben bis unten und deutete wortlos auf einen leeren Stuhl ihm gegenüber.
    Daneben an der Wand lehnte Inspektor Bert Ridley, Chef der Sondereinheit gegen Menschenschmuggel im Yard. Ridley war das genaue Gegenteil von Ellis. Während der Chief gut einsneunzig groß war, schlank und fast schlaksig wirkte, war Ridley kaum größer als Shapton selbst, aber dafür enorm breit in den Schultern. Keiner von beiden machte auf den Taschendieb den Eindruck, als würde er sich während der Arbeit die Zeit mit Späßen vertreiben. Colin Shapton sehnte sich in diesem Moment direkt nach Inspektor Eaton. Der war aber nach einer kurzen Begrüßung bereits wieder gegangen.
    Chiefinspector Ellis kam ohne Umschweife zur Sache. „Was wissen Sie über die Phantombande, Shapton?“
    Der Taschendieb machte noch einen schüchternen Versuch. „Komme ich dann frei?“ Es klang recht kleinlaut.
    „Wir werden sehen, Shapton.“
    Der Taschendieb begann auszupacken, erst stockend, dann flüssiger. Ellis oder Ridley unterbrachen ihn nur manchmal mit kurzen Zwischenfragen. Ellis ließ jedesmal, wenn er etwas Wichtiges vernahm, die Mine seines Kugelschreibers herausspringen. Colin kam regelmäßig aus dem Takt, weil es für ihn klang, als würden Handschellen zuschnappen.
    „Das war so... Auf der Suche nach einem kostenlosen Quartier entdeckte ich ein offenes Fenster von einem Hotel
    „Wie hieß das Hotel?“
    „Hotel Star in Watford. Ich hatte es mir gerade einigermaßen bequem gemacht, als die Leute von der Phantombande hereinkamen...“
    Colin Shapton erzählte alles, was er in seinem Versteck erlauscht hatte.
    Die anfängliche Skepsis der beiden Beamten wich dabei bald echtem Interesse, wenn auch die wichtigsten Informationen in Shaptons Bericht fehlten. Über eine Tatsache regte sich Chiefinspector Ellis besonders auf: „Was sagen Sie da... am 21. Mai war das Ganze schon. Und da kommen Sie erst jetzt?“
    Der Taschendieb wurde noch etwas kleiner auf seinem Stuhl, als sich Bert Ridley darauf einmischte: „Und dafür will er noch Vergünstigungen. Es wäre besser gewesen, wir hätten den Burschen ein paar Wochen früher geschnappt.“
    Colin Shapton, der seine Felle immer mehr davonschwimmen sah, versicherte in kläglichem Eifer: „Aber dieser Reg hat ganz deutlich gesagt, daß das Unternehmen mindestens drei Monate dauern würde.“
    „Der Name von dem Oberboß ist wirklich nie erwähnt worden?“ Die Frage kam von Andrew Ellis.
    „Nein, Chiefinspector. Ganz bestimmt nicht. Ich bin sicher, daß den nur dieser Reg kennt.“
    Bert Ridley rieb sich mit der rechten Hand das Kinn, das von starkem Bartwuchs bläulich schimmerte. „Betrachten wir die Sache rein rechnerisch, hat die Phantombande inzwischen etwa zweihundert Asiaten ins Land gebracht. Diese Tatsache stimmt mich nicht gerade milder mit unserem Freund hier.“
    Damit meinte er den Taschendieb, der ihn jetzt ängstlich ansah. Die Yard-Leute waren ihm nicht geheurer als die Phantomjungs.
    Ridley fuhr fort: „Und wir wissen nicht, wo diese Asiaten geblieben sind, wir wissen nicht, auf welchem Weg sie hereingeschmuggelt werden. Wir wissen nicht

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