Die Hand
einmal, ob unser Eierdieb hier die Wahrheit sagt oder alles erfunden hat. Das ist verteufelt wenig, was wir da in der Hand haben. Und wir sind verdammt spät dran.“
„Taschendieb, Sir. Taschendieb“, berichtigte Colin Shapton gekränkt und setzte hinzu: „Warum sollte ich lügen, Sir?“
„Na, das liegt jawohl sonnenklar auf der Hand“, sagte Chiefinspector Ellis.
„Ich habe nicht gelogen. Ehrenwort.“ Zur Bekräftigung seiner Worte hob der Taschendieb feierlich die rechte Hand, was so komisch aussah, daß selbst Ellis und Ridley schmunzeln mußten.
„Na ja,“ bemerkte Ellis darauf. „Über Ihre Freiheit werden wir uns unterhalten, wenn sich Ihre Angaben als wahr herausgestellt haben. Vorerst erhalten Sie erst einmal bei uns im Yard Quartier.“
Ellis rief laut nach einem Sergeant, der den unglücklichen Taschendieb abführte.
Als die beiden Beamten allein waren, rieb sich Bert Ridley wieder nachdenklich das Kinn. „So unwahrscheinlich es klingen mag, aber wenn die Asiaten über Skandinavien hereingeschmuggelt werden, käme als Operationsgebiet der Phantombande Schottland in Betracht — der Seeweg.“
Ellis nickte. „Daran habe ich auch schon gedacht. Es klingt so verrückt, daß es wahr sein könnte. Komisch ist auch, daß wir nichts davon bemerkt haben, daß eine immerhin beträchtliche Anzahl von wahrscheinlich zweihundert Pakistani und Indern illegal eingewandert ist. Oder hat Ihre Abteilung da irgendwelche Hinweise, Ridley?“
Der Angesprochene schüttelte den Kopf. „Nicht die geringsten. Wenn innerhalb der letzten zwei Monate in unserem Bereich eine derartige Menge Asiaten aufgetaucht wäre, hätte diese Tatsache uns nicht verborgen bleiben können. Meine Männer haben ihre Ohren mittlerweile überall. Aber bei uns ist es in der letzten Zeit in dieser Hinsicht geradezu ruhig, eben weil wir in der Vergangenheit tüchtig aufgeräumt haben. Mir ist das alles ein ziemliches Rätsel, wenn ich ehrlich sein soll.“
Chiefinspector Andrew Ellis hatte einen Entschluß gefaßt: „Wir sollten uns auf alle Fälle mal dieses Hotel Star in Watford ansehen. Erst einmal unauffällig. Es wäre ja immerhin möglich, daß die Phantombande dort einen Spitzel hat. Sergeant Robson soll sich da mal für einige Tage einquartieren. Inkognito. Der sieht sowieso mehr nach einem Staubsaugervertreter aus als nach einem Polizisten.“
Bert Ridley stand auf. „Okay, ich leite das in die Wege.“
An der Tür hielt ihn Ellis’ Stimme noch einmal zurück: „Und, Ridley, sagen Sie Scott Skiffer, er soll zu mir kommen. Der bearbeitet doch diese Rauschgiftsachen. Mir ist da ein ganz komischer Gedanke gekommen. Eigentlich ist es mehr ein Gefühl. Aber bisher habe ich mich auf meinen Instinkt verlassen können...“
„Sonst säßen Sie ja auch heute nicht auf diesem Stuhl“, flachste Ridley und ging. Er konnte sich schon mal einen Scherz Andrew Ellis gegenüber erlauben. Immerhin hatten sie sechs Jahre lang in einem Team gearbeitet, damals im Revier in Berkshire.
Perry Clifton hat Probleme
Immer noch 30. Juli.
Um 18 Uhr 50, gut sieben Stunden nach den Aussagen von Colin Shapton in London, läutete in Wilkesham bei William Miller das Telefon, worauf sich folgendes Gespräch entwickelte:
„Hier spricht Miller.“
„Und hier ist Clifton. Guten Abend, Mister Miller.“
„Ah, hallo, Mister Clifton... Sie wollen doch nicht wieder absagen? Wo ich doch schon alles für Ihren nächtlichen Empfang vorbereitet habe.“
„Mit dem nächtlichen Empfang wird es wohl nichts werden, Mister Miller. Leider. Ich habe fast fünf Stunden Reiserückstand.“
„Wo stecken Sie denn?“
„Ich rufe von einer Tankstelle in Blackwood an.“
„Blackwood???“
„Das liegt etwa zwanzig Meilen vor Glasgow. Das einzige, was mir auf der ganzen Fahrt bisher treu geblieben ist, war das Pech. Erst hat sich ein Tanklastzug quergestellt. Das kostete mich glatte zweieinhalb Stunden Wartezeit. Kurz vor Carlisle gab’s dann einen zweiten Unfall. Ein Biertransporter legte sich mit einem Langholzwagen an, was unentschieden endete. Die Holzstämme blockierten die Straße, und ein Bierfaß platzte.
Das Ergebnis: Weitere zwei Stunden Wartezeit. Bei Lockerbie hat’s mich dann selbst erwischt: Reifenpanne. Dazu ein Wagenheber, den nichts dazu bewegen konnte, den Wagen auch nur ein paar Zentimeter vom Boden wegzubringen. Ich hoffe nur, daß das kein böses Omen für unser Unternehmen ist.“
„Im Gegenteil. Denken Sie an Mitchel Hook. Ja,
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