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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Bedenken geäußert:
    „Die Jungs, vor allem Ritchie, fragen sich, was in den Paketen ist, die von den Pakistani gebracht werden. Sie sind ärgerlich, weil sie über den Inhalt nicht informiert werden, Boß. Und ich muß ehrlich sagen, ich kann sie verstehen. Sie sind von den früheren Unternehmen gewöhnt, daß sie über alles aufgeklärt werden. Soll ich ihnen nicht doch besser sagen, worum es bei den Sendungen geht?“
    „Auf keinen Fall.“
    Reg spürte Ärger in sich hochsteigen. Die HAND hatte manchmal eine Art an sich, daß man sich vorkam wie ein dummer Junge. Aber auch Reg kam gegen ihre Autorität nicht an. Ja, manchmal jagte ihm die Kälte, die von der HAND ausging, eisige Schauer über den Rücken. Widerwillig gestand er sich ein, daß ihm der Gedanke, die HAND zum Feind zu haben, Angst einflößte. Dementsprechend lahm fiel sein Protest aus:
    „Ich dachte ja nur, daß man die Jungs besser bei Laune halten sollte. Schließlich tragen sie auch ein nicht geringes Risiko bei der ganzen Sache.“
    „Dieses Unternehmen ist durch und durch durchdacht. Risiken sind klein gehalten. Habt ihr plötzlich kein Zutrauen mehr? Außerdem verdient ihr doch viel Geld dabei.“
    Reg Stewart gab es auf. Gegen die HAND war einfach nicht anzukommen. Und sie hatte ja irgendwie auch wieder recht. Bei einer Bezahlung von vierzigtausend Pfund oder mehr konnte der Chef verlangen, daß seine Anweisungen strikt befolgt wurden.
    Die HAND war schon im Begriff, aus dem Wagen zu steigen und meinte: „Nachdem wir jetzt ausreichend Zeit mit Banalitäten verplempert haben, darf ich mich wohl jetzt verabschieden. Oder gibt es noch was?“
    Reg Stewart schüttelte den Kopf.
    Die HAND schlug die Tür von außen zu, beugte sich aber noch mal zum offenen Autofenster hinunter.
    „Also dann, Reg. Alles klar. Wenn jeder von uns die Nerven behält, kann überhaupt nichts schief gehen. Du wirst sehen. Wer will, kann sich dann immerhin zur Ruhe setzen und sich ein sorgenfreies Leben leisten.“
    Reg Stewart sah der HAND mit gemischten Gefühlen nach und brummte: „Na hoffentlich.“ Dann startete er seinen Wagen.
    Ein sorgenfreies Leben, hatte die HAND gemeint. Vielleicht hätte sie sich mehr Sorgen um die nächste Zukunft machen sollen. Aber daran verschwendete sie keinen Gedanken. Der Chef der Phantombande war sich so sicher, allen anderen haushoch überlegen zu sein, daß es für ihn einfach nicht vorstellbar war, jemand könnte seine Pläne durchkreuzen. Kurz, die HAND litt unter einer Eigenschaft, die schon manchen anderen zum Verhängnis geworden war, an maßloser Selbstüberschätzung.
    Nichts kommt so sicher wie der Regen nach dem Sonnenschein und der Fall nach dem Höhenflug, hätte Großvater Miller gesagt. Und er hatte meistens recht. Nur- die HAND fühlte sich mehr denn je ganz oben.

    Ritchie Carryl, der um diese Zeit das Bahnhofspostamt in Glasgow betrat, konnte das von sich nicht behaupten. Er war unrasiert und übernächtigt. Und mit seinen Nerven stand es nach dem fast geplatzten Transport letzte Nacht auch nicht zum besten. Das Hickhack um diesen verdammten verlorengegangenen Talisman steckte ihm noch gewaltig in den Knochen.
    Zu seinem Ärger standen jetzt auch noch acht andere Personen vor ihm am Paketschalter, wo ein Beamter mit geradezu aufreizender Ruhe hantierte, wobei ihm ein anderer, kaffeetrinkender Kollege gelangweilt zusah.

    „Gleich fange ich an zu schreien“, dachte Ritchie. Ihm knurrte der Magen. Wütend musterte er das Paket unter seinem Arm, als wäre es die Ursache allen Übels. Dabei wußte er nicht einmal über den Inhalt Bescheid, was ihn am meisten wurmte. Ritchie fühlte sich als Botenjunge mißbraucht, wo er nichts sehnlicher wünschte als eine Mütze voll Schlaf.
    Endlich kam er an die Reihe und konnte sich eine bissige Bemerkung den beiden Beamten gegenüber nicht verkneifen. „Hoffentlich bekommen Sie keine Kreislaufbeschwerden bei dem Tempo, das Sie hier vorlegen. Oder hat Ihnen der Arzt leichte Arbeit verboten?“
    Der mit dem Kaffee ließ den Becher sinken: „Reißen Sie hier keine dummen Witze, Mann. Wenn es Ihnen zu langsam geht, hindert Sie niemand daran, Ihr Paket höchstpersönlich an den Bestimmungsort zu bringen.“
    „Das fehlte mir noch“, dachte sich Ritchie. „Jetzt noch nach London, und ich könnte mich selbst als Paket verschicken lassen.“ Wenn die so weitermachten, durfte er froh sein, wenn die Sendung noch, wie geplant, mit dem 20-Uhr-15-Zug nach London mitkam. Um sieben

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