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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Uhr früh würde sie dort ankommen und bis Mittag im Old Commercial landen. Am Abend würde dann Jerry Hos-kins das Paket dort abholen. Letzteres wußte Ritchie Carryl natürlich nicht, ebensowenig wie er Hoskins kannte. Er wäre auch nicht besonders erfreut über diese Bekanntschaft gewesen. Ritchie hatte eine richtige Abneigung gegen Gauner. Er selbst hielt sich nicht dafür. Den meisten seiner Art wird derartiges erst bewußt, wenn ihnen ein Polizist die Hand auf die Schulter legt. Ritchie Carryl war diesem Augenblick allerdings schon näher, als er es sich vorstellen konnte. Das heißt, ein Ritchie Carryl konnte sich so etwas eigentlich überhaupt nicht vorstellen.
    In diesem Punkt war zur Zeit Jerry Hoskins ebenso weit von der Realität entfernt wie Ritchie. Auch er dachte im Moment an viel angenehmere Dinge als an einen vergitterten Raum von zwei mal drei Metern. Dabei war ihm das Unglück am nächsten von allen. Er unterhielt sich sogar gerade damit. Obwohl Jerry Hoskins immer der festen Überzeugung war, einen Polizisten auf hundert Meter zu erkennen, war er im Moment nur zehn Zentimeter von einem Kriminalbeamten entfernt und merkte nichts.

Sergeant Robson spielt eine neue Rolle

    „Hier wird Donald Striker bestimmt nicht alt“, raunte der Neue im Haus der Hoffnung, niemand anderer als Jim Robson, Jerry Hoskins ins Ohr. Beide waren damit beschäftigt, eine Tischplatte aus Kirschbaum zu beizen. Der Sergeant hatte sein Haar auf halbe Streichholzlänge kurzgeschoren, und seine angeborene Blässe vervollständigte den Eindruck eines Mannes, der in letzter Zeit nicht allzuviel an der frischen Luft war.
    Jerry Hoskins wiederum machte nicht den gesprächigsten Eindruck, aber wie wir wissen, ließ Jim Robson sich durch solche Kleinigkeiten nicht abhalten. „Ich sehe doch, daß es dir hier auch stinkt“, flüsterte er.
    Jerry machte nur „Hmm“.
    Donald Striker zog ein Päckchen Ingwer-Stäbchen aus der zerbeulten Hosentasche und bot, selbst eins genußvoll im Mund herumwandern lassend, eins davon Hoskins an. Er zog ihm eines dieser Schleckerstäbchen wie eine große Zigarre unterhalb der Nase vorbei.
    „Ich mag das nicht. Das riecht ja ekelerregend“, meinte Hoskins und schüttelte sich dabei.
    „Was, du magst das nicht? Das gehört zum Feinsten vom Feinen aller edlen Konfiserien...“ und dabei stubste Striker alias Robson mit stahlhartem Zeigefinger jedesmal gegen die Brust seines Gegenübers. Er spreizte den rechten kleinen Finger von den übrigen Fingern ab wie einst die Edelleute. Sie trugen so große Ringe am kleinen Finger, daß er nicht mehr an die anderen Finger angelegt werden konnte.... und je größer der Ring, desto edler der Mann.
    „Was habe ich hier verloren? Da draußen in der großen noblen Welt wartet man auf mich. Die Geschäfte rufen. Edelsteine werden blind, wenn sie mich nicht sehen, Hummer verderben, dürfen sie nicht auf meiner Zunge zergehen, Pflastersteine geraten aus den Fugen, trete ich sie nicht mit Füßen. Das ist Leben. Was ist das hier?“ Etwas erstaunt fragte Jerry: „Weshalb hast du gesessen?
    „Geldfälscherei nennen es die Richter, Blütenhandel nenne ich es. Siehst du Dreck an meinen Händen?“ Hoskins reagierte darauf, indem er verächtlich die Mundwinkel herabzog.
    „Falschgeld. Mit so was gebe ich mich nicht ab. Mich interessieren nur echte Kohlen. Und davon werde ich bald eine Menge haben.“
    „Kohle, welch ein übles Wort. Doch auch ich habe nichts gegen Bargeld, mein Freund. Kann ich deiner Bemerkung entnehmen, daß du vorhast, ein Geschäft zu tätigen? Könnte ich mich daran beteiligen?“
    „Hab’ schon zuviel gesagt“, brummte Hoskins unwillig-
    „Vergiß es, Mister.“
    Jerry Hoskins sah ihn scharf an: „Du scheinst mir ein ganz Schlauer zu sein. Daß du nur nicht zu schlau wirst. Das ist noch keinem gut bekommen.“ Als er Donalds freundlich feixendes Gesicht sah, lenkte er ein: „Na ja, mal sehen. Vielleicht kannst du mir tatsächlich unter die Arme greifen und dir ein paar Scheinchen verdienen. Ich glaube nämlich, der Prendergast hat mich etwas auf dem Kieker. Ich muß vorsichtig sein.“
    Donald Striker war sehr zufrieden. Die Sache ließ sich nicht schlecht an.
    „Fünfzehn Minuten Pause“, rief in diesem Augenblick Horaz Prendergast und klatschte in die Hände.
    Jerry Hoskins gab Striker einen kurzen Wink, und fünf Sekunden später standen sie draußen vor der Schreinerei.
    „Heißt du wirklich Striker?“ fragte Hoskins beiläufig.

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