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Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number

Titel: Die Handschrift des Todes - Verdon, J: Handschrift des Todes - Think of a number Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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ein wenig Zeit - Zeit für eine glückliche Wendung. Zeit, um seinen Fehler auszubügeln. Wie hatte er nur so sorglos ihre Sicherheit aufs Spiel setzen können? Idiot!
    Kline wirkte beunruhigt. »Wie sind Sie in sein Visier geraten?«

    »Da müsste ich raten«, entgegnete Gurney mit gespielter Unbeschwertheit. Seine Schuldgefühle weckten den Verdacht in ihm, dass ihn sowohl Kline als auch Rodriguez mit unfreundlicher Neugier beäugten. Von Anfang an hatten ihn beim Schreiben und Abschicken dieses Gedichts Bedenken beschlichen, aber er hatte sich darüber hinweggesetzt, ohne ihnen nachzugehen und sie zu artikulieren. Er war entsetzt über die Lässigkeit, mit der er eine Gefahr und sogar eine Gefahr für andere ignorieren konnte. Was hatte er zu diesem Zeitpunkt empfunden? War ihm das Risiko für Madeleine auch nur annähernd bewusst gewesen? Hatte er etwa eine Ahnung davon gehabt, sie aber mit leichter Hand verscheucht? Konnte er so kaltschnäuzig sein?
    Mitten in seiner Angst hatte er nur noch eine Gewissheit. Noch länger in diesem Konferenzraum zu sitzen und weiter die Lage zu diskutieren, kam nicht in Frage. Wenn Dermott der Nächste auf der Liste war, dann bestand dort die beste Chance, den Mörder zu finden und der Gefahr ein Ende zu setzen, ehe sie ihn einholte. Und wenn er selbst nach Dermott an der Reihe war, dann wollte er diesen Kampf so weit wie nur möglich von Walnut Crossing entfernt austragen.
    Er schob den Stuhl zurück und stand auf. »Wenn Sie mich bitte entschuldigen, ich muss dringend weg.«
    Zunächst erntete er nur verständnislose Blicke.
    Kline begriff als Erster. »Mein Gott! Sie wollen doch nicht nach Connecticut?«
    »Ich habe eine Einladung bekommen und nehme sie an.«
    »Das ist Wahnsinn. Sie wissen doch gar nicht, worauf Sie sich da einlassen.«
    Rodriguez bedachte Gurney mit einem abschätzigen
Blick. »An einem Tatort, wo es nur so wimmelt von Polizisten, kann man sich ziemlich sicher fühlen.«
    »Normalerweise ja«, sinnierte Holdenfield. »Außer …« Sie ließ den Gedanken unvollendet, als wollte sie ihn erst noch aus verschiedenen Richtungen inspizieren.
    »Außer was?«, fauchte Rodriguez.
    »Außer der Mörder ist ein Polizist.«

46
    Ein einfacher Plan
    Es war fast zu leicht. Eigentlich hätte der Tod von zwanzig gutausgebildeten Polizisten in zwanzig Sekunden kompliziertere Planungen erfordern müssen. Es war kaum zu fassen, dass eine Tat dieser Größenordnung nicht mehr Mühe bereitete. Immerhin sollte es die größte Auslöschung dieser Art werden, die je gelungen war - zumindest in Amerika und in jüngerer Zeit.
    Die Tatsache, dass es trotz der offenkundigen Einfachheit noch niemand geschafft hatte, belastete ihn und spornte ihn zugleich an. Doch dann traf ihn eine beruhigende Erkenntnis: Einen Mann mit schwächeren geistigen Fähigkeiten und geringerer Konzentrationskraft mochte so ein Vorhaben abschrecken, aber nicht ihn mit seiner Klarheit und Sorgfalt! Alles war relativ. Ein Genie konnte sich spielend über Fallstricke hinwegsetzen, in denen sich gewöhnliche Menschen hoffnungslos verhedderten.
    Die Chemikalien waren lächerlich einfach zu erwerben, ziemlich billig und hundertprozentig legal. Auch der Kauf größerer Mengen weckte keinen Verdacht, da sie täglich für industrielle Anwendungen benötigt wurden. Dennoch hatte er die zwei Komponenten vorsichtshalber bei verschiedenen Händlern erstanden, um jeden Hinweis auf ihre Kombination zu vermeiden, und die beiden Zweihundertliter-Druckbehälter in einem dritten Laden erworben.

    Nun, da er gerade mit einem Lötkolben letzte Hand an ein selbstgebasteltes Rohr legte, um die tödliche Mischung in die Behälter zu füllen, fiel ihm ein mögliches Szenario mit einem Höhepunkt ein, der seine Fantasie so erregte, dass sich ein strahlendes Lächeln auf sein Gesicht legte. Er wusste, dass das, worüber er da spekulierte, wahrscheinlich nicht eintreten würde - dafür waren die chemischen Abläufe einfach zu unberechenbar -, doch möglich war es. Zumindest denkbar.
    Auf der Website über chemische Gefahrstoffe gab es eine Warnung, die er sich eingeprägt hatte. Sie stand in einem roten Kasten, umgeben von roten Ausrufezeichen. »Aus dieser Mischung von Chlor und Ammoniak entsteht nicht nur ein tödliches Gas, sondern sie ist in dem angegebenen Mengenverhältnis auch höchst instabil und kann schon durch einen Funken explodieren.« Was ihn so begeisterte, war die Vorstellung, wie alle Beamten der Polizei von Wycherly in

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