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Die Hassliste: Roman (German Edition)

Die Hassliste: Roman (German Edition)

Titel: Die Hassliste: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Brown
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und stand auf. Sie zitterte am ganzen Körper.
    »Es ist wegen ihr«, sagte sie, ohne sich zu bewegen. Allen war klar, wen sie meinte, und jeder in der Klasse drehte sich zu mir. Sogar Mrs Tennille warf einen kurzen Blick in meine Richtung. Ich senkte wieder das Gesicht und grub meine Nägel noch tiefer in die Handflächen,saugte meine Lippen nach innen und biss fest auf sie drauf. »Ich kann nicht mit ihr hier sitzen, ohne dass ich dauernd dran denken muss   … an das   …« Sie holte tief Luft und atmete mit einem derart leidvollen Geräusch wieder aus, dass sich mir die Haare im Nacken aufstellten. »Warum durfte sie zurückkommen?«
    Sie packte ihren Rucksack mit beiden Händen und umklammerte ihn, als könnte er ihr Halt geben, dann rannte sie zwischen den Tischen durch und schubste Meghan und Kelsey zur Seite.
    Mrs Tennille machte einen Schritt auf sie zu, blieb dann aber wieder stehen. Sie nickte kaum merklich und Ginny stürmte aus dem Klassenzimmer, ihr entstelltes, zerklüftetes Gesicht zu einer Grimasse verzogen.
    Einen Moment lang war es still. Ich kniff die Augen zu und zählte innerlich von fünfzig rückwärts – noch eine Bewältigungsstrategie, die mir irgendwer beigebracht hatte. War es Dr.   Hieler oder Mom gewesen? Ich wusste es nicht mehr. In meinen Ohren klingelte es und ich war total unruhig und zappelig. Sollte ich vielleicht auch verschwinden? Ginny hinterherlaufen und mich bei ihr entschuldigen? Oder sollte ich besser nach Hause gehen und nie mehr wiederkommen? Gab es irgendwas, das ich den andern sagen könnte? Was um Himmels willen sollte ich tun?
    Am Ende räusperte sich Mrs Tennille wieder, wandte sich zur Tafel um und nahm ihren Stift. Ihr war anzusehen, wie verunsichert sie war, aber trotzdem gab sie sich ganz beherrscht. Die gute alte Tennille und ihr Gleichmut. Nichts konnte sie begeistern, aber dafür auch nichts aus der Fassung bringen.
    »Also, wie gesagt«, begann sie und machte einfach weiter mit ihrer Schulanfangsrede.
    Ich blinzelte, um die kleinen weißen Lichter zu verscheuchen, die vor meinen Augen tanzten, und versuchte, mich auf das zu konzentrieren, was sie sagte. Aber das war kaum möglich, denn jetzt lagen wieder alle Blicke auf mir.
    »In der nächsten Unterrichtseinheit werden wir uns   …«
    Die Unruhe wuchs und wieder blickte sie in die Klasse und unterbrach sich. Ich schaute kurz zur Seite und sah, dass ein paar Leute erhitzt miteinander redeten.
    »Ruhe«, verfügte Mrs Tennille mit einer Stimme, die immer noch fest wirkte, der aber ihre übliche Autorität fehlte. »Ihr hört mir jetzt bitte zu.«
    Die andern hörten auf zu reden, blieben aber unruhig.
    »Ich möchte jetzt ungestört weitermachen, damit wir nicht schon am Anfang des Schuljahrs in Rückstand geraten.«
    Sean McDannon hob die Hand.
    »Ja, Sean?«, sagte sie und ein Hauch von Verzweiflung schlich sich in ihre Stimme.
    Sean hustete in seine Faust, wie Männer es manchmal tun, wenn sie wollen, dass ihre Stimme nicht so klingt wie immer, sondern richtig maskulin und superenergisch. Er schaute mich kurz an, blickte aber gleich wieder weg. Ich versuchte ein kleines Lächeln, was nichts brachte, denn er sah es nicht mehr.
    Sean war okay. Er hatte keine Probleme mit irgendwem. Keiner mochte ihn besonders gern und keiner hasste ihn. Er fiel einfach nicht auf, was hier an der Highschool ein Riesenvorteil war, denn dadurch hackte auchkeiner auf ihm rum. Jedenfalls hatte ich noch nie gemerkt, dass irgendwer auf ihm rumhackte. Er hatte gute Noten, war immer dabei, wenn an der Schule was los war, hielt sich aus allem Ärger raus, hatte eine Freundin, die nicht weiter auffiel. Er wohnte in der gleichen Straße wie wir, nur ein paar Häuser weiter, darum hatten wir miteinander gespielt, als wir klein waren. Später redeten wir kaum noch miteinander, aber wir hatten nichts gegeneinander und sagten uns Hallo, wenn wir uns irgendwo in der Schule oder an der Bushaltestelle über den Weg liefen. Alles normal und in Ordnung.
    »Mhm, Mrs Tennille, Mrs Tate hat doch gesagt, wir   … sollten reden   … na ja, über das, was passiert ist, und so   …«
    »Das ist doch total unfair, dass Ginny diejenige ist, die geht«, sagte Meghan. Sean hatte nach dem ersten kurzen Blick bewusst vermieden, mich anzusehen, aber Meghan drehte mir dramatisch den Kopf zu und blitzte mich an. »Ginny hat schließlich nichts verbrochen.«
    Mrs Tennille schob den Schwammwischer von einer Hand in die andere. »Niemand hat Ginny

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