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Die Hassliste: Roman (German Edition)

Die Hassliste: Roman (German Edition)

Titel: Die Hassliste: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Brown
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Campbell oder ich.
    »Ehrlich gesagt hab ich meine Eltern noch nicht gefragt«, nuschelte ich Jessica zu. »Das wollte ich am Wochenende tun.«
    Sie wischte meinen Satz mit einer Handbewegung weg, ihre ganze Aufmerksamkeit galt jetzt dem anderen Ende des Tischs. Ihre Augen waren zu Schlitzen geworden, ihr Blick forderte ihre Freunde heraus: Keiner von ihnen sollte es wagen, laut zu sagen, dass sie mich hier am Tisch nicht haben wollten. Ihre Gabel hielt sie die ganze Zeitüber vor sich ausgestreckt. Die Stimmung am Tisch schlug um, Unbehagen machte sich breit.
    Jeder starrte jetzt hinab auf das eigene Tablett und es wurde nicht mehr geredet. Ein paar Leute brummelten vor sich hin – ich hörte, dass es um mich ging, verstand aber nicht, was sie sagten.
    Dann allerdings hörte ich jemanden sagen: »Bringt sie denn ihr Notizbuch mit?«, und irgendwer anderer antwortete lachend: »Kommt sie zusammen mit einem Typen?«
    Es war zu viel. Wie dumm von mir zu glauben, dass ich hier dazugehören könnte. Das war nicht möglich, auch nach der ganzen Zeit nicht. Und auch nicht mit Jessica an meiner Seite.
Schau dir einfach an, was da ist
, hatte Dr.   Hieler mir aufgetragen.
Schau dir an, wie die Wirklichkeit ist
. Jetzt sah ich, was wirklich da war, und nichts davon war gut. Es war alles genauso wie vorher. Nur dass ich vorher ihre Namen auf die Hassliste gesetzt hätte und zu Nick gelaufen wäre, der mich getröstet hätte. Jetzt war ich ein anderer Mensch und ich hatte keine Ahnung, was ich tun konnte, außer wegzulaufen.
    »Ich hab was vergessen«, sagte ich, erhob mich und nahm mein Tablett. »Ich muss vor der sechsten Stunde unbedingt noch mein Englischreferat abgeben, sonst kriege ich null Punkte. Wie blöd.« Ich versuchte, ganz lässig zu tun, aber mein Mund war total ausgetrocknet und ich war mir sicher, dass es beim Sprechen in meiner Kehle knackste.
    Ich trug mein Tablett zur Geschirrrückgabe, kippte mein gesamtes Mittagessen in den Abfall und hastete aus der Cafeteria, wobei ich undeutlich Dr.   Hielers Stimme inmeinem Kopf hörte:
Wenn du weiter abnimmst, Valerie, wird deine Mutter wieder anfangen, mich in Sachen Magersucht zu löchern.
Ich marschierte geradewegs zu den Mädchentoiletten im Sprachentrakt und schloss mich in der Behindertenkabine ein. Da blieb ich, bis die Glocke läutete, und versprach mir hoch und heilig, dass mich keine Macht der Welt dazu bringen würde, auf diese Party zu gehen.

 
    Ich saß auf meinem Bett und bewunderte das knallige Pink, mit dem ich mir gerade die Zehennägel lackiert hatte. Seit ich mir zum letzten Mal meine Nägel pink lackiert hatte, war ewig viel Zeit vergangen, darum hatte ich befürchtet, dass der Nagellack schon längst eingetrocknet wäre. Das Fläschchen war oben ganz verkrustet und der Lack hatte sich in zwei Lagen getrennt, pink unten und klar oben. Er war außerdem viel zu dickflüssig, darum hatte ich ein paar Tropfen Nagellackentferner hineingetan, und auf die Art funktionierte es dann.
    Normalerweise war Schwarz meine Farbe. Oder Dunkelblau. Ab und zu auch mal ein Jägergrün oder ein fieses Leichengelb. Aber irgendwann vor langer Zeit war einmal Pink meine Farbe gewesen. Alles war damals pinkfarben. Ich glaube, ich habe es übertrieben mit Pink. Und dann habe ich es übertrieben mit Schwarz. Ich weiß es nicht.
    Ich weiß nur, dass ich irgendwann die alte Schachtel mit Nagellack unter dem Waschbecken im Bad hervorgekramthatte – Nagellack aus der lang vergangenen Ära von Prinzessin Valerie, der Niedlichen, der die Himmelsmächte hold sind. Und dann hatte ich mich darangemacht, mir die Zehennägel in Knallpink anzumalen. Es würde schließlich keinem wehtun, wenn meine Zehen für ein paar Tage pink waren, oder?
    Ich wartete immer noch darauf, dass der Lack trocken wurde – ab und zu pustete ich mir auf die Zehen, aber ohne viel Energie dahinter   –, als es ganz leise an meiner Tür klopfte.
    Ich beugte mich vor und drehte die Musik leiser. »Jaaa?«
    Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit und Dad steckte den Kopf herein. Mit missbilligendem Gesicht schaute er hinüber zu meiner Anlage, also beugte ich mich vor und stellte sie aus.
    »Können wir reden?«, fragte er.
    Ich nickte. Er und ich hatten seit der Sache mit Britni/ Brenna in seinem Büro nicht mehr miteinander gesprochen.
    Er kam ins Zimmer und bahnte sich so vorsichtig seinen Weg, als wäre der Boden vermint. Mit dem Fuß schubste er einen Haufen T-Shirts weg. Mir fiel auf, dass er Schuhe

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