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Die Haushälterin

Die Haushälterin

Titel: Die Haushälterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Petersen
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Kleid fallen, rückte den BH zurecht und zog die Unterhose hoch.
    »Gute Nacht.«
    Sie legte sich hin.
    »Machst du das Licht aus?«
    Ich stand eine Weile da. Schließlich nahm ich die andere Decke, drückte auf den Lichtschalter tastete mich durch den Flur zur Küche.
    Ich trank einen großen Schluck Leitungswasser. Dann kroch ich unter den Tisch und kauerte mich zusammen, aber der Boden war hart und klebrig, jemand hatte sein Bier ausgekippt. Ich wartete eine Weile im Dunklen und lauschte den Geräuschen, einem Schnarchen, das aus der Wohnung nebenan zu kommen schien, und diesem Kichern, dessen Ursprung ich nicht ausmachen konnte. Schließlich stand ich wieder auf und schlich zurück in den kleinen Raum.
    »Ada«, sagte ich.
    Ich konnte sie atmen hören. Ich legte mich an den äußeren Rand der Matratze und dachte nach.
    »Ada«, sagte ich wieder.
    Plötzlich ging die Tür auf. Ein Lichtstrahl zuckte über die Wand. Jemand kam herein, das Schloß der Tür schnappte leise zu, und dann spürte ich etwas Großes neben mir unter die Decke kriechen.
    »Hi«, flüsterte Magda.
    »Bist du verrückt?«
    »Total.«
    Sie wälzte sich auf mich, kicherte und umklammerte mich mit ihren Schenkeln. Ich konnte riechen, daß sie sich die Zähne geputzt hatte.
    »Heiß hier, oder?«
    »Und eng«, sagte ich. »Geh bitte runter!«
    »Du bist süß«, flüsterte sie und schob ihren Daumen in meinen Mund. »Zeigst du mir dein Männchen?«
    Ich biß zu, so fest ich konnte. Sie schrie. Ich drückte sie weg, nahm meine Schuhe und rannte raus, die Treppe runter und über die Straße zum Park, am Koreaner vorbei, der neben dem Kiesweg lag.
    Mein Vater schnarchte. Ich schlich zum Schrank und griff hinter das geblümte Service, wo die Dose mit dem Aufdruck »Hirschapotheke« stand. Ich schluckte zwei Tabletten runter und spülte mit Orangensaft nach. Mein Schädel spannte, als wäre eine Ladung Beton hineingepumpt worden.
    Ich nahm den Telefonhörer und wählte Adas Nummer -ich hoffte, sie wäre inzwischen in ihre Wohnung zurückgekehrt, um in Erwartung eines Zeichens vor dem silbernen Christus zu knien. Zwanzigmal ließ ich es klingeln, dann schlich ich in den Keller, knipste das Licht in der Waschküche an und seifte mich in der Behelfsdusche ein. Ich schrubbte mit einer Bürste, bis meine Haut rot war und brannte. Die Wunde vom See war schon verschorft; ich löste den Schorf mit Flüssigseife und spülte ihn in den Ausguß. Die Schlaghose und die schwarze Bluse warf ich in die Wäschetrommel, ein Ort, den mein Vater mied.
    15
    Am Nachmittag holte ich noch zwei Tabletten. Auf dem Kühlschrank stand ein Karton von Penndorf, diesem Kaufhaus, dessen Tüten mit dem Aufdruck »Modisch Modern« ich sofort in den Müll warf, wenn sie bei uns herumlagen. Manchmal bestellte mein Vater per Telefon Socken und Unterwäsche.
    Diesmal war der Karton größer, fast so groß wie ein Sofakissen; ich dachte, es wäre vielleicht die Weste, die ich mir zum Wandern wünschte. Der Preis auf der Quittung kam ungefähr hin, hundertvierzig Mark. Ich schüttelte den Karton - ein sanftes Knistern, Seidenpapier. Ich schluckte die Tabletten runter, hob den Deckel ab und schlug das Papier zurück - es war ein Kleid, zitronengelb, mit abgesetzten Bündchen und einem Schriftzug auf der Brust:
    ENJOY SUMMER!
    Auf der Pappkarte, die im Dekollete steckte, trug eine junge Frau das Kleid, eine Brünette in Adas Alter. Kleider standen Ada, aber sie schien nur eines zu besitzen, dieses Schwarze, das sie bei der Party getragen hatte. Wahrscheinlich lief sie in Jeans herum, weil sie bei uns wenig verdiente und Geschäfte wie Penndorf ziemlich teuer waren.
    Ich stellte mir vor, wie mein Vater dasaß und in dem Katalog blätterte, wie er mit dem Kugelschreiber ein oder zwei Artikel anstrich und auf die Idee kam, genau dieses Kleid zu bestellten, daß er den Bestellschein ausfüllte, ihn in einen Umschlag steckte und dabei das Gefühl hatte, Ada eine Freude zu bereiten.
    Plötzlich mußte ich heulen. Ich heulte, wie ich schon seit Jahren nicht geheult hatte, und ich dachte, daß wahrscheinlich der Alkohol daran schuld war.
    Sie hatte bis Donnerstag frei. Der Donnerstag war auch mein erster Schultag nach den Ferien - ein Tag, für den ich sonst Schreibhefte kaufte, die Bücher in saubere Umschläge steckte und meine Buntstifte spitzte.
    Diesmal war mir alles egal. Bettinas krankes Chamäleon, Hajo mit seinen japanischen Comics und ob Herr Schlüter sich heimlich mit Frau Diestelmeyer

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