Die Hazienda des Gluecks
Grundbesitz erstreckte sich über eine so riesige Fläche, dass Colette gar nicht daran zu denken wagte, was ihr Mann wert war, wenn man Land, Geld und Macht als Maßstab anlegte.
Es war beinahe, als wäre ein mächtiger Feudalherr vorbeigeritten und hätte sie geraubt.
Marcus hatte sich durch soviel Reichtum beeindrucken lassen, und noch betäubt durch den Verlust ihres Vormundes und kaum einer Gefühlsregung fähig, hatte sie sich seinem letzten Wunsch gebeugt und in diese Heirat eingewilligt. So war sie zu einer verheirateten Frau geworden, ganz anders, als sie es sich je erträumt hatte, und sah einer Zukunft entgegen, von der sie sich kein Bild machen konnte. Ein neues Leben begann für sie, aber nicht hell und glücklich, sondern dunkel verhangen mit der Trauer um ihren Vormund und mit dem Ernst, dass sie nun Don Diablo gehörte, mit allem, was das mit sich bringen mochte.
"Unser Essen steht auf dem Tisch, Liebling. Es wird kalt, und ich möchte den besten Koch im Umkreis nicht gern verärgern." Colette fuhr erschrocken zusammen, denn sie hatte gar nicht gehört, dass Don Diablo neben sie getreten war.
"Würde es dir denn etwas ausmachen, wenn einer deiner Bediensteten sich ärgerte?"
Colette wandte sich um und sah ihn mit einem Blick an, in dem wie immer ein trotziger Ausdruck lag: "Ich hatte eigentlich den Eindruck, dass dich nichts auf der Welt wirklich erschüttern könnte."
"Dann hältst du mich also für gefühlskalt und hart wie Eisen", sagte er. "Hast du deshalb solche Angst davor, mir zu nahe zu kommen? Fürchtest du, dass dein zarter Körper Schaden nehmen könnte?"
Er ließ den Blick an ihrer schlanken Figur in dem lavendelblauen T-Shirt und den engen Hosen herabgleiten, und in seinen Augen glomm ein Funke auf.
"Schon in England fand ich dich schön, aber hier in meinem Land bist du noch außergewöhnlicher; denn dein Haar gleicht dem Gold, das mein Volk für die Konquistadoren aus dem Schoß der Erde holen musste."
"Du scheinst zu vergessen, dass du selbst auch das Blut der Konquistadoren in deinen Adern hast", entgegnete sie mit leisem Spott.
"Stimmt", gab er ihr recht, "und es wird bald zum Vorschein kommen, wenn du mich weiter so behandelst wie einen Fremden. Vergiss nicht, chica, ich bin dein Mann."
Es war Mittag, und die Luft flimmerte vor Hitze. Nur unter einem riesigen Limonenbaum konnte man ein wenig Kühle finden, und dort war auch der Tisch gedeckt worden.
"Komm, setz dich." Er rückte ihr einen Stuhl zurecht. Als sie Platz nahm, streifte sie ihn zufällig. Wie groß er doch war, und wie leuchtend weiß sich sein Hemd von seiner braunen Haut abhob. Marcus war auch nicht gerade hellhäutig gewesen, aber nicht annähernd so dunkel wie dieser Mann. Seit der Hochzeit in England waren sie pausenlos unterwegs gewesen und erst spät am vergangenen Abend eingetroffen. An diesem Morgen erst dämmerte es Colette, dass sie nun zu Hause war, dass sie die Hazienda nun wohl als ihr Heim bezeichnen musste. Heute begann ihr gemeinsames Leben mit Don Diablo Ezreldo Ruy.
"Das Essen wird dir schmecken", bemerkte er, "wenn du dich erst einmal daran gewöhnt hast, dass alles in Mexiko besonders stark gewürzt ist."
Weißgekleidete Indios traten an den Tisch, schenkten den Wein ein und servierten das Essen. Colette spürte, dass Don Diablo sie die ganze Zeit über schweigend beobachtete, und tief im Herzen begann sie unruhig zu werden.
Sie hatte Marcus sogar noch nach seinem Tode gehorcht und den Mann geheiratet, den er für sie ausgesucht hatte - blind vor Kummer und Hoffnungslosigkeit, hatte sie sich zum Altar führen lassen, der ihr jetzt eher wie eine Opferstätte vorkam.
Don Diablo hob sein Glas, in dem der Wein feurig rot funkelte wie die Rubine an Colettes linker Hand. "Dies ist unser eigentlicher Hochzeitsmorgen, denn nun sind wir auf meiner Hazienda. Darauf wollen wir anstoßen, mi vida."
"Es ist dir sicher klar ..." Sie biss sich auf die Unterlippe. "Du musst doch wissen, dass ich fürchterlich voreilig war, als ich dich geheiratet habe. Ich war wie von Sinnen über Marcus'
Tod, und auch jetzt kommt mir noch alles ganz unwirklich vor ..."
"Jetzt ist es zu spät, um sich die Sache anders zu überlegen", unterbrach er sie mit sanfter Stimme. "Du bist meine Frau, und ich bin dein Mann."
"Aber erst nur auf dem Papier!" Sie lehnte sich vor und sah ihn flehentlich an. "Unsere Ehe kann annulliert werden, denn wir haben nicht - wir sind noch nicht völlig aneinander gebunden."
"Aber das
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