Die Hazienda des Gluecks
wohl oder übel über ihre Heirat sprechen musste; das Thema würde sich nicht vermeiden lassen. "Ich lernte ihn kennen, als ich jemand verlor, der mir sehr nahestand. Ich hatte kein Dach mehr über dem Kopf, und ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Für irgendeinen Beruf war ich auch nicht ausgebildet worden, und so ließ ich mir einreden, dass Heirat mir die einzige feste Zuflucht in einer Welt bot, aus der plötzlich jede Wärme und Zuneigung verschwunden war. Ich erfuhr, es sei der letzte Wunsch meines Vormunds gewesen war, mich an der Seite dieses Mannes zu sehen. Ich ließ mich in diese Ehe hineintreiben wie eine Schlafwandlerin, die aus ihrem Traum nicht erwachen will, weil sie sonst in einen Abgrund stürzen würde."
"Aber er brachte Sie schon bald wieder in die Wirklichkeit zurück!" Gil lehnte sich ein wenig vor, und seine Augen waren todernst. Auch nicht die Andeutung eines Lächelns hellte sein Gesicht auf. "Er sah Ihre Schönheit und wollte Sie für sich, wie man ein Bild von Degas oder eine seltene Porzellanfigur für sich will."
"Ja, so war es. Es klingt unglaublich, nicht wahr? So, als hätte ich die Geschichte erfunden? Heutzutage gibt es wahrscheinlich nicht sehr viele Mädchen, die sich willenlos zum Altar führen lassen."
"Sie müssen ihm davonlaufen", sagte Gil leise. "Sie müssen über die Grenze in die Staaten fliehen. Dort sind Sie vor ihm sicher. Es ist doch unmöglich für Sie, weiter mit diesem Kerl zusammenzuleben!"
Das empörte Funkeln in seinen Augen beunruhigte Colette. Sie wollte nicht, dass er da persönlich mit hineingezogen wurde. Sie hatte lediglich gehofft, dass er jemand kannte, der sich für eine erkleckliche Summe bereit erklären würde, sie über die Landesgrenze zu fahren.
"Dieser Kerl ist ein lebendiger Anachronismus", erregte sich Gil. "Er lebt wie ein Feudalherr dort draußen auf seiner Hazienda. Wahrscheinlich sah er keine Gefahr darin, Sie hier allein zu lassen, denn die meisten Ortsansässigen sind bei ihm angestellt. Sie würden Brot und Arbeit verlieren, wenn sie Ihnen bei der Flucht behilflich wären - wenn sie nicht sogar Kopf und Kragen riskieren würden. Aber mit mir hat er nicht gerechnet, wie? Am Strand hat er mich angesehen, als ob ich eine Eidechse wäre, die er liebend gern zertreten würde.
Verflucht arrogant dieser Don Diablo!"
Gil runzelte die Stirn, als er sich an die Begegnung am Ozean erinnerte. "Ich werde alles tun, um Ihnen zu helfen, aus den Krallen dieses teuflischen Herrn zu entkommen - das wollen Sie doch, oder nicht? Sie haben doch sicherlich an Flucht gedacht?"
"Ich - ich habe daran gedacht", gab sie zu. "Aber es gibt da Schwierigkeiten ..."
"Schwierigkeiten sind dazu da, um überwunden zu werden", unterbrach sie Gil. "Sie empfinden doch nichts für diesen Kerl! Das können Sie ja auch unmöglich! Er gehört einem anderen Volk und einer anderen Kultur an. Außerdem ist er viel älter als Sie. Mein Gott, und Sie sind so schön!"
Bei diesen Worten beugte sich Gil vor und ergriff ihre Hände, an deren schmalen, blassen Fingern die wertvollen Ringe funkelten. "Dieser Schmuck ist verflucht kostbar, wissen Sie das? Er würde eine ganze Menge bringen, wenn Sie ihn verkaufen."
"Aber ich könnte die Ringe nie verkaufen", wandte sie hastig ein. "Das wäre eine Art Diebstahl, weil sie ein Familienerbe der Ezreldo Ruys sind. Aber ich habe noch etwas anderes, das er mir geschenkt hat. Es ist mein persönliches Eigentum, und ich habe daran gedacht, es zu Geld zu machen.“
"Ja, ich erinnere mich! Sie meinen sicherlich diese wunderbare Libelle, die Sie an Ihrem Kleid trugen, als wir uns das erste Mal begegnet sind!" Gil sah ihr in die Augen. "Sind Sie deshalb damals in den Juwelierladen gekommen? Sie wollten fragen, ob wir das Stück ankaufen würden?"
"Ich wollte es schätzen lassen, für den Fall, dass ich das Geld brauchen sollte." Colette nagte an ihrer Unterlippe, und ihre Hand zuckte in Gils Fingern, aber sie zog sie nicht weg.
"Da ist noch etwas - Don Diablo hat meinen Pass, und ohne Papiere werde ich nicht weit kommen. Wenn es mir nicht gelingt, Mexiko zu verlassen, wird er mich unweigerlich ausfindig machen, und hinterher würde es nur noch schlimmer für mich sein."
"Schlimmer? Was wollen Sie damit sagen? Er schlägt Sie doch nicht etwa?"
"Nein, ich meine damit, dass er mich noch schärfer bewachen würde. Er würde eine Frau niemals schlagen. Solch brutale Methoden braucht er gar nicht anzuwenden."
"Das heißt, er kann Sie mit
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