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Die Hebamme von Venedig

Die Hebamme von Venedig

Titel: Die Hebamme von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberta Rich
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Haar, und sagte: »Sie weiß so gut wie ich, dass es Juden verboten ist, christliche Babys auf die Welt zu holen. Was ist, wenn das Kind, Gott bewahre, eine Nottaufe braucht?«
    »Das kann sie dann übernehmen.«
    »Wie ich es immer schon gemacht habe«, sagte Giovanna und legte die breite Stirn in Falten.
    Es war gefährlich für einen Juden, christliche Feinde zu haben. Hannah musste diese Hebamme mit größter Umsicht behandeln. Sie ging zur Waschschüssel neben dem Bett, wrang ein nasses Tuch aus und legte es der Contessa auf die Stirn.
    »Ein Kind auf die Welt zu bringen ist Schwerstarbeit, nicht wahr?«
    Lucia nickte. Hannah tastete ihr den Leib ab, und ihr gefiel nicht, was sie da fühlte. Unsicher, was die Contessa von dem, was sie sagte, verstehen mochte, erklärte sie ihr: »Der Kopf ist verdreht und steckt fest. Ich muss versuchen, ihn zu bewegen.« Lucia öffnete die Augen und sah Hannah verständnislos an.
    »Ihr müsst Euch das so vorstellen: Wenn ich versuchen würde, Euch aus dem Fenster dort zu schubsen«, sie machte mit dem Kinn eine Geste zu dem schmalen Flügelfenster neben dem Bett hin, durch das silbern das Mondlicht fiel, »könnte ich mich hinter Euch stellen, Euch einen festen Stoß versetzen, und schon landetet Ihr unten im Kanal. So läuft es, wenn der Kopf des Babys in der richtigen Lage ist. Aber stellt Euch Folgendes vor: Ihr steht am Fenster, ja, aber zu einer Seite gebeugt, oder Ihr haltet Euch mit einer Hand an der Fensterbank fest. Dann würde auch ein kräftiger Stoß nicht helfen. Wenn das Baby falsch liegt, haben alle Wehen und alles Pressen keinen Erfolg.«
    Lucias Augen schlossen sich wieder. Wahrscheinlich hatte sie nicht ein Wort gehört.
    Hannah fuhr dennoch fort, weniger, um der Contessa die Situation zu erklären, als um sie sich selbst vor Augen zu führen. »Ich denke, dann würde ich Euch bei den Schultern nehmen und in die Mitte des Fensters rücken, um Euch anschließend mit einem Instrument von draußen herauszuziehen.«
    »So etwas ist möglich?« Lucias Stimme war kaum vernehmbar.
    Sie hatte also doch zugehört. »Bevor ich Euch diese Frage beantworten kann, muss ich zwei Finger in Eure Scheide legen. Das werde ich gleich tun, weil gerade keine Wehen kommen.«
    Hannah zog die Kerzen auf dem nahen Tisch ein wenig näher heran. Sie fasste in ihre Leinentasche, schob die silbernen Geburtslöffel zur Seite und holte ein Fläschchen Mandelöl hervor, hielt die Hände über eine der Kerzen, schüttete sich etwas Öl in die Handflächen und verrieb es, um die Hände zu wärmen.
    Zu erschöpft, um sich sittsam zu geben, verhielt Lucia sich still. Hannah beugte sich zu ihr hinab, drückte sich eines der Beine gegen die Brust, das andere gegen ein großes Kissen, schob das Nachthemd der Contessa hoch und mühte sich, nicht zurückzuschrecken, als sie die apfelrote Blutlache auf dem Laken zwischen den Beinen sah. Giovanna hatte der Contessa nicht helfen können, aber wenigstens das Bettzeug hätte sie wechseln sollen. Der Bauch der Contessa ragte hoch auf, doch abgesehen davon wirkte sie ausgemergelt. Ihre Glieder waren so dünn, als hätte das Baby gierig alle Nahrung in sich aufgesogen und seiner Mutter nichts übrig gelassen. Hannah fuhr mit den Händen über den hohen Leib und versuchte zu bestimmen, ob der Kopf schon in den Geburtskanal eingetreten war. Der Po des Kindes lag noch weit über Lucias Nabel. Hannah legte ihr die Hand zwischen die Beine.
    »Ich muss Euren Schoß fühlen, um zu sehen, ob er geschlossen oder geöffnet ist.« Sie hoffte, die weiche, dehnbare Öffnung des Gebärmuttermundes und den Kopf des Kindes zu fühlen, wusste aber, dass es nach dem, was sie auf dem Bauch ertastet hatte, nicht sehr wahrscheinlich war. Falls es ihr gelingen sollte, den Kopf zu berühren, würde sie mit zwei Fingern darüberfahren und sich versichern, dass er nicht schräg lag. Es war immer ein wundervolles Gefühl, auf den Kopf eines Babys zu stoßen und das Flattern des winzigen Pulses im Schädel zu spüren.
    »Presst nicht. Jetzt ist nicht die Zeit dafür.« Das waren unnötige Worte. Lucias schwacher Atem deutete darauf hin, wie wenig Kraft sie noch hatte. Ob sie überhaupt noch einmal würde pressen können?
    Hannah hatte richtig vermutet. Der Kopf war nicht in der richtigen Stellung. Er befand sich noch tief im Leib, war kaum zu erfühlen und unmöglich von außen zu bewegen. Hannahs Geburtslöffel konnten erst helfen, wenn er in den Geburtskanal eintrat.
    Lieber Gott,

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