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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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ließ er es sich und seinen Soldaten im Bistum Münster verhältnismäßig gut gehen. Es störte ihn nicht, dass Tilly dem Freund im Nacken saß und Christian, durch die Warterei auf ihn, den Vorsprung, den er vor dem Feind besaß, einbüßte.
    Als der Braunschweiger wieder einmal von dem unzuverlässigen Mansfelder enttäuscht wor den war, blieb ihm nur noch übrig, in Richtung der holländischen Grenze zu fliehen, um sich und sein Heer in Sicherheit zu bringen. Mittlerweile war es ihm egal, dass er dort unerwünscht war. „Protestanten müssen zusammenhalten“, predigte er seinen Truppen, die nicht mehr so recht an seine Worte glauben mochten.
    Einen Tag vor dem Erreichen der rettenden Grenze kam es am sechsten August bei Stadtlohn zum Fiasko. Tillys Vorhut hatte ihn eingeholt, lieferte seinen Mannen erste Gefechte. Zwar gelang es ihm, sein Heer auf einem Hügel zu postieren, der von Sümpfen umgeben war und somit Schutz vor Flankenangriffen bot. Aber die Zeit, die Truppen ordnungsgemäß aufzustellen, blieb ihm nicht, denn die Katholiken fielen bereits über seine Armee her. Dass Christian die bessere örtliche Position besaß, nützte nichts, denn Tillys Heer war ihm um ein Vielfaches an Stärke überlegen.
    Die Kavallerie hatte zu wenig Platz, um zu manövrieren, nachdem sie vor der Reiterei des Feindes zurückweichen mussten. Die Offiziere behielten nicht die Übersicht, die Reiter flohen. Und die Fußtruppen konnten dem Ansturm keinesfalls standhalten. Zehntausend Soldaten fielen. Ihre Todesschreie hallten hoch zum Himmel, der kein Erbarmen zeigte.
    F ünfzig Offiziere gerieten in Gefangenschaft. Kanonen und Munition wurden Tillys Beute. Als auch noch ein Pulverwagen explodierte und die Fliehenden in zusätzliche Panik versetzte, lachte Tilly, sah es als Zeichen an, dass die Unterwerfung sämtlicher Protestanten nur noch eine Frage der Zeit wäre. Christian war der Verzweiflung nahe, doch wäre er nicht der unbeugsame Freiheitskämpfer gewesen, wenn er die Hoffnung verloren hätte. Niemals aufgeben, war seine Devise. Sonst wäre es ihm unmöglich gewesen, die Schmach auf sich zu nehmen und bettelarm an den Hof des Oraniers zurückzukehren. Die Holländer nahmen ihn nicht auf. Er musste den Rest seiner Söldner entlassen und setzte einsam und verlassen nach England über, um den König zu militärischer Unterstützung zu bewegen. Lediglich Isabellas beschwörende Briefe, sich nicht unterkriegen zu lassen, erinnerten ihn an die Jahre, in denen er voll Euphorie für das Recht auf Freiheit seine Landsleute begeisterte.
     
                     
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    Isabella hatte trotz der vielen Schicksalsschläge und der ständigen Gefahren, denen sie ausgesetzt war, nichts von ihrer Kraft eingebüßt. Im Gegenteil. Jedes Unglück, das sie überlebte, schien sie noch stärker und kämpferischer werden zu lassen.
    Hingebungsvoll pflegte sie die todkranke Herzogin, so, wie sie früher die verletzten und sterbenden Soldaten an der Front mit ihren Wundermitteln die Schmerzen nahm und das Scheiden von dieser Welt erleichterte. Nächtelang saß si e am Bett Elisabeths, hörte ihre wirren, sich immer wiederholenden Geschichten an, hielt ihre Hand, wenn sie nach Christian schrie, blieb bei ihr, als selbst die Besuche ihrer Kinder seltener wurden, um schließlich gänzlich zu versiegen.
    „Sie weiß ja doch nicht mehr, wer wir sind“, brachte Dorothea als Entschuldigung für das Fernbleiben der Geschwister vor. Und Isabella nickte. Sollten ruhig alle das Schloss meiden. Sie war ja da. Der Fels in der Brandung für die verhuschte Fürstin.
    In den seltenen Stunden, wenn die Kranke tief schlief, suchte sie das Lager der Zigeuner auf, um ihre Kinder zu sehen, sie zu küssen und zu liebkosen und die kleinen Fortschritte, die sie machten, zu bestaunen. Wie sehr sie die Kleinen liebte und wie jeder Abschied sie schmerzte. Gern hätte sie Alexander und Wilhelm mitgenommen, doch das ließ keiner der Sippe zu. So musste sie sich, so oft es möglich war, zu ihnen von der Herzogin fortstehlen. Und wenn sie es sich ehrlich eingestand, tat ihr das Zusammensein mit Großmutter Giovanna, Karina, Onkel Luigi, Fernando und den anderen Verwandten gut. Dort tankte sie neue Energie für ihre schwere Aufgabe im Schloss. Elisabeth verfiel zusehends, musste gewaschen und gewindelt werden, als sei sie ein Säugling. Das Essengeben dauerte stundenlang, wobei die mundgerecht zerkleinerten Speisen mehrmals aufgewärmt wurden, um in den weit

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