Die Heidehexe - Historischer Roman
aufgesperrten Mund gelöffelt zu werden.
Ohne Murren beseitigte Isabella Erbrochenes und den zähen Schleim, der sich unaufhörlich in Mund und Rachen sammelte. Sie wieselte scheinbar überall gleichzeitig umher, damit die Dahinsiechende nie unbeobachtet blieb.
Es war ein langes, unwürdiges Sterben, dem die Fürstin ausgesetzt war. Lichte Momente hatte sie in wöchentlichen Abständen für ein paar Minuten. Dann glänzten ihre Augen und sie dankte Isabella, die sie Rubina nannte , überschwänglich.
„Meine geliebte Freundin, du verlässt mich nicht “, sagte sie jedes Mal. Und Isabella antwortete: „Nie und nimmer.“
Sie verstand immer besser, dass ihre Mutter in den höchsten Tönen von Elisabeth geschwärmt hatte, erwies sich diese doch für jede noch so geringe Wohltat als unglaublich dankbar. Mehr und mehr begann auch sie die Fürstin zu lieben, erkannte die Herzensgüte, die sie stets unter ihrem Stolz vor Fremden zu verbergen gesucht hatte.
Der Winter im Jahre 1625 war vergleichsweise milde im Gegensatz zu den vorherigen. Darum blühten auch bereits ab Anfang März die Frühlin gspflanzen. Schlosspark und Wald verwandelten sich in ein Meer aus Farben. Rot, blau, gelb und violett streckten Blumenkinder ihre Köpfe verschlafen aus ihren Erdbetten hervor, schauten neugierig in die erwachende Natur. Isabella riss die Fenster im Gemach der Herzogin auf, die glücklich den vertrauten Geruch nach Lenz und Auferstehung aufsaugte.
„Weißt du noch, wann wir diesen Duft zum letzten Mal gemeinsam wahrnahmen, Rubina? Es ist nur ein paar Jahre her. Die zählen nichts in der Ewigkeit. In der Nacht darauf wurdest du grausam ermordet, mein Liebchen. Jetzt kommst du, um mich zu holen, damit ich nicht länger allein bin, ja?“
Isabella erschrak über die klaren Sätze, die Elisabeth formulierte. „Nein“, antwortete sie rasch.
„Du sollst mir nicht immer widersprechen, Rubina. Wie oft muss ich das wohl sagen, bis es sich in deinen Kopf einprägt, hm? Ich folge dir doch nur zu gern, meine treue Freundin. Aber lass mich nur einmal noch den Duft der Rosen im Garten genießen. Bitte. So viel Geduld muss sein. Wir haben uns dann ja für immer, und nichts kann uns mehr trennen.“
Bevor Isabella etwas zu erwidern vermochte, schlief die Fürstin wieder ein, verlor sich im Traumgeäst. Und von Stund an ging es mit rapider Geschwindigkeit bergab. Der Husten wurde rasselnder, Wasser sammelte sich in den Lungenflügeln. Und Elisabeths Auswurf enthielt fast ausschließlich Blut.
Isabella schrieb voll Hektik einen langen Brief an Christian, in dem sie ihn aufforderte, umg ehend nach Hause zu eilen, falls er seiner Mutter Lebewohl sagen
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