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Die Heidehexe - Historischer Roman

Die Heidehexe - Historischer Roman

Titel: Die Heidehexe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gloria Frost
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Deckbett. Die lachte laut auf. „Bist genau so stürmisch wie meine liebste Freundin Rubina, die die Grimmshagener auf dem Gewissen haben. Ach, ich vermisse sie immer und überall.“ Ihr Gesicht nahm einen weinerlichen Ausdruck an.
    „ Nicht traurig sein, Mütterchen“, sagte ihr Sohn, „schau, sie schickt dir Isabella zum Trost. Und ich wette, Rubinas Tochter wird dich ebenso lieben, wie sie es tat.“
    Wenn du dich da bloß nicht irrst, dachte Isabella, die sich am liebsten in Luft aufgelöst hätte. Stattdessen schlug die Herzogin ihre Decke hoch und zerrte sie darunter. „Hier ist es schön warm, Herzchen. Du sollst nie wieder frieren oder hungern müssen.“ Sie wandte sich an Christian: „Läute der Die nerschaft, damit sie uns ein saftiges Mahl serviert.“
    „Wird gemacht, Mütterlein.“ Er zog an der Klingelschnur, und sofort erschien en Hausknechte und Mägde mit erlesenen Köstlichkeiten. Zwischen ihnen ein spindeldürres Mädchen mit weißer Schürze, ungelenk schlenkernden Armen, sodass jeder befürchtete, sie würde im nächsten Moment das Tablett mit den Speisen fallen lassen, und tief zu Boden gesenktem Haupt. Dichte blonde Zöpfe hingen nach vorn über die Schultern.
    In Christians Kopf begann ein Uhrwerk zu rattern.       „Jungfer, wir kennen uns.“
    Die Maid schüttelte den Kopf, ohne den Blick zu heben, und strauchelte. Ulrich sprang hinzu, konnte ihr in letzter Sekunde das schwere Holzbrett mit Schüsseln voll dampfender Hühnerbrühe abnehmen, bevor es umgekippt wäre und die heiße, fettreiche Suppe ihre Füße verbrannt hätte.
    „Vielen Dank, gnädiger Herr“, stammelte die Kleine und knickste.
    „Auch deine Stimme ist mir durchaus bekannt. Wenn ich nur wüsste, wo wir uns getroffen haben“, sinnierte Christian laut und lief im Kreis um die Dienstmagd herum.  
    „Das klingt ja fast wie ein Verhör“, sagte Ulrich . „Merkst du nicht, wie verlegen du das Mädchen machst? Lass sie endlich zufrieden, Bruder. Du hörst doch, dass sie sich nicht an dich erinnert.“
    „Und ob sie mich kennt. Gerade ist mir eingefallen, woher. Du bist das Mädchen vom Bauernhof in Paderborn, das sich als Äbtissin verkleidete. Leugne es nicht , Gunhilda. Zeig uns dein Gesicht“, forderte Christian, sprang auf die Verdutzte zu, hob ihr Kinn hoch zum Licht. Von der Stirn bis zum Hals entstellte eine grausige Narbe die linke Hälfte des feinen Antlitzes. Wenn man genauer hinsah, hatte sie die Form einer Rose, mit vielblättriger Blüte am Haaransatz und sich im Gesicht verjüngendem Stiel.
    „Ja, ich bin gezeichnet fürs Leben. Und das ver danke ich dir, verfluchter Klosterschänder und Brandleger. Dir, deinen höllischen Freunden, der Hure und ihrem vermummten Helfer. Darum bin ich bis hierher gekommen. Habe deine und deiner Kumpane Familien ausfindig gemacht. Nur den Verbrecher und seine schamlose Braut konnte ich noch nirgends erspähen. Aber keiner von euch entkommt meiner Rache. Dafür wird Großmutter sorgen. Ihre Schweine haben bereits die Spur aufgenommen!“, schrie sie, und ehe sich einer versah, riss sie das nächstbeste Fenster auf, sprang mit einem kühnen Satz hinaus in den Schnee, spurtete durch den Schlosspark, der in seiner winterlichen Kahlheit eine weite Aussicht gewährte.
    Hinter der hohen Mauer wartete die Schweinehirtin mit den fetten Borstenviechern und half ihrer Enkelin beim Hinüberklettern. Fürsten und Diener rannten hinterher, blickten ins Leere. Allesamt waren wie Spukgestalten vom Erdboden verschluckt.
     
    „Zauberei!“
    „Teufelsmacht!“
    „Blendwerk!“ 
    „Hexenkunst!“  
    „Schwarze Magie!“
     
    Die Anwesenden überboten sich an Spekulationen über das unerklärliche Verschwinden. Eines jedoch war allen gemeinsam: Furcht. Angst vor dem Übernatürlichen. Ulrich und Gattin, seine Schwestern mit ihren Familien, sie beschlossen jeder für sich, ganz spontan, die Nacht im Wolfenbütteler Schloss zu verbringen. Niemand wollte auf dem Heimweg plötzlich die Schweinehirtin mit ihrer Enkelin vor sich stehen sehen, um womöglich in irgendein unterirdisches Reich verbannt zu werden.
    Die Schauergeschichten nahmen kein Ende. Erstaunt starrten alle auf Christian, der unvermittelt aufsprang und sich seinen roten Umhang über die Schultern warf.
    „Vertreibt euch den Rest der Nacht mit euren Märchen. Auf mich wartet die raue Wirklichkeit. Wie ich mich überzeugen konnte, geht es Euch, werte Mutter, wieder besser, und die Gesellschaft Isabellas wird

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